Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Neununddreißigstes Kapitel.
Alte Rechte

Unter den Vielen aus aller Herren Ländern, die der strenge nordische Winter an die Riviera getrieben hatte, befand sich auch Herr Whiting. Das englische Klima hätte indes keine besonderen Anstrengungen zu machen gebraucht, um ihn zu vertreiben, kam er doch jedes Jahr nach Monte Carlo und bewohnte im selben Gasthof immer dasselbe Zimmer. Natürlich hatte er die Bekannten öfters getroffen, sowohl Kinloch als Fräulein Serle, mit der er sogar verwandt war. In Fräulein Serles hübscher Gesellschafterin, einem Fräulein Hayes, hatte er zu seinem höchsten Erstaunen Peggy Summerhayes aus Nieder-Barton und Frau Goring aus Dublin erkannt. – Was sollte das heißen? Whiting mußte dieser Sache auf den Grund kommen, und seine Wißbegierde wurde schließlich so lästig, daß ihm Kinloch, mit Peggys Zustimmung, den Fall klar gemacht hatte.

Nachdem er alles erfahren hatte, lehnte sich Whiting schnappend wie ein Fisch im Lehnstuhl zurück und fand erst nach geraumer Zeit die Sprache wieder.

»Es kann ja zufällig wahr sein,« sagte er endlich, »aber diesem Goring traue ich nicht über den Weg. Er war immer ein Lügner und nie um kühne Ausreden verlegen. – Ist die Geschichte untersucht worden?«

»Bis jetzt nicht, ich habe aber nunmehr Auftrag gegeben, ohne Rücksicht auf die Kosten Nachforschungen anzustellen.«

»Und das Ergebnis?«

»Kann derzeit nach noch nicht da sein.«

»Hätte ich das Mädel doch selbst geheiratet,« platzte Whiting nach einer Weile los, »oder Sie! Weshalb in aller Welt haben denn Sie es nicht gethan? Sie waren ja der Entdecker!«

»Nur, daß ich für Fräulein Summerhayes damals gar nicht vorhanden war!«

»Sie haben ihr dann wohl die angenehme Stellung bei Ihrer Tante verschafft?« bemerkte Whiting nach abermaligem stillem Nachdenken.

»Durchaus nicht! So wenig als Sie! Ich war vielmehr aufs höchste überrascht, in der Gesellschafterin meiner Tante eine Bekannte zu entdecken.«

»Hm! Ein überaus freundlicher Einfall des Schicksals!«

»Wieso?«

»Mir hat's nie im Leben so unter die Arme gegriffen!«

»Ich bin immer noch im Dunkeln über Ihre Meinung.«

»Im Dunkeln mögen Sie ja sein, aber wenn ich nicht geradezu ein Schafskopf bin, so lieben Sie Peggy – sagen wir vorläufig einmal Summerhayes?«

»Ja, das gebe ich zu,« gestand Kinloch offen.

»Und zwar ist's eine alte Geschichte – Sie brauchen sich nicht daran zu schämen.« »Nein, dazu sehe ich auch keinen Grund!«

»Und sie wird hoffentlich so glücklich ausgehen wie alle Märchen: ›und sie lebten noch viele Jahre herrlich und in Freuden‹.«

»Sehr freundlich, über den Ausgang bin ich aber vorderhand noch sehr im unklaren.«

»Warum ziehen Sie nicht mit Ihrer Gesellschaft nach Monte Carlo herüber? Ich möchte Sie gern unter den Augen haben.«

»Zu Monte Carlo gehört ein Monte Christo und ich bin kein reicher Mann.«

»Nein, nur verliebt sind Sie!«

Dieses Gespräch hatte kurz nach Kinlochs Ankunft an der Riviera stattgefunden. Jetzt, am Tag vor seiner Abreise, fand in Monte Carlo ein Blumenfest statt, dem Kinloch samt Tante und Peggy, sowie halb Mentone beiwohnte. Fräulein Serle war mit einer gleichgestimmten Seele ins Nachmittagskonzert im Kasino gegangen, während ihr Neffe, Peggy und Whiting vorzogen, im Freien zu bleiben. Es war ein sonniger, herzbefreiender Tag, die Luft selbst schien von Musik zu schwirren. Auf der herrlichen Terrasse hin und her gehend, entdeckte das Kleeblatt manche bekannte Erscheinung, da England im Frühjahr bekanntlich an der Riviera zu suchen ist. Berühmte Politiker, Schriftsteller, Schauspieler und sogar – Frau Catchpool! Sie wanderte mit einer umfangreichen alten Dame in blauem Samtkragen auf und ab und erregte die allgemeine Bewunderung durch einen Hut aus üppigen Fliederzweigen, der ihr weißgetünchtes Gesicht und das lohfarbene Haar umrahmte.

Peggy ging in eifrigem Gespräch mit Whiting zwischen ihren beiden Rittern und sah so entzückend frisch, belebt und anmutig aus, daß ihr alle Blicke folgten. Whiting nahm den Beifall, den »seine« Dame fand, mit Schmunzeln wahr und erinnerte sich dabei eines ähnlichen Spaziergangs beim Foresterfest in Mittel Barton. Damals hatten Milchmädchen und Bauern seine Begleiterin offenen Munds angestarrt, heute erregte sie die Bewunderung von Fürsten und Botschaftern!

»Im nächsten Monat gehe ich wieder nach Nieder-Barton,« bemerkte er. »Ein etwas andres Gemälde!«

»Allerdings! Wird's Ihnen nicht etwas langweilig vorkommen?«

»Langeweile kenne ich nicht! Ich bin mir selbst genug! Ein paar Bissen zu essen und philosophische Weltanschauung sind im Grund alles, was. der Mensch braucht.«

»Nur müssen die ›paar Bissen‹ von einem französischen Koch zubereitet sein,« schaltete Kinloch lächelnd ein.

»Womit unsre gute Frau Banner leider nicht wetteifern kann!« gab Whiting seufzend zu. – »Dort geht die Herzogin von Pantaheria – eine verzweifelte Spielerin. Und – wen haben wir denn da?« konnte er gerade noch ausrufen, als Frau Catchpool auf sie zugestürzt kam.

»Nein, Peggy!« rief sie mit der ihr eigenen Unverfrorenheit. »Wer das gedacht hätte, daß wir uns gerade in diesem Sündenpfuhl wieder treffen würden!«

Sachkundig überflog ihr Blick Peggys schicken Anzug und das duftige Pariser Hütchen.

»Bitte, setzen Sie doch kein so frostiges Gesicht auf! Sie wissen ja doch, daß ich Sie immer gern hatte? Und, was seh' ich« – sie riß die Augen weit auf – »Hauptmann Kinloch! Mit Ruhm und Wunden bedeckt! Ein Mann, der mich nie leiden mochte. Aber Peggy, ich finde, daß es wirklich höchste Zeit für mich ist, meinen Dienst wieder anzutreten – als Ehrendame nämlich.«

»Aber, gnädige Frau,« wandte Whiting mit einer ganz ausgesuchten Verbeugung ein, »Sie werden mich doch nicht ums Amt bringen wollen? Ich eigne mich ausgezeichnet für diesen Posten als alter bewährter Freund der jungen Dame!«

»Alt? Das will ich nicht bestreiten,« war die herzlose Antwort, »aber bewährt, das müßte mir erst jemand bezeugen! Kommen Sie mit mir in den Spielsaal, Peggy – zur Erinnerung an alte Zeiten? Ja so, Sie haben ja nie gespielt. Ich gewann gestern abend achtzig Napoleons – nach Tisch habe ich immer Glück.«

»O Frau Catchpool, können Sie mir nicht sagen, wo mein Papa ist?« fragte da ein großes blondes Mädchen ganz atemlos vom Laufen. »Ich suche ihn überall!«

»Gestern traf ich ihn und da suchte er Sie – sollte er Sie seither nicht gefunden haben? Warum führen Sie ihn denn nicht am Strick?«

Ohne sich an die ungezogene Antwort zu kehren, eilte die junge Dame weiter.

»Wo wohnen Sie denn, Peg?«

»In Mentone, Hotel zu den ›Vier Winden‹.«

»Und ich hier im ›Hotel de Paris‹, mit Lady Barbarossa. Gussie ist, wie Sie sich denken können, verheiratet – sie leben schon wie Hund und Katze! Aber Lady B. wartet, und ich muß mich beeilen! Schreiben Sie mir ein paar Zeilen und bestimmen Sie selbst den Tag, wann Sie herüber kommen wollen und mit mir essen, nachher gehen wir dann in die Spielsäle und amüsieren uns ein wenig. Bringen Sie nur Ihre Zahnbürste mit – ich behalte Sie doch über Nacht. Jetzt aber muß es geschieden sein. – Auf Wiedersehen, Peg!«

Herr Whiting, der sich die Dame in dem selbst für Monte Carlo auffallenden Anzug und mit dem selbst für Monte Carlo stark gefärbten Haar die ganze Zeit besehen hatte, ohne ins klare zu kommen, zu welcher Gesellschaftsschicht er sie zu rechnen habe, trennte sich jetzt meuchlings von seiner Gesellschaft. Er ›amüsierte‹ sich leider auch gern und spürte einen Zug des Herzens nach den Trente-et-quarante-Tischen. Sie waren sämtlich dicht besetzt und von einer dreifachen Mauer von Zuschauern umgeben. Endlich gelangte er zu seinem Lieblingstisch, stellte sich hinter der Zuschauerreihe auf die Zehen und arbeitete sich behutsam in den Kreis hinein bis dicht hinter den Stuhl einer Dame. Sie stützte beide Ellenbogen auf das grüne Tuch und vor ihr lag ein Haufen Goldstücke; ein juwelenbesetzter Bleistift glitzerte in ihrer weiß behandschuhten Rechten. Als Whiting sich vorbeugte, um seinen Einsatz auf den Tisch zu legen, bemerkte er, daß sie stark geschminkt war. Diese war eine Französin und ganz erstaunlich gekleidet; sie trug einen goldenen Gürtel mit funkelnden Edelsteinen um den Leib, eine Diamantenkette um den Hals und auf dem Kopf ein wahres Gebäude von blauen und fliederfarbigen Federn. Ja, sie war offenbar eine wirkliche Französin, aber ihr Begleiter, ein dicklicher Herr mit aufgedunsenem, fleckigem Gesicht, der den Arm in der Schlinge trug, sah aus wie ein Engländer und erinnerte Whiting an irgend jemand. Er sah noch einmal genauer nach ihm hin und ließ fast seinen Einsatz fallen, als er – Goring erkannte! Ja, er war's, der leibhaftige Charlie Goring, aber so furchtbar verändert, daß man wirklich zweimal hinsehen mußte: sein Gesicht rot und gedunsen, die Augenlider geschwollen, der Ausdruck verroht – sollte er sich zu seinen andern Lastern auch noch das Trinken beigelegt haben?

Er und die Dame, es war ein Fräulein Zo-Zo von einer Spezialitätenbühne, standen offenbar auf sehr vertrautem Fuß, denn sie langte gelegentlich nach seinem Geld hinüber und nahm ihm lachend oder mit einem kecken Witz etwas weg.

Und das Paar draußen? Wenn sie einander begegneten! Whiting ließ das Spiel im Stich und bahnte sich einen Weg ins Freie, um Kinloch zu warnen, allein er traf weder ihn noch Peggy auf der Terrasse. So mußte er sie denn ihrem Schicksal überlassen, tröstete sich indes damit, daß Goring ja doch bis zum Morgengrauen im Spielsaal bleiben werde.

Kinloch war indessen mit Peggy nach dem Platz vor dem Kasino gegangen, wo die Musik spielte und man an runden Tischchen vor den Kaffeehäusern auf der Straße saß.

»Tante Sophie mit ihrer Begleiterin wird jetzt bald kommen, und ich habe den beiden Damen einen Thee im Café de Paris versprochen,« sagte Kinloch. »Sie finden es ungeheuer pikant, einmal auf der Straße zu sitzen. Wir müssen uns gleich einen Tisch sichern, denn gegen fünf Uhr strömt alles hierher.«

Als sie nach einigem Suchen einen passenden Tisch gefunden hatten, bestellte Kinloch Thee, Obst und Gefrorenes, indes Peggy sich, langsam die Handschuhe abstreifend, die fröhliche Menschenmenge ansah.

»Wollen Sie nicht lieber Ihre Tante am Kasino abholen?« fragte sie. »Im Gedränge findet sie nie ihren Weg.«

»Freilich, aber ich lasse Sie nicht gern allein hier, und wenn wir beide gehen, kommen wir um unsern Tisch.«

»Und wenn Sie den Tisch hüten und ich die alten Damen abhole, verlieren wir uns vielleicht alle – das ist so ein Fall wie das Uebersetzen von Wolf, Geißlein und Kohlkopf! Soll ich den Wolf oder den Kohlkopf vorstellen?« fragte sie lachend.

Beim Klang ihrer Stimme drehte sich eine Dame mit leuchtendem Haar und einem Federnturm nach ihr um, sah sie an und sagte dann ganz laut zu dem Herrn, der neben ihr saß: »Das ist die junge Dame, die der Erzherzog so wunderschön findet! Scheint ihr Mann zu sein, der Herr daneben.«

Plötzlich hörte man einen Stuhl rücken, Peggy sah auf, und Goring stand vor ihr.

»Donnerwetter, Peg! Ich hätte dich schier nicht erkannt! Wie geht dir's denn, Alte?«

Nach einem vielsagenden Schweigen erwiderte Kinloch: »Ich möchte Ihnen raten, zu Ihrer Gesellschaft zurückzukehren.«

»Ah, Sie hier! Gelungener Witz das! Techtelmechtelt da mit meiner eigenen Frau, sagt mir, ich solle mich scheren!«

Peggy griff nach ihren Handschuhen und machte eine Bewegung, um aufzustehen. Ihr Gesicht war kreideweiß.

»O nein, das thust du nicht,« sagte Goring, die Hand fest auf ihren Arm legend und auf einem der freien Stühle niedersitzend. »Ich trinke meinen Thee mit dir, Liebchen – freust du dich denn gar nicht, mich wiederzusehen?«

»Nein. Ich hoffte, Sie nie mehr zu sehen – lassen Sie mich gehen.«

»Nehmen Sie Ihre Hand weg,« befahl Kinloch in gedämpftem, unheilverkündendem Ton.

»Ich bin ihr Herr und Gebieter,« rief Goring. »Unsre Ehe ist gültig, darauf können Sie Gift nehmen!«

Die Umsitzenden begannen aufmerksam zu werden. Der verkommen aussehende Engländer und das verängstigte hübsche Mädchen im weißen Kleid – das mußte ein Roman sein! Und jetzt gesellte sich auch noch die Dame mit dem Goldgürtel und dem Federnstrauß zu der Gruppe und mischte sich lebhaft ins Gespräch.

»Dies ist nicht der Ort für derartige Auftritte,« sagte Kinloch fest. »Was Sie zu sagen haben, sagen Sie mir, aber nicht hier, sondern im Park – schicken Sie die Person weg.«

»Ganz gut, aber Peggy muß mitkommen.«

Die Federndame lachte schrill und spöttisch auf, ließ aber ihren Freund ruhig mit den beiden abziehen. Sobald sie einen einsamen Weg im Park erreicht hatten, drehte sich Kinloch auf dem Absatz um und sagte: »Bitte, was haben Sie für eine Erklärung zu geben? Fassen Sie sich kurz!«

»Sie« – er deutete auf Peggy, die sich wie von einem bösen fürchterlichen Traum umfangen vorkam – »ist meine Frau.«

Ein Augenblick atemlosen Schweigens. »Vor zweiundeinhalb Jahren sprachen Sie eine andre Behauptung aus ...«

»Eine Notlüge, weil mir das Wasser bis an den Hals ging. Ich hatte nicht genug zum Leben für mich, geschweige denn für sie, so nahm ich ihr einfach das Halfter ab und ließ sie laufen. Ich wußte ja, daß sie schon Freunde finden würde! Du bist meine gesetzmäßige Frau, Peg, nicht – die andre.«

»Und bitte, wer beweist uns das?« fragte Kinlochs klangvolle, ruhige Stimme.

» Uns? Sie sind also an dieser Sache beteiligt? Uebrigens will ich Ihnen so viele Fragen beantworten, als Sie wünschen. – Sie können auch Nachforschungen anstellen nach Belieben, ich bin in meinem Recht. Geld habe ich jetzt in Menge – es reicht für zwei! Du bist verdammt hübsch geworden, Peg, ordentlich eine berühmte Schönheit! Kaum hätte ich die eigene Frau, die ich mir in der Dorfgasse aufgelesen habe, wieder erkannt. Ich wohne im ›Hotel de Paris‹ – du kannst gleich mitkommen und dir deine Siebensachen nachschicken lassen.«

Goring hatte diese lange Rede zu Ende bringen können, ohne daß ihn die Zuhörer unterbrochen hätten. Sie waren viel zu betroffen, um Worte zu finden.

»Und auch wenn ich Ihre Frau bin,« begann Peggy endlich, »was erst bewiesen werden müßte, werde ich nicht zu Ihnen zurückkehren – lebend nicht.«

»Larifari! Du gehörst mir, bis der Tod uns scheidet. Was Beweise für die Gültigkeit unsrer Trauung betrifft, so ist das ein dummes Geschwätz. Kinloch, ich und du, wir waren alle dabei. Kein Mensch hat mich die Räubergeschichte von der Fernanda erzählen hören als du – wo willst du also die Zeugen hernehmen? Ich könnte im Gegenteil sagen, du habest mich im Stich gelassen und seiest mir davongelaufen, als ich in Not war, statt Freud und Leid mit mir zu teilen, meine Stütze und mein Trost im Elend zu sein. Daß du davongingst, kann ich beweisen, und vor Gericht ist mein Wort so viel wert, als das deinige.«

»Hund!« knirschte Kinloch zwischen den Zähnen.

»Aha, Freund Kinloch! Eine sehr hohe Meinung von mir hatten Sie ja nie! Nun, wir können eben nicht alle heilige Tempelritter sein. Jetzt bin ich ein reicher Mann und kann auf Ihre Hochachtung verzichten. Gestern abend habe ich die Bank gesprengt, heute mein Weib gefunden – mein Glücksstern scheint im Zenith zu stehen!«

Peggy sah in wilder Verzweiflung hilfesuchend um sich; aus ihren Augen sprach ein Grauen sondergleichen.

»Ach, hier seid ihr ja!« rief da ein dünnes, altes Sümmchen. »Wie ich euch gesucht habe! Frau von Rosen konnte nicht länger warten, und ich falle um, wenn ich nicht meinen Thee bekomme. Wohl ein Freund von Ihnen, liebe Peggy?«

»Gewiß, ein sehr naher Freund,« versetzte Goring, sich verbeugend.

»Wir wohnen im Hotel zu den ›Vier Winden‹ in Mentone und alle Freunde meines lieben Fräulein Hayes sind mir willkommen.«

»Sehr liebenswürdig, gnädige Frau – ich werde mir morgen die Ehre geben, Ihnen und – Fräulein Hayes meine Aufwartung zu machen,« sagte Goring, sich abermals verbeugend und rasch davoneilend.

»Ja, was ist denn geschehen, Kinder?« fragte Fräulein Serle jetzt. »Wer war denn das? Was macht ihr denn für Gesichter?«

»O, Fräulein Serle,« stammelte Peggy, »das – das war – Hauptmann Goring. Er behauptet, mein Gatte zu sein – er habe mich mit jener Geschichte nur los werden wollen. O, was soll ich thun? Was soll aus mir werden?«

Sie tastete wild umher mit den Händen, erfaßte gerade noch die Lehne einer Gartenbank und sank ohnmächtig hin.

Leute, die in einiger Entfernung vorübergingen, bemerkten die kleine Gruppe. Man lief nach Wasser, mehrere Damen und Herren traten hinzu.

»Ein junges Mädchen, dem die Hitze im Konzertsaal zu viel wurde,« bemerkte jemand.

»Nein, nein, eine Spielerin, die ihr ganzes Vermögen verloren hat,« sagte ein andrer. »Sieht aus, wie der Tod.«


 << zurück weiter >>