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VI.

Von Ali, der mich an der Schulter faßte,
Ward ich geweckt: »Schon hoch im Osten steht
Die Sonne, und bei einem Freund zu Gaste
Noch muß ich sein, bevor sie untergeht!
Der Weg ist weit, drum bitt' ich aufzubrechen!«

Schlaftrunken noch hört' ich ihn also sprechen;
Gleich einem Schleier lag's mir auf der Seele,
Und kaum gewahrt' ich, wie nach dem Befehle
Ali's, nachdem er mich geweckt,
Mich Sklaven fort im Tragesessel trugen.
Er selbst, in einen andern hingestreckt,
Fuhr fort: »Nun? geht die Welt dir aus den Fugen,
Da alle deine Träume scheitern?
Hätt' ich doch nie gedacht, so schrecklich sei
Die goldne Zeit! Welch Angstgeschrei
Ausstießest du! Wohlan, es ist vorbei,
Und sorgen werd' ich schon, dich zu erheitern.
Im Tragesessel so, des Wechsels wegen,
Bequemer reisen laß uns diesesmal.
Dem schönen Indien geht es nun entgegen!
Ich denke, vor dem Abendstrahl
Einziehn wir noch in Kaschmirs wonn'ges Thal.«

Von dannen ging die Fahrt durch Berg und Schlucht
Des wolkennahen Kaukasus;
Zu Seiten uns in wilder Flucht
Hin über Klippen schoß der Hilmendfluß
Und kühlend wehte von der Berge Firne
Der Frühwind mir um Wang' und Stirne.
So mählig mit erwachtem Sinne
Der Gegenwart von Neuem ward ich inne,
Obgleich das nächt'ge Traumgesicht
(Nein, Traum es nennen darf ich nicht,
Da Alles leibhaft ich erlebte)
Mir noch durch alle Fibern bebte.

»Wohlan – sprach Ali, wie wir weiter zogen –
Vom Wahne, der dich lang betrogen,
Für immer, denk' ich, bist du nun genesen
Und träumst von einem Glück nicht mehr,
Das auf der Erde nie gewesen,
Noch ist noch sein wird. Doch, trägst du Begehr,
Auf ihrem Gange durch die Zeiten
Die Menschheit weiter zu begleiten,
So sei dir gern das Thor dazu erschlossen,
Und nach der lieblichen Idylle,
Die in dem Pfahlbaudorfe du genossen,
Zeig' ich dir weiter, wie der Lebenswille
Die Erde sich zum Paradies geschaffen
Und wie die edle Descendenz des Affen
Zu immer höhern Bildungsstufen klomm.
Gesehen hast du selbst, wie fromm
Und gläubig unsre Elterväter
Menschen abschlachteten vor Fetischklötzen,
Allein ein Vorspiel war das nur für später;
Mehr wuchs und immer mehr den Götzen
Bei wachsender Cultur der Appetit.
Anstimmen wirst auf deinem Psalter
Du selbst gewiß ein hohes Lied
Zum Preise für das goldne Alter,
Das in Phönizien, im Euphratthal,
In Babylon und in Assyrien blühte,
Wenn ich die Götter uralt-heil'ger Mythe,
Vor denen dort die Menge kniete,
Dir zeige, den erhabnen Baal,
Die keusche, jungfräuliche Astaroth,
Des milden Moloch Erzbild, wie es roth,
Geheizt mit Menschenopfern, glühte.
Auf deinen Wunsch auch Einlaß geb' ich dir
Ins alte Reich der Pharaonen;
Dort magst du mit den Millionen
Glücksel'ger Bürger, die den Musterstaat bewohnen,
Im Schweiß des Angesichtes einem Stier
Ein Denkmal bauen oder Katzen, Ratten
In ihrer Pyramidengruft bestatten.
Mitkämpfen kannst du, Freund, dort in der Wiege
Der Menschenbildung auch die Glaubenskriege,
In denen, nie des Blutvergießens satt,
Sich Dorf mit Dorf und Stadt mit Stadt
Jahrhundertlang befehdeten, weil diese
Den Hund anbeteten und jene
Den Schakal oder die Hyäne.
Fürwahr! der Mensch war damals schon ein Riese
An Weisheit, Frömmigkeit und Tugend,
Und wer so hoch schon stand in seiner Jugend,
Was Wunder, daß er späterhin als Mann
In Veda, Koran, Zendavesta, Bibel
Der Wahrheit zweifellosen Schatz gewann!
Ist überdies noch perfektibel
Dies herrliche Geschlecht – ich will es segnen!
Nur fürcht' ich mich, nach ein'gen Jahren
Weiteren Fortschritts Exemplaren
Sothaner Menschheit zu begegnen,
Sie wird für mich allzu sublim.«

Er schwieg, und als ich fort und fort
Des Wegs stumm hinzog neben ihm,
Von Neuem nahm er so das Wort:
»Allein ich Thor, daß ich von Götzenknechten,
Von blinden Heiden rühmend sprach,
Die ihr mit Hohn belegt und Schmach!
Vorziehn wirst du gewiß das Volk des ächten
Allein'gen Glaubens im gelobten Land.
Wohl denn! du hast's in deiner Hand;
Einlaß dir bieten will ich gern
Zu diesen Lieblingen des Herrn.
Wahr ist's, von aller Welt verachtet
Als Menschheit-Auswurf wurden sie betrachtet,
Allein um so erhabner war der Dünkel
Des kleinen Ochsenhirten-Stamms,
Daß er in seinem engen Erdenwinkel
Sich für die erste der Nationen hielt.
Zu diesen Söhnen Abrahams
Zuneigung hab' ich stets gefühlt;
Sie spielen nach des Himmels weisheitsvollen
Beschlüssen eine von den ersten Rollen
Im großen Welterziehungsplan.
Von ihnen ward im Lande Kanaan
Dem Gotte, den sie sich gepachtet,
Alles, was Leben hat, geschlachtet,
Und auf sein heiliges Geheiß
Verbrannten sie Kind, Mann und Weib und Greis
In Ziegelöfen oder sägten sie
Dreifach in Stücke zwischen Brettern.
Nicht etwa einer von den Heidengöttern,
Nein der Erhabene von Sinai
War das, der Zehngebotegeber,
Den dann die Christenheit geerbt:
Nun, wohl bekomm's! Reichlich gesorgt für Gräber
Hat er und jedes Land mit Blut gefärbt,
Wohin er kam auf seinem Siegeslaufe,
Ja, wenn sie weigerten die Taufe,
Selbst für die frommen Söhne Israels
Den Scheiterhaufen angezündet.
O heil'ge Kirche, auf den Fels
Des Petrus unerschütterlich gegründet,
Der Synagoge würd'ge Tochter du,
Wer mehr der Welt Wohlthaten von euch beiden
Erwiesen hat, ich mag es nicht entscheiden,
Doch jeglicher von euch Heil! ruf' ich zu;
Verleiht bis an der Zeiten Ende
Der Menschheit eure Segenspende!«

Er höhnte noch. Da mählig senkten
Ostwärts die Felsen sich; wir lenkten
Hinunter von den Höh'n des Hindukusch,
Und schon, zu Seiten unserm Paß,
Aufs neu bekleidete mit Baum und Busch
Die Erde sich; hochwüchs'ges Kusagras
Schwoll längs des Wegs in breiten Wogen,
Und sieh! als wir um eine Ecke bogen,
Lag Kaschmirs Thal im letzten Sonnenglanz
Umringt von himmelhoher Berge Kranz,
Vor unsern Blicken da, ein weites Meer
Ueppigen Grüns, auf das, von Früchten schwer,
Der Mango-Bäume Zweige niederhingen.
Durch das Gewirr der Pflanzenschlingen,
Die von der Wurzel bis nach oben
Die Aeste in einander woben,
Sah ich sich einen Fluß (Hydaspes hießen
Die Alten ihn) mit klarer Flut ergießen,
Und aus dem vielverschlungnen Dickicht schauten
Goldstrahlende Paläste, Kuppelbauten,
Pagoden und Moscheen und Minarete –
Das war Kaschmir, die Stadt der Städte,
Das Erdenparadies der Orientalen.
Noch eben sah'n wir in des Abends Strahlen
Aus seiner Gärten Grün die Tempelspitzen,
Kioske, Thürme, Dome blitzen.

Wir zogen in die Stadt, wo dichte Schwärme
Von Hindus und Moslimen mit Gelärme
An uns vorüberwogten durch die Gassen
Und alle Dächer und Terrassen
Von Papagaien wimmelten und Pfauen;
In Palankinen ruhten holde Frauen,
Dazwischen sah man heil'ge Stiere
Und Büßer, an den Boden starr gebannt,
Und Reiter, zu Kameel, zu Elephant.

»Folg mir zu unserm Nachtquartiere! –
Sprach Ali – hier zu längrer Rast
Hat mich ein Freund geladen; und als Gast
Wird er auch dich willkommen heißen.
Nun deinem Trübsinn mußt du dich entreißen,
Denn was das Herz nur irgendwie begehrt,
Ist hier dem Sterblichen beschert.
Wenn unter duft'gen Rosenlauben
Bei Sang und Spiel und süßem Saft der Trauben
Ihr goldnes Netz um dich die Stunden spinnen,
Nicht ferner wirst du grübeln mehr noch sinnen,
Nicht mehr nach fremden Längen oder Breiten
Dich sehnen oder andern Zeiten.
Glaub', Freund, durch alle Länder, alle Meere
In jedem Weltenalter, jeder Sphäre
Hab' ich dem Glücke nachgejagt,
Allein bereuend endlich mir gesagt:
Weis' ist allein, wer, Sohn der Gegenwart,
Nicht rückwärts blickt noch auf Zukünft'ges harrt.«

Vor einem Prachtpalast, indeß die Nacht
Herabsank, wurde Halt gemacht,
Und schmucke Sklaven in Afghanen-Tracht
Führten die Marmortreppen uns empor,
Bis wo des Hauses Eigner, Adschid-Singh,
Mit allen Ehren uns empfing.
Geleit uns gab er durch das Thor

In hohe Hallen mit Arkaden,
Durch welche blütenduftbeladen
Des Gartens Lüfte wehten; Kerzen brannten
Ringsum auf Silberleuchtern und entsandten
Flackernde Lichter, die auf dem geschnitzten
Getäfel, an den Jaspissäulen blitzten;
Und weiter dämmernd glitt ihr Schimmer
In kuppelüberdeckte Zimmer.
Dort nochmals uns willkommen hieß
Der Wirth; auf goldgesticktem Scharlachpfühle,
Den er als Lagerstatt mir wies,
Bald lag ich da, indessen frische Kühle
Der Springquell auf mich niederthauen ließ,
Und dem Erschöpften von der Tagesreise
Wiegten die Tropfen, wie sie leise
Ins Marmorbecken niedersanken,
In Schlaf die schweifenden Gedanken.

Ob tief verstört auch und von Schmerz bewegt,
Daß sich die Wirklichkeit wie kalter
Herbstreif auf meine Träume all gelegt
Vom Glücke früher Menschenalter,
Den Wonnen o! wie hätt' ich mich verschlossen,
Die dieses Indien mir bot? –
Vor mir bei jedem Morgenroth
Aufthat sich wie ein Feensaal
Kaschmirs berühmtes Rosenthal,
Von Genien, wie mit Wein ein Festpokal,
Mit allen Reizen vollgegossen.
Geschmückt gleich einer Braut zur Hochzeitfeier
Im lieblichen April war die Natur;
Durch weißen, duft'gen Nebelschleier,
Mit dem sie Höh'n und Thal und Flur
Für das geheime Liebesfest verhängte,
Brach leuchtend hier und da des Himmels Blau;
Und auf die Gärten, auf die Wälder sprengte
Ein frischer Ost den Silberthau.
Ich dann auf Teppichen frischgrüner Saaten
Hinschweift' ich, an der Berge Hang,
Um welchen sich von blühenden Granaten
Ein Purpurgürtel funkelnd schlang;
Und auf mich nieder sahen, wenn die Falten
Der Frühlingsnebel auseinander wallten,
Des Himalaya Gletscherriesen,
Die lang den Morgen schon auf ihren Stirnen tragen,
Eh' es im Thal beginnt zu tagen.
Umflattert auf den blüh'nden Wiesen
Ward mir der Fuß von Schmetterlingen,
Die sich an den Madhawis, den Syringen
Berauschten in des Honigkelches Süße,
Und durch der Quellen Murmeln, dem die Spalten
Und Schluchten des Gebirges widerhallten,
Riefen sich Kokilas die Liebesgrüße. –
Trug drauf vom Mittagsmeer der Süd
Die Tropenglut heran mit mattem Flügel,
Auf einen moosbewachs'nen Hügel
Mich streckt' ich nieder wandermüd
Und schaute träumend durch die schwanken,
Mein Haupt umzitternden Lianenranken
Aufwärts zu grünen Laubendächern,
Der Vögel luft'gen Brautgemächern.
Oder beim Spätroth auf den stillen,
Mit Lotosblüthen überdeckten See'n
Vorüber an den Ufervillen
Mich ließ ich schaukeln in des Abends Wehn.

Und nächtlich in den Gärten Adschit-Singhs
Wie lieblich war's bei Sternenschein zu träumen,
Wenn aus Bananendickicht, Mangobäumen
Der bunten Lampen Schimmer rings
Herniederstäubte. Auf dem weichen Rasen
Lag ich gebettet zwischen Marmorvasen,
Daraus des Ostens Weihrauch quoll,
Und tausend Blüthen hauchten wollustvoll
Sehnsücht'ge Düfte in die Nacht;
Herab auf meine Stirne thaute sacht
Der feuchte Staub der plätschernden Fontaine,
Die klingend in die Schale fiel,
Und bei der Lichter Wechselspiel
Auftauchten aus der Dämmrung weiße Schwäne,
Die glitzernd auf den Silberwogen
Des Wasserbeckens Furchen zogen.
Ich sah, den Cedern und den Tamarisken
Entragend, schlanke Obelisken
Und drüberhin die Kuppeln und die Zinnen
Der Zauberstadt im Mondesglanz.
Wie erst ward ich bestrickt, wenn Sängerinnen
Ihr Lied begannen, wenn im Tanz
Bei Zitherschall sich Bajaderen wiegten,
Holdflüsternd sich an meine Seite schmiegten
Und, während an der Arme Spangen
Die Silberglöckchen lieblich klangen,
Schmeichelnd mit duftenden Guirlanden
Von Lotos und Jasminen mich umwanden.

Ihr, denen des Gedankens Leiden
Im Abendland das Sein vergiften,
Wohl um das Leben mögt ihr mich beneiden,
Das ich auf Kaschmirs grünen Triften,
In seiner Gärten Zauberkreis genoß;
Doch glaubt! nur kurz, nur halb erschloß
Mein Herz sich diesem Reiz des Orients.
Eintönig bald erschien mir Indiens Lenz,
Ich floh von seinen heitern Festen
Und fast nach dem verlornen Westen,
Nach o! so vielem, was mir drüben lieb,
Nach einem Geist, der mich verstehe,
Und statt der steten Lust nach süßem Wehe
Im Herzen tief mir regte sich der Trieb.
Selbst in der Dichtungswelt der Inder,
In der ich Nal, Sakuntala,
Rama und Sita, all die luft'gen Kinder
Der Phantasie vor mir erstehen sah,
Nur wie von Sinnenrausch befangen
Fühlt' ich nach Höherem Verlangen.
Ich ließ von frommen Siedlern und Brahmanen
Mir Veden deuten und Puranen,
Allein mir war wie Einem, dem verirrt
In eines Urwalds wuchernden Lianen
Bei jedem Schritte sich der Fuß verwirrt;
Bisweilen wohl quoll heil'ges Ahnen,
So wie ein Lichtstrahl durch den Wald,
Entgegen mir, doch tiefer sanken
Auf mich herab die nächt'gen Schatten bald,
Und aus der Wildniß der Gedanken
Nach Licht und Klarheit regte sich in mir ein Sehnen.
Da in die Hand fiel mir ein Buch
Von jenen, die ich mit mir trug.
Es war ein Band in Sprache der Hellenen,
Und bald, vertieft in Plato, Xenophon,
In Herodot und in des Pindar Oden,
Fühlt' ich mich wieder auf dem heil'gen Boden,
Den ich geliebt als Knabe schon.
Seit Morgenrothe, wenn zu den Pagoden
Die Hindus wallten und vom Minaret
Der Ruf die Moslems mahnte zum Gebet,
Ward ich nicht satt, zu schlürfen von dem Trank,
Den Hellas' Weise mir und Dichter boten;
Ganz weilte meine Seele bei den Todten,
Und dieses schöne Indien sank
Mit seinem duftenden Gefild,
Mit allen Reizen seiner Bajaderen
In Nacht zurück mir wie ein Traumgebild.
Bald, daß ich Diotima's Lehren
Und Agathons bei Plato's Gastmahl lauschte,
Bald daß Nemeas, daß Olympia's
Siegeshymne mir den Geist berauschte;
Und Abends einst, als so ich las und las
Und mir nach Hellas der Gedanke schweifte,
Zu plötzlichem Entschlusse reifte
Die Sehnsucht mir. Zu Ali eilt' ich drum,
Den ich seit Tagen wenig nur erblickt
Und der auch dann nur flüchtig, stumm
Mir seine Grüße zugenickt.
Ich fand ihn spät im einsamen Gemach
Noch bei dem Schein der Lampe wach,
Ein pergamentnes Buch auf seinen Knie'n,
Das überdeckt mit runenhaften Zeichen,
Urweltlich fremden, war. Nicht einer schien,
So viel ich kannte, diese Schrift zu gleichen.
Fest hing der Blick des Greises an den Blättern,
Gehört nicht hatt' er meinen Tritt,
Und über seine Schulter glitt
Mein Auge nieder auf des Buches Lettern.
Mir war, als schaute mich aus Weltalltiefen
Ein groß Geheimniß an in den Hieroglyphen;
Wie Züge von der Sprache der Giganten,
Den Göttern nur verstanden, däuchten
Sie mir mit räthselhaftem Schein zu leuchten,
Und lang, gleich einem Festgebannten
Dasteh'nd, zu athmen wagt' ich kaum.
Auf einmal, wie erwacht vom Traum,
Sah ich das Angesicht des Alten
Mir zugewandt, die Stirn voll schwerer Falten.
»Was soll mir dieser Nachtbesuch?
Laßt mich allein mit meinem Buch!«
Sprach er erzürnt, wie ich ihn nie gehört,
Und ich vermochte nur Verworr'nes
Zu stammeln, so war ich verstört.
Allein nach kurzem Flackern seines Zornes
Bald wieder milder ward der Greis;
Und, da zum früheren Gedankenkreis
Mein Geist die Rückkehr mählig fand,
Ihn bat ich, mich ins alte Griechenland
Durch seinen Zauber zu entrücken:
»Dort einzig kann das Leben mich beglücken,
Wo meiner Seele Heimath. Freiheit, Recht,
Schönheit und Weisheit sind nur dort gediehen
Und nie auf Erden mehr wird ein Geschlecht
Wie jenes göttliche erblühen,
Dem Perikles, dem Aeschylus entstammte.
Hellas, mein Hellas! o wie flammte
In dir das junge Leben hell und warm
Zum Himmel auf! wie schlangen Arm in Arm
Die Musen ihren ew'gen Reih'n
An deinen Küsten, schönstes Land der Welt!
Noch jetzt, was unsre Erdennacht erhellt,
Ein Schimmer ist's von deinem Herd allein,
Und rückwärts spähen wir zum Horizont
Nach deinem Morgenrothe, als die junge
Menschheit, vom ersten Himmelslicht besonnt,
Der Götter Weisheit noch mit Kinderzunge
Nachstammelte. So heiter wie dein Aether war
Dein Volk, sein Geist wie er so hell und klar;
In treuer, immer gleicher Liebe lag
Es an dem Busen der Natur
Und fühlt' an seinem ihres Herzens Schlag.
O dürft' ich eine Stunde nur
In dem Athen des Perikles verleben,
Einmal am Fest der Athenäen
Im Säulenhof des Parthenon nur stehen,
All meine Tage würd' ich darum geben!«

»Nun, Freund, wenn jene Zeit dich also reizt,
So werde mit den Stunden nicht gegeizt –
Rief Ali aus – gern bin ich dir zu Willen
Und werde heut noch dein Verlangen stillen.«
Er führte mich zur Tafel in den Saal
Und goß vom Elixir in den Pokal;
Zum Mund ihn führt' ich, und nicht lang, so sank
Ich schlummernd nieder auf die Bank.

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