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Ein Frühlingstag

(1913)

Und wieder rührte sich der Erde Schoß
In Frühlingswehen und der Föhn war los.
Kam über blaue Berge hergelacht
Und weckte all Gedränge über Nacht.
Aus holperiger Höfe Pflasterritz
Schoß lieben Unkrauts grüner Aberwitz.
Selbst auf berußter Stadtbahnböschung war
Zart hingesprenkelt gelber Primeln Schar.
Und als ich früh im Parke mich erging,
Trug jedes Zweiglein ein grüngolden Ding.
Beim Mandelbaum, der blühte, hielt ein Greis
Welken beim Blühen und so Weiß bei Weiß.
Und Kinder schlenkerten an Mutterhand
Die kurzen plumpen Beinchen übern Sand.
Und alles, was in lichten Farben kam,
War freigeräumt von Sorge, Zwist und Gram.
Fernabgedämpft der Straßen Wirrgedröhn
Half nur, des Parkes Stille zu erhöhn.
Ein zart Gewölke, hoch im Frühlingswind,
Lächelte nieder wie ein blondes Kind.

Da plötzlich hinter mir ein jäher Schall,
Scharf, doch kaum lauter als ein Peitschenknall.
Aus einer schwergefurchten Arbeitshand
Fiel eine Waffe rauchend in den Sand.
Ein grauer Klumpen wie ein Schatten sank
Von einer sonnenüberblühten Bank.
Gebrochne Augen, aufgesprengte Stirn.
Daneben eine Pfütze Blut und Hirn.
Auf einmal sind die Häuser nahgerückt
Und wie mit irren Augen hergebückt.
Vom Schlachthaus nebenan der Ziegelschlot
Droht wie ein Finger auf zu Gott, blutrot.
Von Dunst verschüttet, ist das Sonnenlicht
Jetzt gelb wie Eiter, der aus Schwären bricht.
Und blaugedunsen nieder in den Rauch
Lastet der Himmel wie ein trächtiger Bauch,
Aus dem dereinst, wenn alle Maße voll,
Der Rächer jener niederkommen soll,
Die, so wie wir mit Herz und Wunsch begabt,
An solchem Frühlingstag kein Teil gehabt.


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