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3. Kapitel.
Unter vier Herren (1463-1595).

Der Zeitraum, mit welchem sich dieses Kapitel beschäftigt, ist der bewegteste in der ganzen Geschichte Besigheims. Hat doch unsere Stadt in 130 Jahren einen viermaligen Wechsel des Herrn erlebt, und außerdem, was mehr bedeutet, einen Wechsel des Glaubens. Denn um die Mitte des 16. Jahrh. (1555 ff.) erfolgte die Einführung der Reformation. Indem wir die Darstellung der letzteren auf später verschieben, wenden wir uns der Erzählung der kriegerischen Begebenheiten zu, welche diese kurze Spanne Zeit erfüllen.

 

1. Den Zeitraum eröffnet der Uebergang Besigheims an die Pfalz. – Der Markgraf von Baden sowie die Bischöfe von Metz und Speier hatten ihre Waffen mit denen Ulrichs, Grafen von Württemberg, vereinigt, um allerlei Späne mit dem Pfalzgrafen Friedrich zum Austrag zu bringen. Der Pfälzer Fritz bereitete ihnen aber bei Seckenheim, in dem Winkel zwischen Neckar und Rhein, eine empfindliche Niederlage. Fast ein Jahr saßen die Verbündeten in Heidelberg gefangen und erkauften ihre Freilassung nur unter schweren Bedingungen.

Der Markgraf mußte Besigheim, Walheim, ein Viertel von Löchgau und Freudental, sowie seine Gerechtigkeit an den Pfandschaften Ingersheim und Hessigheim abtreten mit dem Recht der Wiedereinlösung mit 30 000 fl., Besigheim allein mit 25 000; 1463, 7. März.

Unter pfälzischem Szepter verbrachte die Stadt 4 volle Jahrzehnte. Währenddem war die Stadt einige Zeit lang auch an den Hans von Gemmingen zu Gutenberg verpfändet, bis 1486, wo, Donnerstag nach St. Jörgen Tag, der von Gemmingen die Stadt nach Heimzahlung des Pfandschillings aller Pflichten entbindet und wieder an den Pfalzgrafen verweist.

Noch fällt in diese Zeit die Errichtung des Lagerbuchs von 1475 und 1494; Marx von Wolmarshusen als Amtm. von Weinsberg ist bei der Erneuerung 1494 beteiligt; ferner werden im L.B. genannt Anderis Wagner, Schultheiß, Hans Aff, Keller und Amtm.die Erneuerung der Stadtordnung nach 1475. – Außerordentlich wertvoll für die Aufhellung der wirtschaftlichen Verhältnisse des damaligen Besigheim wäre ein noch vorhandenes Verzeichnis über eine freiwillige Vermögenssteuer, welche Kurfürst Philipp von der Pfalz ins Werk setzte; wäre, sagten wir, denn gerade bei Besigheim ist uns eine Pauschalsumme genannt, ohne daß wir erfahren, in welchem Verhältnis dieselbe zum Gesamtvermögen stand. – Besigheim und Walheim haben sich mit dem gnädigen Herrn vertragen um 400 fl. »Willgeld« oder »Hilfsgeld« (und zwar, nach einem Auszug aus der nicht mehr erhaltenen Burgermeisterrechnung 1495, 200 auf Bartholomä, 200 auf Weihennacht). Von den (5) Geistlichen in Besigheim giebt der Pfarrer 7, All. Heil. Alt.-Kaplan 4½, St.Pet.-Alt.-Fromesser 3½, St.Kath.-Alt.-Fromesser 6 (die ihm von seiner Pfründ zu geben ufferlegt werden), der fünfte, Wendel Murer 3 fl. – Löchgau, Hessigheim und Freudental werden nicht, wohl aber beide Ingersheim, aufgeführt.

 

2. Nur 4 Jahrzente verblieb Besigheim unter pfälzischem Szepter. Im J. 1504 rückte Ulrich von Württemberg, vom Kaiser mit der Vollziehung der Acht gegen Pfalzgraf Ruprecht beauftragt, an der Spitze von 20 000 Mann zu Fuß und 500 zu Pferd gegen die Pfälzer zu Feld, in der Kreuzwochen am Samstag.

Am 27. Mai ward Maulbronn und das Maulbronner Land erobert, am 6. Juni fiel Knittlingen, am 11. Bretten, dann ging es an Besigheim. Vorerst wurde Groß-Ingersheim eingenommen, Klein-Ingersheim, welches besonders hartnäckigen Widerstand leistete, zur Hälfte verbrannt, dann, wahrscheinlich an St. Ulrichs Tag (4. Juli), der Besigheimer Wartturm erstürmt. Einer poetischen Beschreibung dieser Kriegstaten, betitelt: »Spruch von dem Krieg zwischen dem Pfalzgrafen und Herzog Ulrich von Württ.« (Verfasser ist Joh. Wartmann zu Urach, Büchsenmeister) entnehmen wir:

»Da wil ich Brettheim lassen stohn,
Am andern Tag rückt man davon
Dem alten Lager wieder zuo,
Da blieb man in bis morgen fruo.
Da macht man sich gen Besicken uff die fart,
Bald nam man in die hohe Wart
Die ware on (ohne) anrennen verlorn
Zwey hundert schnitten ihn(en) ab das korn.
Groß-Ingersheim nahm man ein,
Klein-Ingersheim wollt nit württembergisch sein
Dasselbig ist wol halb verbrunnen,
Das ander hat man sonst gewunnen.
Besicken beritt man ob dem wald,
Dry leg(er) wurden geschlagen bald,
Ob den reben (?) macht man eine schanz,
Daß nicht viel Häuser blieben ganz.
Die von Besicken waren nit on muet,
Sie meinten die stat die wer so gut
Zwischen der Enz und dem Necker,
Drum waren sie viel desto kecker.
Doch mocht' es in die harr in die Länge. nicht bestohn,
1800 nämlich Kugeln. hat man drein gethon,
Dadurch kam mancher um sein leben,
Drumb die stat ward aufgeben,
Sie wußten von keiner Rettung nicht,
Württemberg han sie sich verpflicht ...«

Eine sehr anschauliche Schilderung der Eroberung der Stadt, eigentlich die einzige ausführliche Darstellung einer kriegerischen Begebenheit in hiesigen Quellen, enthält St.G.B. I (um 1582 angelegt). Der Schreiber schöpft, nach der Ueberschrift, aus dem »alten Stadtbuch« (1693 verloren gegangen). Crusius, welcher 1596 schreibt und die Begebenheit wörtlich gleichlautend erzählt, hat jedenfalls eine dieser beiden Quellen benützt.

Ulrich kam von Botenheim her. Die Feinde liefen alle Tage ein- oder zweimal auf den Niedernbergen, im Stich und auf dem Schalkstein umher, und schossen von da mit Schlangen und Hakenbüchsen (Mitte Juli) herein. Drei oder vier Tage vor St. Margaretentag begann man zu schanzen, an St. Margaretentag (20. Juli) fing man an mit Kartaunen zu schießen, Tag und Nacht, was großen Schaden verursachte. Man mußte sich in den Kellern verbergen, darin kochen und liegen, niemand konnte über die Gasse gehen. Da von der Pfalz keine Rettung zu erwarten, man auch mit Kriegsbedarf, Hauptleuten, Büchsenmeistern, Kriegsvolk und Knechten, Pulver und Blei schlecht versehen war, versammelte sich die ganze Gemeinde von Besigheim samt den Flüchtigen von Walheim und Weinsberg am Freitag nach St. Margareten in der Kirche. Man beschloß, sich zu ergeben, wenn Ulrich die Orte bei Hab und Gut lassen wolle und bei dem alten Herkommen. Die Uebergabe geschah auf diese Bedingungen in der Nacht vom Freitag auf Samstag (27. Juli).

Insgesamt flogen von St. Margareten bis Freitag 1840 Kugeln in die Stadt, von Kartaunen und Schlangen, ungerechnet das Kleingewehrfeuer. Vogt war damals Burkhard von Sturmfeder, welcher mehrmals, wenn man Lärm schlug und Sturm litt, auf den oberen Turm stieg zum Auslug. Hauptmann war Kilian von Berwangen, Schultheiß Enderis Wagner, Bürgermeister Auberlin Wagner: »Die haben do gesehen wie das Schießen tut« schließt der Erzähler treuherzig – oder boshaft? – seinen Bericht.

Von den 213 pfälzischen Soldaten, welche in der Stadt gelegen hatten, waren bei der Uebergabe nur noch 164 übrig, die anderen waren entweder über die Mauer geflohen oder gefallen. Verschiedene der damals hereingeworfenen Kugeln sind, in der Westmauer des Rathauses eingemauert, heute noch zu sehen. Je und je sind auch große steinerne Kugeln, mit Handhaben von Eisen, bei Grabungen von Kellern u. dgl. gefunden worden.

1505 wurde Ulrich durch Vertrag neben anderen Eroberungen auch Besigheim zugesprochen.

 

3. Aber noch war die Stunde der dauernden Vereinigung mit Württemberg nicht gekommen. Verschiedene Gewalttätigkeiten, besonders ein Handstreich auf Reutlingen, verwickelten Ulrich mit dem schwäbischen Bund in Krieg, in welchem ihm das Glück untreu wurde. Er mußte sein Land meiden (1519). Besigheim ergab sich, wie die meisten Orte, ohne ernstlichen Widerstand. Der Bund legte den Hans von Biberach mit 27 Knechten in die Stadt; dazu kamen im Mai noch 600 Reiter des Herzogs Wilhelm von Bayern ins Quartier (das übrige Heer lag in Bietigheim). Mitte Aug. erhielt die Stadt noch 90 Mann Verstärkung aus Heilbronn. Unmittelbar darauf, am Sonntag den 21. Aug., erschien Ulrich vor den Toren. Die Aufforderung zur Uebergabe wurde abgelehnt. Da es dem Herzog an schwerem Geschütz mangelte, so konnte er nicht viel ausrichten. Eine am 24. Aug. von zwei Seiten unternommene Berennung wurde abgeschlagen, worauf am 25. Aug. Ulrich abzog. Im folgenden Jahr kam die Stadt, wie das ganze Württemberg, an Oesterreich.

Einen hübschen Zwischenfall aus diesen Tagen erzählen die Biet. A. Als Ulrich ... sich vor Besigheim legte, allwo er auf dem Berg ob denen Besigheimer Weingärten neben einem Hauptmann Michael Mayer von Weil i. Schönbuch in der Schanz gestanden, und sich mit einem Arm auf den Hauptmann gelehnt, habe ihn ein Bürger von Besigheim aus einem kleinen Rondêel-Turn ersehen und darauf zu einem von Walheim, der neben und bei ihm auf dem Turn in der Wöhr gewesen, gesagt: Ich sehe den Herzog Ulrichen in seinem krausen Haar, den rothen Bößwicht, ich will auf ihn anschlagen und schießen, daß er überpurzeln muß: alsbald habe er Feuer gegeben und den Hauptmann durchschossen, daß man ihn vom Turn (aus) sehen fallen, wie dann derselbe hierher (nach Bietigheim) in Adam Hornmoldten Haus damalen geführt und in einem Monat darnach dorten verstorben.

Die Anekdote zeigt soviel, daß Ulrich damals bei denen von Besigheim und Walheim nicht beliebt war.

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Besigheim aus alter Zeit. Neckarseite (S. 173).

4. Demnächst wurde die Ruhe der Stadt auf kurze Zeit gestört durch den Bauernaufstand. Der Bauernhaufe, der sich an Ostern (16. April) 1525 auf dem Wunnenstein gesammelt hatte, kam am 19. April nach Gemmrigheim, am 20. nach Lauffen. Am 21. schloß er sich dem Zabergäuer Haufen an, so daß es zusammen 8000 Mann waren: »Der ganze helle Haufen«. Nach Lauffen waren etliche von »Walen« gekommen, darunter auch der Schultheiß, und hatten den Anführer des Wunnensteiner Haufens, Matern(us) Feuerbacher, gebeten, er solle denen von Besigheim schreiben; sie vermuteten, diese würden auftun. Es wurde denn auch nach dort geschrieben. Am Samstag morgens kamen die Bauern nach Besigheim, wohin auch Edelleute der Umgegend gekommen waren, die Schirmbriefe erbaten und auch erhielten. Es scheint, daß die Bauern ohne Schwierigkeit Einlaß erhielten. Feuerbacher hatte sich vernehmen lassen: was nach Gottes Wort sei, wollten sie zustande bringen, das andere abtun; sie wollten in der Stadt nur zu Morgen essen; die von Besigheim sollten lugen, daß Brot und Wein, von der Geistlichkeit zu liefern, zur Stelle sei. Die vom Adel ließen die Bauernführer (neben dem gemäßigten Feuerbacher der gewalttätige Hans Wunderer) fragen, was sie tun sollten. Man hieß sie warten, bis sie, die Bauern, zu Morgen gegessen hätten. Nachdem sie eine Stunde im Vogthaus gewartet, kam Feuerbacher zu ihnen und forderte den Hans Lemlin von Bönnigheim auf, zu ihm allein herauszukommen. Lemlin sagte: Die Bauern seien voller Wein, wisse keiner, was sie handelten; es seien auch etliche darunter, die zu Weinsberg dabeigewesen (wo man den von Helfenstein durch die Spieße gejagt hatte). Feuerbacher: wir wollten gern mit euch handeln; so sehet ihr, was wir für Lyt (Leute) sind; man kann jetzt nichts ausrichten. Feuerbacher sagte weiter: lätt (laßt) mich nun hinausstehen uff den Trippel; denn sie wollen als wähnen, ich hätte es mit euch. Ihr sehet, was für ein barmherziger Haufe wir sind, nichts als eitel Kistenfeger; bleibt hinnen, bis wir dussen sind; aber eure armen Leute müßt ihr mit uns ziehen lassen. Es wäre besser, es fielen uns die vom Adel und von den Städten zu, so könnte man die Unordentlichen im Zaum halten.

Gewalttaten wurden anscheinend keine verübt, außer daß das Haus des Balthas. Dürr, Kaplans an All. Heil., geplündert wurde. Die Gemeinde stellte zum Bauernhaufen eine Abteilung von 40 Mann, darunter Hans Mezger und Hans Röser. Mezger wurde später in Ebersbach von seinen Landsleuten zum Beutemeister gewählt. Außerdem hatte er für Proviant zu sorgen. Als man in Bietigheim den Vogt Trautwein durch die Spieße jagen wollte, weil er sich weigerte, für Stadt und Amt den Befehl an die Bauern auszufertigen, traten die Obengenannten von Besigheim heran und erklärten, davon hätte man ihnen nichts gesagt, vielmehr, daß man Gottes Wort handhaben wollte; dieses wolle aber nicht, daß man im Blute wate. Dem Vogt wurde dann, auf Materns Fürsprache, das Leben geschenkt, gegen Verzicht auf sein Amt.

Welche Folgen der freiwillig-unfreiwillige Anschluß an die Bauern für die Stadt hatte, erfahren wir nicht. Doch scheint die Strafe nicht allzuhart ausgefallen zu sein, und sich auf Ersatzleistungen an die Geschädigten beschränkt zu haben. So liegt z. B. noch eine Urkunde vom 1. Nov. 1525 vor, wonach die Anwälte der Städte (Aemter) Besigheim, Backnang, Bietigheim, Bottwar, Brackenheim, Marbach eine Zusammenkunft mit dem Herrn Ludwig zu Nippenburg hatten. Diesem sei in dem jüngsten bäurischen Uffruhr, als der Haufe zu Schwieberdingen gelegen, etlich Vieh, Wein und andres genommen und verbraucht worden. Die genannten Städte sollen dem von N. für alle seine Ansprüche 110 fl. bezahlen auf nächste Fastnacht, zu (Mark-)Gröningen.

 

5. Wenige Jahre darauf wurde die Stadt von Markgraf Philipp um 25 000 fl. wieder ausgelöst. Mit ihr kehrten Walheim und halb Löchgau, nicht aber Freudental, das in adeligem Besitz verblieb (s. oben), unter das Szepter Badens zurück. Auch die Gerechtigkeit beider Pfandschaften zu Ingersheim und Hessigheim, wie er dieselbe früher gehabt, soll dem badischen Regenten wieder zustehen (8. Sept. 1529). Die 4000 fl., um welche Ulrich von Württemberg Besigheim seinerzeit an Sigmund von Helfenstein versetzt hatte, verspricht Ferdinand inner Jahresfrist abzulösen (9. Sept.) Ulrich erhob aber später wieder Ansprüche, sodaß noch im Jahr 1544 Karl V ein Mandat erlassen muß, daß er den Markgrafen Ernst im Besitz der Stadt Besigheim nicht irren und seine Ansprüche auf dem Weg Rechtens betreiben solle..

Nach einer Urkunde vom Dornstag nach Allerheiligen werden Hieronymus Vehus, Dr. J. U. und Kanzler, sowie Daniel Nothaft, Vogt von Mundelsheim, durch Philipp bevollmächtigt, von Bürgermeister, Gericht, Rat und Gemeinde in Besigheim und Walheim die Huldigung für den Markgrafen entgegenzunehmen, und ihnen dafür des Fürsten »Begnadigungs- und Freyungsbrief« zu überreichen.

Die Besigheimer hatten sich nämlich vorher verschiedene Beschwerden aufgeschrieben und sie dem Markgrafen vorgetragen:

a) Sie haben unter Württemberg etlich Geld verwilligt, wofür ihnen die Leibeigenschaft erlassen und der freie Zug vergönnt wurde. b) Der Abt von Hirsau hat vor alter alweg ½ Wagen samt Pferd zu Gemmrigheim gehalten, der uns an der Fron damit zu hilf kommen, es aber lang unterlassen. c) Man möge sie von den nagenden würm, den Juden, welche den Untertanen zum höchsten verderblich, gänzlich unbelästigt lassen. d) Gegenüber den Amtszugehörigen seien sie im Lagerbuch mit der Fron merklich überschrieben und überlangt. e) Endlich bitten sie in Sachen, die nicht peinlich oder malefizisch, daß Besigheimer Bürger nicht geturnt, sondern bei ihren Rechten gelassen werden.

Nach Urkunde (Montag nach Allerheiligen) wird bewilligt Punkt a) und ihnen gegen Erlegung einer benannten Summe Gelds die sonder Gnad und Freiheit gegeben, daß die von Besigheim, jung und alt, Mann oder Frau, der Leibeigenschaft, damit sie Unsern Voreltern und Uns verpflichtet gewesen ledig erlassen sind, dürfen sich auch dessen sowie des freyen Zugs mit und in Verheiratung gegen fremde Personen und außerhalb des Fürstentums gebrauchen (entsprechend den in Württemberg seit dem Tübinger Vertrag 1514 geltenden Bestimmungen). – Die Ablösungssumme betrug 200 fl. jährlich, anzufahen auf nächsten St. Nikolaitag 1529, und so 30 Jahre lang. Bewilligt wird ferner Punkt c) die Herrschaft will in Ewigkeit keinen Juden hinter sie setzen, und e) Ganz ähnliche Bestimmungen galten in Baden-Baden, Stadtrecht von 1507 (Z. O. Rh. 4,293 ff.). Eingeturnt darf einer nur werden, nachdem das Stadtgericht es zu Recht erkannt, oder wenn der Angeklagte keinen Bürgen hat, oder (hier) nicht 200 Pfd. Kaution leisten kann, oder wenn Burgermeister und Rat sich seiner nicht annehmen mögen, oder endlich in peinlichen Sachen.

Darauf erfolgte dann die Huldigung. Es haben sie von Besigheim und Walheim »mit truwen gelobt und mit ufgehoben fingern lyplich Ayde zu Gott und den Heiligen geschworen, dem Markgrafen getrew und hold zu syn, syner F. Gn. nutz und frommen zu werben, schaden zu warnen, gebott, verbott und ordnungen (nach-) zue leben, auch der Ayd Glocken zu yeder zeit gehorsam und gewertig zu sein. Und ob einer oder mer von Besigheim hinwegziehen und syn lib und gut vereußern wollte, alsdann von einem yeden Vogt oder Amtmann oder seinem Verweser Urlaub zu fordern«. Die älteste Huldigungsformel, vom 11. Mai 1404, s. Reuscher, Statutarrechte I.

Die 1529 erlangten oder bestätigten Gnaden und Freiheiten ließ sich die Stadt bei jedem Regierungswechsel neu bescheinigen.

Schließlich begabte Philipp die Stadt mit einer Spende von 8 Scheff. 3 Sri. 2½ Vlg. Roggen, welche auch unter Württemberg noch jährlich ausgeteilt wurde. Vielleicht ist das steinerne Standbild auf dem Marktbrunnen damals dem Markgrafen zu Ehren und zu Dank errichtet worden. Vorher zierte den Brunnen Ritter St. Georg. So deuten wir den »Jörgenbrunnen« des Volksmunds und das Standbild eines (angeblichen) badischen Markgrafen über dem Marktbrunnen, das in Tracht und Stil der Brunnenfigur des Bietigheimer Marktplatzes (von 1549) ganz ähnlich ist.

 

6. Die folgenden Jahrzehnte badischer Herrschaft sind äußerlich eine ruhige Zeit, welche nur der schmalkaldische Krieg unterbrach. Herzog Alba, schlimmen Andenkens, rückte am 28. Dez. 1546 mit starker Truppenmacht über Lauffen, Besigheim und Bissingen nach Markgröningen. Dort vereinigte er sich mit Prinz Sulmona, welcher vorher einige Tage in dem damals befestigten Ilsfeld gelegen und am 25. über Großbottwar und Marbach nach Markgröningen gerückt war. – Damals, gegen das Ende des Kriegs, hat Besigheim die von Bietigheim, ungeachtet diese Rebellen gewesen, mit Weib und Kind, Hab und Gut untergeschlaufft und mit nicht geringer Gefahr geschützt und geherbergt. (Nach einem Brief an die bad. Regierung, 24. Febr. 1588).

 

7. Abgesehen von der Reformation ist die zweite Hälfte des Jahrhunderts ausgefüllt mit Ausfechtung von allerlei Streitigkeiten mit den württembergischen Nachbarorten. Blut floß ja keines dabei, aber die Beziehungen zu der Nachbarschaft wurden immer unleidlicher, die Stimmung beiderseits immer gereizter. Die Lage Besigheims inmitten fremden Gebiets bot nach allen Seiten Reibungsflächen dar. Somit war es eine wirkliche Erlösung, als der schon seit längerer Zeit projektierte Verkauf der Aemter Besigheim und Mundelsheim an Württemberg endlich zur Tatsache wurde. Der Kaufvertrag ist datiert vom 26. April 1595; die Kaufsumme war für die Aemter Besigheim (mit Walheim, Hessigheim, halb Löchgau) und Mundelsheim 384 486 fl. 35 kr. – Durch Landtagsabschied vom 17. Mai werden beide Aemter dem Land inkorporiert, je mit dem Recht, auf dem Landtag Sitz und Stimme zu haben.

In der Kaufsumme waren inbegriffen 80 000 fl., welche die Landschaft übernahm; dafür wurde ihr die Schatzung d. h. Besteuerung der Aemter überlassen, mit welchen sich die Landschaft verständigen sollte. In den letzten Jahren der badischen Herrschaft nun hatte die Jahressteuer 3400 fl. betragen, nämlich 12 Batzen auf je 100 fl. Vermögen (das ergäbe ein Gesamtvermögen der Untertanen in beiden Aemtern von 425 000 fl., wovon etwa 100 000 fl. auf Mundelsheim kämen). Diese Schatzung war jedoch keine beständige gewesen, sondern sollte nur für eine bestimmte Reihe von Jahren erhoben werden, bis der Markgraf seine Schulden abbezahlt hätte. Daher sträubten sich die Abgesandten der Aemter, in wiederholten Verhandlungen mit dem engeren Ausschuß der Landschaft (1596), diese Schatzung dauernd auf sich zu nehmen. Sie seien nicht im stande, sie zu tragen, man möge ihnen eine jährliche Ablösungshilfe (Steuer) nach Verhältnis der anderen württembergischen Aemter auferlegen. Man möge doch ein Einsehen haben, daß sie bei häuslichen Ehren bleiben könnten. Der Ausschuß erbot sich schließlich zu einem Nachlaß von 1000 fl. Aber auch das können die Aemter nicht leisten. Endlich vereinigte man sich auf 2275 fl. – Sofort gab es wegen der Verteilung dieser Summe zwischen den beiden Aemtern Streit; Mundelsheim will daran 440 fl. tragen und meint, Besigheim werde damit vergnügt sein. Das war jedoch nicht der Fall. Auf einer Tagsatzung zu Stuttgart 27. Nov. 1598 ließ sich Mundelsheim wenigstens zu 488 fl. herbei.

Der Landtag sah bald ein, daß er mit der Einverleibung der Aemter ein schlechtes Geschäft gemacht hatte. Anno 1605 äußerte er sich, es sei erstmals bei der Einverleibung dieser beiden Aemter dem Herzog eine Geldsumme verwilligt worden, weil davon ein beständiger nützlicher Ertrag für die Landschaft erhofft wurde: »Damit wir aber, als wir hernach befunden, unsers Theils einen merklichen Fehlgriff gethon.«

Die Huldigung wurde nach einem Auszug aus dem jetzt verlorenen alten Stadtbuch am 21. Mai, vm. 9–10 Uhr, auf dem Rathaus auf dem Tanzboden, nach geschehener markgräflicher Ledigzählung untertänigst erstattet: »Gott verleihe, daß solches zu Aufnehmung und Wohlfahrt sowohl Ihro Fürstlichen Gnaden als gemainer Stadt und derselbigen angehörigen Unterthanen gereiche«.

Vor der Huldigung hatte die Stadt nicht versäumt, sich alle wohlhergebrachten Gerechtigkeiten »confirmieren« zu lassen, und es ward ihr auch, allerdings nur im allgemeinen und mündlich, eine entsprechende tröstliche Versicherung erteilt worden. Allein schon 1598 erfolgt bittere Klage. a) Es ist seit unvordenklichen Jahren herkommen, den mit der Aburteilung von malefizischen Personen bemühten Gerichtsverwandten der Amtsstadt eine Ergötzlichkeit zu reichen, den Trunk auf Herrschaftskosten, das truckene Mahl aus dem Amtschaden. b) Die von Besigheim haben von alter her in der Kelter einen Zuber gehabt, Schaffzuber geheißen, welchen die Zehendherren jederzeit voll Most halten mußten, und es konnte draus trinken wer wollte. c) So ist auch jährlich zu dreien unterschiedlichen Festen und Zeiten, umb Ostern, Weyhennachten, Martini jedeßmal den Wächtern und E. F. Gn. diehnern ein Maß Wein gereicht worden, damit die (von gemainer Stadt besoldeten Wächter) auch umb so viel besser uff E. F. Gn. Keller Achtung und Sorg haben möchten. d) Bei Verurkundung der Rechnungen des Untervogts wurde bisher den hiebei Angewohnten für ihre Mühe und Versäumniß ein Trunk aus dem Herrschaftskeller, und aus dem Ambtschaden ein Unteressen (Vesper) gereicht. – Das alles will nunmehr abgestrickt werden. e) Endlich beklagen sie sich, daß die jetzigen Zollbestimmungen dem unvordenklichen ruwiglichen Herkommen zuwider laufen (B.M., Ger. u. Rat zu Besigheim, Walheim und Hessigheim).

Der U.Vogt bestätigt in eingefordertem Bericht die Richtigkeit der vier ersten Punkte. Betreffend den »Schaffzuber« wird gesagt, daß er abgeschafft wurde, weil dabei gar zu viel Wein draufgegangen sei, und allemal ein »unmäßig Zehren daraus habe werden wöllen«, weshalb man die Ergötzlichkeit auf die herrschaftlichen Bediensteten eingeschränkt habe.

Auf ein neues Gesuch »hat sich auf dieser Supplikanten Begehren Uns. Gnäd. Fürst und Herr mit folgenden Worten resolvirt: sie sind jetzt underthonen wie andre, darumb wir Ihnen nichts neues bewilligen können noch wollen. Act. Stuttgardt, 3. Maij 1604.«

Keine befriedigendere Antwort erfolgte, als man sich 1614 und 1629 nochmals wegen des Zolls beschwerte. Bescheid (1633): »Dieweil nun Besigheim Stadt und Amt der Landschaft Württ. incorporirt, und gleich andern Unterthanen des Landes Privilegien zu genießen hat – benebens die Zöll bei getroffener Tauschhandlung auch in Anschlag gekommen sind – so kann man von seiner Resolution nicht weichen«. Die von Besigheim mögen die Kanzlei fernerhin mit derlei Beschwerden verschonen.

Vom J. 1595 an ist Besigheim mit dem Lande Württemberg dauernd vereinigt geblieben, und hat an den Schicksalen des größeren Ganzen, dem es angehörte, im Guten und Schlimmen getreulich teilgenommen.


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