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Vor der schmerzhaften Mutter

O Mutter der sieben Schmerzen, mit deinem toten Sohn auf dem Schoß,
Die sieben Schwerter in deinem Herzen schneiden meine Seele von der Welt und ihrem Glücke los.
Dein Auge schaut auf mich, und ich fühl' doch aus deiner Blicke erbarmender Huld:
»Du, auch du bist an seinem bittern Leiden und Sterben schuld.«
O Mutter Gottes, ich bin ein Soldat. Und ich lasse mein Herz für die Meinen verbluten,
Auch das Blut meiner Seele floß. Der Krieg hat sie gegeißelt mit brennenden Ruten.
Ich war bei deinem Sohn, und er hat mir liebend verzieh'n. Ich bin in Gnaden mit ihm versöhnt.
Aber, o Mutter, nun ist die ganze Menschheit mit Dornen gekrönt –
Millionen Erdenmütter halten ihren toten Sohn auf dem Schoß wie du!
Millionen Soldaten schreiten in diesen Stunden ihrem Kalvaria zu.
Und alle Mütter und Frauen folgen mit ihren Seelen dem Golgathaweg, den Sohn und Mann muß geh'n –
O ich kann den Soldatenmüttern und Frauen nicht mehr in die Augen seh'n!
Ihr brennender Blick spricht wie deiner: Auch du, auch du bist schuld an seinem bittern Tod.
O Mutter der sieben Schmerzen, das ist nun unsere große Erdennot.
O Mutter der sieben Schmerzen, mit deinem toten Sohn auf dem Schoß,
Mit deinen sieben Schwertern im Herzen schneide die Menschheit von der Sünde des Krieges los!

Heinrich Lersch.


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