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Beschwörung des Mondes

Den Mond beschwör' ich, daß er Frieden bringe;
er blickt so sanft auf die verstörte Nacht.
O daß von ihm die Zauberkraft ausginge,
die allem blutgem Zwist ein Ende macht,
o daß sein Licht das Wirrverstrickte löste!
Schon fühl' ich, wie es mich von Furcht befreit.
O komm herab, fern wallender, und tröste
die Welt mit deiner stillen Ewigkeit!
Traumwandelnd streifst du über unsre Dächer;
kennst du die Angst, die unter jedem bangt?
Der Glaube an das Glück wird immer schwächer,
so herzlich der Verbannte heimverlangt.
Du bist der Gleiche, Mond, wie einst geblieben,
zu dem der Kinderwunsch verstohlen stieg;
laß wieder sich die Menschen kindlich lieben,
vernichte das Unmenschliche: den Krieg!
Gleichmütig spendest du der Lichterfluten
verklärten Glanz und silberne Magie
sowohl den Ungerechten wie den Guten,
und du versagst dich deinem Werke nie.
Auch über den mir einst vertrauten Stätten
ziehst du gleichmütig weiter deine Bahn,
als ob sie sich nicht längst verwandelt hätten
Mißratnem hörig und ruchlosem Wahn.
Gib allem gnädig das Verlorne wieder
und lasse dich aus deinem Himmelreich
zur Erde näher einmal doch hernieder
und mache, Mond, sie deinem Wesen gleich
oder hebe mich empor in deine Sphäre
dorthin, aus der verstörten Menschen-Nacht,
wo ich mit dir bei den Gestirnen wäre
mit deinem Gottesfrieden sanft bedacht!


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