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Oden und Lieder.
Viertes Buch.


Die Schönheit.

Wie lieblich ist des heitern Himmels Wonne,
Der reine Mond, der hellen Sterne Heer,
Aurorens Licht, der Glanz der güldnen Sonne!
Und doch ergötzt ein schön Gesicht weit mehr.
Der Tropfen Kraft, die Wald und Feld verjüngen,
Belebt sie kaum, wie uns ein froher Kuß,
Und nimmer kann ein Vogel süßer singen,
Als uns ein Mund, den man verehren muß.

Eleonor'! auf deren zarten Wangen
Der Jugend Blüt' in frischen Rosen lacht,
Und Zärtlichkeit, Bewundrung und Verlangen
Dir, und nur dir so zeitig eigen macht;
Ob Psyche gleich die Liebe selbst regierte,
Als sie, mit Recht, des Gottes Göttin hieß;
So glaub' ich doch, daß ihn nichts Schöners rührte,
Als die Natur in deiner Bildung wies.

Dein Auge spielt und deine Locken fliegen
Sanft, wie die Luft im Strahl der Sonne wallt;
Gefälligkeit und Anmuth und Vergnügen
Sind ungetrennt von deinem Aufenthalt.
Dir huldigen die Herzen muntrer Jugend,
Das Alter selbst beneidet deinen Witz.
Es wird, in dir, der angenehmsten Tugend,
Und nirgend sonst der angenehmste Sitz.

Man schmeichelt mir, daß, in zufriednen Stunden,
Eleonor' auch meine Lieder singt,
Und manches Wort, das viele nicht empfunden,
Durch Ihre Stimm' in aller Herzen dringt.
Gewähre mir, den Dichter zu beglücken,
Der edler nichts als deinen Beifall fand,
Nur einen Blick von deinen schönen Blicken,
Nur einen Kuß auf deine weiße Hand.

 

An die Liebe.

Tochter der Natur,
Holde Liebe!
Uns vergnügen nur
Deine Triebe.
Gunst und Gegengunst
Geben allen
Die beglückte Kunst
Zu gefallen.

 

Die erste Liebe.

O wie viel Leben, wie viel Zeit
Hab' ich, als kaum beseelt, verloren,
Eh' mich die Gunst der Zärtlichkeit
Begeistert und für dich erkohren!
Nun mich dein süßer Kuß erfreut,
O nun belebt sich meine Zeit!
Nun bin ich erst geboren!

 

Der Wink.

Ist gleich dein Wink verstohlen:
So find' ich doch mein Glücke
In jedem deiner Blicke,
Der meine Hoffnung nährt.
Laß ihn oft wiederholen,
Dir fehle nur die Stunde,
In der von deinem Munde
Ein Kuß mir mehr erklärt.

 

Die Verliebten.

Ihr, deren Witz die Sehnsucht übt
Und immer seufzet, harret, liebt,
Wie spät erreicht ihr, unbetrübt,
Der Liebe Freuden!

Furcht, Knechtschaft, Unruh und Verdacht,
Der wüste Tag, die öde Nacht
Sind, bis die Lieb' euch glücklich macht,
Nicht zu vermeiden.

Wie groß muß ihr Vergnügen sein!
Wie sehr muß ihr Genuß erfreun,
Wenn edle Seelen ihre Pein
So willig leiden!

 

Hoheit und Liebe.

Monarch im Reiche stolzer Thoren,
Dich, hohes Glück, verehr' ich nicht!
Mir ward in Phyllis mehr geboren,
Als alles, was dein Tand verspricht.
Der Traum der Wachenden, die Ehre,
Der Sklavenstand der Eitelkeit,
Schließt dein Gefolg' an Höf' und Heere,
Bis es der letzte Schlaf befreit.

Das Recht, mein Herze zu entzücken
Und meiner Wünsche Ziel zu sein,
Räum' ich nur einer Phyllis Blicken,
Nur Ihrer seltnen Schönheit ein.
Wie stolz war ich, Sie zu gewinnen!
Auch dieser Ruhm verewigt sich.
Beneidet Sie, ihr Königinnen!
Und, Könige! beneidet mich.

O Phyllis, Seele meiner Lieder!
Mich reizt kein himmelhoher Flug.
Mich liebest du, dich lieb' ich wieder.
Sind wir nicht beide froh genug?
An treuer Brust, an treuer Seiten
Macht uns die Liebe groß und reich.
Ach sei, an wahren Zärtlichkeiten,
Unendlich jener Taube gleich!

Den Adler sah die Turteltaube,
Die in der Stille girrt und liebt,
Wie ihn Gewalt und Muth zum Raube
In königlichen Thaten übt.
Sie sah ihn Sieg und Ehre finden,
Dem Kranich stolz entgegen ziehn,
Sich heben, kämpfen, überwinden,
Und alle Vögel vor ihm fliehn.

Sie sprach: Ich will dich nicht beneiden,
Sei immer groß und fürchterlich.
Geprüfter Liebe süße Freuden!
Nur ihr allein beglücket mich.
Mir will ich keinen Sieg erwerben,
Als den mein Gatte mir gewährt.
Mit ihm zu leben und zu sterben
Ist alles, was mein Wunsch begehrt.

 

Der Wunsch.

Du holder Gott der süßsten Lust auf Erden,
Der schönsten Göttin schöner Sohn!
Komm, lehre mich die Kunst, geliebt zu werden:
Die leichte Kunst zu lieben weiß ich schon.

Komm ebenfalls und bilde Phyllis Lachen,
Cythere! gib ihr Unterricht;
Denn Phyllis weiß die Kunst verliebt zu machen;
Die leichte Kunst zu lieben weiß sie nicht.

 

Der erste Mai.

Der erste Tag im Monat Mai
Ist mir der glücklichste von allen.
Dich sah ich, und gestand dir frei,
Den ersten Tag im Monat Mai,
Daß dir mein Herz ergeben sei.
Wenn mein Geständniß dir gefallen,
So ist der erste Tag im Mai
Für mich der glücklichste von allen.

 

Der Frühling.

Der malerische Lenz kann nichts so sinnreich bilden,
Als jene Gegenden von Hainen und Gefilden;
Der Anmuth Ueberfluß erquickt dort Aug' und Brust:
O Licht der weiten Felder!
O Nacht der stillen Wälder!
O Vaterland der ersten Lust!

Dort läßt sich wiederum, in grünenden Trophäen,
Des Winters Untergang, der Flor des Frühlings sehen;
Sein schmeichelnder Triumph beglücket jede Flur:
Die frohen Lerchen fliegen
Und singen von den Siegen
Der täglich schöneren Natur.

Der Bach, den Eis verschloß und Sonn' und West entsiegeln,
In dem sich Luft und Baum und Hirt' und Heerde spiegeln,
Befruchtet und erfrischt das aufgelebte Land.
Dort läßt sich alles sehen,
Was Flaccus in den Höhen
Des quellenreichen Tiburs fand.

Fast jeder Vogel singt; es schweigen Nord und Klage!
Wie schön verbinden sich, zum Muster guter Tage,
Die Hoffnung künft'ger Lust, der jetzige Genuß!
Ihr stolzen, güldnen Zeiten!
Sagt, ob, an Fröhlichkeiten,
Auch diese Zeit euch weichen muß.

An Reizung kann mir nichts den holden Stunden gleichen,
Da bei dem reinen Quell und in belaubten Sträuchen
Die alte Freundschaft scherzt, die junge Liebe lacht.
Am Morgen keimt die Wonne
Und steiget mit der Sonne
Und blüht auch in der kühlen Nacht.

Es spielen Luft und Laub; es spielen Wind und Bäche;
Dort duften Blum' und Gras; hier grünen Berg und Fläche;
Das muntre Landvolk tanzt; der Schäfer singt und ruht:
Die sichern Schafe weiden,
Und allgemeine Freuden
Erweitern gleichfalls mir den Muth.

Es soll den Wald ein Lied von Phyllis Ruhm erfreuen;
Den Frühling will ich ihr und sie dem Frühling weihen.
Sie sind einander gleich, an Blüt' und Lieblichkeit.
Ihr frohnen meine Triebe,
Ihr schwör' ich meine Liebe,
Für's erste bis zur Sommerszeit.

 

Die Rose.

Siehst du jene Rose blühen,
Schönste! so erkenne dich:
Siehst du Bienen zu ihr fliehen,
Phyllis! so gedenk' an mich.
Deine Blüte lockt die Triebe
Auf den Reichthum der Natur,
Und der Jugend süße Liebe
Raubt dir nichts, und nährt sich nur.

 

Die Jugend.

Sollt' auch ich durch Gram und Leid
Meinen Leib verzehren,
Und des Lebens Fröhlichkeit,
Weil ich leb', entbehren?
Freunde, nein! es stehet fest,
Meiner Jugend Ueberrest
Soll mir Lust gewähren.

Quellen tausendfacher Lust:
Jugend! Schönheit! Liebe!
Ihr erweckt in meiner Brust
Schmeichelhafte Triebe.
Kein Genuß ergrübelt sich;
Ich weiß g'nug, indem ich mich
Im Empfinden übe.

Hab' ich doch, wie Phyllis küßt,
Heute noch erfahren,
Phyllis, die so reizend ist
Und von achtzehn Jahren,
Freundlich, sinnreich, schlau zur Lust,
Weiß von Stirne, Hals und Brust,
Schwarz von Aug' und Haaren.

Der mein Thun zu meistern denkt,
Predigt tauben Ohren.
Schmähen hat mich nie gekränkt:
Wo ist der geboren,
Welcher allen wohlgefällt?
Und woraus besteht die Welt?
Mehrentheils aus Thoren.

Wer den Werth der Freiheit kennt,
Nimmt aus ihr die Lehre,
Daß, was die Natur vergönnt,
Unser Wohl vermehre.
Rückt das Ende nun heran,
O so wird ein freier Mann
Andrer Welten Ehre!

 

Der Zorn eures Verliebten.

Aus Priors Gedichten.

Brief und Wink verhießen mir
Schon um Zwei die liebste Schöne;
Doch der Zeiger ging auf Vier,
Und mir fehlte noch Climene.

So Geduld als Zeit verstrich
Und ich schwur, den Trug zu rächen;
Aber endlich wies sie sich,
Endlich hielt sie ihr Versprechen.

Wie so schön, sagt' ich aus Hohn,
Hast du alles wahrgenommen!
Nur zwo Stunden wart' ich schon:
Konntest du nicht später kommen?

Eines Frauenzimmers Uhr
Braucht nicht Ziffer, braucht nicht Räder:
Schmückt sie Kett' und Siegel nur,
Was bedarf sie dann der Feder?

Da mein Eifer Raum gewann,
Wollt' ich sie noch schärfer lehren;
Doch, was lärmst du? hub sie an:
Wird man mich denn auch nicht hören?

Ach! was hab' ich jetzt vor Schmerz
Von der Rosenknosp' erlitten,
Die mir, recht bis an das Herz,
Von der Brust hinabgeglitten!

O wie drückt mich's! Himmel, wie!
Hier, hier, in der linken Seite.
Sieh nur selbst: mir glaubst du nie;
Doch was glaubt ihr klugen Leute!

Sie entblößte Hals und Brust,
Mir der Knospe Druck zu zeigen:
Plötzlich hieß der Sitz der Lust
Mich und die Verweise schweigen.

 

Nutzen der Zärtlichkeiten.

Unmuth und Beschwerden
Würden uns auf Erden
Unerträglich werden,
Unvergeßlich sein:
Könnten nicht, zu Zeiten,
Treue Zärtlichkeiten
Den Verdruß bestreiten,
Und das Herz befrein.

Lächelt, muntre Schönen,
Unsern Ernst zu höhnen;
Singt in süßen Tönen;
Jeder Ton entzückt!
Bürden, die dem Leben
Qual und Schwermuth geben,
Kann ein Scherz oft heben:
Auch ein Scherz beglückt!

Land und Volk regieren,
Ganze Heere führen,
Sich mit Purpur zieren,
Hemmt die Sorgen nie.
Seht der Hirten Freuden,
Die auf sichern Weiden
Große nicht beneiden:
Wie vergnügt sind die!

Mächtigen und Reichen
Will kein Schäfer gleichen;
Ihrer Vorzugszeichen
Lacht der Hirten Zunft.
Eintracht, Spiel und Scherzen
Schützen ihre Herzen
Vor den eitlen Schmerzen
Stolzer Unvernunft.

 

Phryne.

Als Phryne mit der kleinen Hand
Noch um der Mutter Busen spielte,
Nichts als den keimenden Verstand
Und den Beruf der Sinnen fühlte;
Da kam ihr schon, an jener Brust,
Das erste Lallen erster Lust.

Sie hatte kaum das Flügelkleid
Und einen bessern Putz empfangen,
So scherzten Witz und Freundlichkeit
In beiden Grübchen ihrer Wangen;
So stiegen aus der zarten Brust
Die regen Seufzer junger Lust.

O wie beglückt schien ihr das Jahr,
Das nun sie in Gesellschaft brachte,
Wo sie so oft die Schönste war,
So reizend sprach und sang und lachte!
Wie wuchsen sie und ihre Brust,
Und die Geschwätzigkeit der Lust!

Sie ward mit Anstand stolz und frei,
Und ihre Blicke pries die Liebe;
Der Spiegel und die Schmeichelei
Vermehrten täglich ihre Triebe,
Und ihr gerieth, bei reifer Brust,
Die sanfte Sprache schlauer Lust.

Die Oper, das Concert, der Ball
Erhitzten ihren Muth zum Scherzen.
Nur Phryne wies sich überall
Als Meisterin der jungen Herzen,
Und faßte, mit belebter Brust,
Die ganze Redekunst der Lust.

Doch wahre Sehnsucht nimmt sie ein;
Die Stolze läßt sich überwinden.
Ihr Scherz verstummt, ihr Muth wird klein,
Sie lechzt, und kann nicht Worte finden.
Denn ach! es wallt in ihrer Brust
Das Unaussprechliche der Lust.

 

Das Glück und Melinde.

Aus einem Sonett des Girolamo Gigli.

Ich sahe jüngst das Glück, und durft' ihm kühnlich sagen:
Bereue deinen falschen Tand;
Dein flatterhafter Unbestand
Berechtigt alle Welt zu klagen.
Was du am Morgen kaum verliehn,
Darfst du am Abend schon entziehn.

Das Glück versetzte mir: Wie kurz ist aller Leben!
Unendlich ist der Güter Wahl,
Unendlich meiner Sklaven Zahl:
Sollt' ich nicht jedem etwas geben?
Dient, was ich einem nehmen muß,
Nicht gleich dem andern zum Genuß?

Ich wandte mich darauf zur scherzenden Melinde,
Und sprach: Dem Glück steh' alles frei!
Wenn ich nur dich, mein Kind, getreu
Und mir so hold als schön befinde,
Und wenn dein Mund, der mich ergötzt,
Nur mich der Küsse würdig schätzt.

So wohl belehrt ich sie; doch gab sie ihrem Lehrer
Mit Lächeln den Bescheid zurück:
Ich bin ja reizend, wie das Glück,
Ich habe, wie das Glück, Verehrer;
Und warum sollt' ich denn allein
Dem Glück im Wechsel ungleich sein?

 

Doris und der Wein.

O Anblick, der mich fröhlich macht!
Mein Weinstock reift, und Doris lacht,
Und, mir zur Anmuth, wachsen beide.
Ergötzt der Wein ein menschlich Herz,
So ist auch seltner Schönen Scherz
Der wahren Menschlichkeit ein Grund vollkommner Freude.

Was die Empfindung schärft und übt,
Was Seelen neue Kräfte gibt,
Wird unsre heiße Sehnsucht stillen.
Wie reichlich will die mildre Zeit,
Die sonst so sparsam uns erfreut,
Den tiefsten Kelch der Lust für unsre Lippen füllen.

Der Wein, des Kummers Gegengift,
Die Liebe, die ihn übertrifft,
Die werden zwischen uns sich theilen.
Wer mir der Weine Tropfen zählt,
Nur der berechnet unverfehlt
Die Küsse, die gehäuft zu dir, o Doris! eilen.

Weil deine Jugend lernen muß,
So laß dich meinen öftern Kuß
Die Menge deiner Schätze lehren.
Gib seinem treuen Unbestand
Stirn, Augen, Wangen, Mund und Hand,
Und laß ihn jeden Reiz, der dich erhebt, verehren!

Uns klopft ein Vorwitz in der Brust,
Der stumme Rath ererbter Lust,
Der Liebe Leidenschaft zu kennen.
O lerne meine Holdin sein!
Ich schwöre dir, bei Most und, Wein,
Mich soll auch Most und Wein von keiner Doris trennen.

Es mögen künftig Wein und Most
Des trägen Alters Ernst und Frost
Durch feuerreiche Kraft verdringen!
Alsdann ertönt für sie mein Lied;
Jetzt, da die Jugend noch verzieht,
Will ich allein von dir, auch in der Lese, singen.


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