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Der Mutter

Das war ein Tag, das war ein Kampf,
Ein Eisenregen, Pulverdampf,
Das war ein Fluchen, war ein Beten;
Nun ist der grimme Feind zertreten!
Die Schlacht ist aus, der Abend winkt,
Und leis' ein stiller Seufzer klingt:
        Mutter! –

Wie ist der Abend kühl und feucht,
Die Luft so dumpf und schwer! Mir deucht
Vom Blut der Brüder, die nun still
Erreicht ihr ehrenvolles Ziel.
Die schlafen nun den ew'gen Schlaf.
Daß mich es heute noch nicht traf?!
        Mutter! –

Bald steigt herauf der neue Tag,
Und wieder dringt des Schwertes Schlag,
Des Eisens Kraft durch Mark und Bein,
Umloht von blut'gem Flammenschein.
Doch bei mir weilen Gott und du,
Das gibt dem Geiste Kraft und Ruh',
        Mutter! –

Und wenn das Schicksal es bestimmt,
Daß Gott mein Leben zu sich nimmt,
Ja, Mutter, wenn ich sterben muß,
So nimm du dies als letzten Gruß:
Wir sterben all', wie's Gott gefällt,
Ein jeder gerne und als Held,
        Mutter! –

Bau mir im lieben Herzen dein
Einfach und schlicht den Leichenstein,
Und weine nicht, es tut so weh,
Wenn ich dich, Mutter, weinen seh',
Sttahlt uns denn nicht nach dieser Not
Des Wiedersehens Morgenrot?
        Mutter! –

Das vorstehende Gedicht wurde nach der Schlacht bei Olescha an der Strypafront am 12. und 13. Juli 1916 in einem Granattrichter gefunden.
Mitgeteilt von Prof. Dr. Sellentin, Elberfeld, in der »Christlichen Freiheit«.


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