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Entlarvt

Fu ließ unter seinem Moskitonetz ein unwilliges Grunzen hören, als ein Diener ihn durch fortgesetztes lautes Räuspern aus einem tiefen Schlafe weckte, der nach dem Sprichwort nur den Gerechten eigentümlich sein soll. Er liebte keine Störung.

»Warum weckst du mich? Es wird ja eben erst Tag,« fuhr er den jungen Chinesen an.

Sein Arger verwandelte sich aber in Verwunderung, als er jetzt bemerkte, daß dieser, der gleich ihm selbst noch im leichten Nachtgewande steckte, an allen Gliedern zitterte, als habe er sehr Übles zu berichten.

»Ein Herr, ein Engländer, wünscht Sie zu sprechen,« stieß der Diener in höchster Erregung hervor.

»Zu dieser Stunde? Ein Engländer? Kennst du ihn?«

»Ich habe ihn oft gesehen. Ich glaube, er gehört zur … zur …«

»Sprich,« herrschte ihn Li Fu an, als der Schreck dem erst seit kurzer Zeit dem Geheimbund angehörenden Diener die Sprache zu rauben schien. »Willst du etwa sagen, er gehöre zur Polizei?«

Der Diener nickte heftig.

»Ja, das glaube ich, Herr, obgleich er keine Uniform trägt. Und er ist nicht allein! Vor dem Hause warten andere. Das habe ich gesehen, als ich ihn hereinließ.«

Li Fu hatte unterdessen begonnen, sich in Hast anzukleiden. Nun eilte er, wie in einem plötzlichen Entschluß, barfuß zu einem offenstehenden Fenster und lugte zwischen den Spalten der zum Schutz gegen plötzliche Regengüsse angebrachten Läden in den grauen Morgen hinaus.

Eine Verwünschung ausstoßend, fuhr er sofort wieder zurück. Das Zimmer lag auf der hinteren Seite des Hauses, so daß man von seinen Fenstern nur einen Teil des gepflegten parkartigen Gartens überschauen konnte. Der erste Blick hatte seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt: auch hierher war der Feind schon vorgedrungen. Zwei Kakigestalten machten einen schnell gefaßten Fluchtplan unmöglich; jeder Ausweg war verlegt. Kein Zweifel, man wollte ihn verhaften!

Li Fu hatte so viel auf dem Kerbholz, daß die Frage, welche Tat die Polizei zu diesem Schritt veranlaßt haben mochte, ihn erst jetzt, während er mit Hilfe des Dieners in Hast das Ankleiden vollendete, zu beschäftigen begann. Mit der Erkenntnis aber, daß er sich der Gefahr nicht durch die Flucht zu entziehen vermochte, kehrte seine Kaltblütigkeit wieder. Wer konnte ihm, der sich persönlich stets im Hintergrunde hielt und jede gegen die Gesetze verstoßende Handlung durch andere ausführen ließ, etwas nachweisen – wer es für wahrscheinlich halten, daß er, der reiche Mann, aus bloßer Lust am Bösen sein Wohlleben durch Begünstigung von Verbrechern gefährdete? Der Fall einer Entdeckung war in seinem Gehirn wiederholt der Gegenstand reiflicher Überlegung gewesen, mit dem beruhigenden Endergebnis, daß es ihm immer gelingen müsse, wenn nötig unter Opferung eines oder mehrerer Genossen, die ihm vertraut hatten, den eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

.

Dieses Bewußtsein gab ihm auch jetzt eine gewisse Sicherheit, als er sich anschickte, der Gefahr entgegenzutreten.

Der Diener öffnete die Tür.

Li Fu hatte kaum die Schwelle überschritten, als ihm aus dem Halbdunkel des Ganges eine kräftige Stimme auf Englisch: »Stopp, Sie sind verhaftet!« entgegendonnerte und eine schwere Hand sich auf seine Schulter legte.

Mit einem rauhen Empfang hatte er nicht gerechnet; aber schnell gefaßt erwiderte er in erstaunlich gut getroffenem Ton gekränkter Unschuld: »Wer erlaubt Ihnen, mein Herr, zu dieser Stunde in mein Haus einzudringen und einen angesehenen Großkaufmann in dieser Weise zu behandeln?«

»Das Gericht,« erwiderte der Polizeibeamte mit überlegener Ruhe; es war derselbe, den wir durch seine Unterredung mit Cornelis Hollebeek kennengelernt haben. »Ich bin Ihnen bis hierher entgegengekommen, um zu verhindern, daß eine nicht mit meinen Wünschen übereinstimmende Handlung mich eines Gespräches beraube, durch das ich Aufklärung über mancherlei zu erhalten hoffe. Ich lasse Ihnen die Wahl, in welchem Ihrer Gemächer es stattfinden soll.«

Der Engländer sprach jetzt in der verbindlichen Weise, die im Verkehr gebildeter Menschen untereinander üblich ist. Trotzdem war Li Fu höchst übelgelaunt, und er hatte die größte Mühe, in dieser peinlichen Lage eine Haltung zu bewahren, die der gewählten Rolle einigermaßen entsprach.

Durch eine Handbewegung deutete er an, daß er selbst den Weg zeigen werde. Gleich hinterher fiel ihm ein, daß dies eine Gelegenheit war, dem Diener unauffällig Verhaltungsmaßregeln zu geben.

Die Handbewegung wiederholend, als ob sich das Gesagte auf den gleichen Gegenstand beziehe, wandte er sich an den nicht von seiner Seite weichenden jungen Mann und sprach zu ihm mit gleichgültiger Miene auf Chinesisch: »Suche heimlich das Haus zu verlassen und Ah Ling zu benachrichtigen! Vielleicht ist unser Bund in Gefahr. Niemand soll …«

Weiter kam er nicht, denn der Engländer fuhr so kräftig dazwischen, daß er es für geraten hielt, auf der Stelle zu verstummen, um nicht dessen Verdacht, daß eine geheime Verständigung versucht werde, zur Gewißheit zu machen.

»Geben Sie sich keine Mühe, mich zu hintergehen,« fuhr der Beamte nach der heftigen Unterbrechung mit seinem überlegenen Lächeln fort. »Niemand kann das Haus verlassen oder auf andere Weise mit der Außenwelt in Verbindung treten. Es trifft sich gut, daß Ihr Bungalow zwischen den Bäumen halbversteckt liegt. Wie die Nachbarschaft von unserem kommen nichts gemerkt hat, so wird ihr auch nicht auffallen, wenn wir in Begleitung wieder davonfahren. Geschlossene Wagen stehen an der nächsten Straßenecke bereit. Auch ich halte es zuweilen für angebracht, im geheimen zu wirken; das hat die Polizei mit Leuten gemein, von denen sie im übrigen durch die grundverschiedene Auffassung gewisser Begriffe weit getrennt ist.«

»Ich verstehe Sie nicht,« sagte Li Fu in ruhigem Ton. »Bitte, treten Sie hier ein! Nun werde ich ja erfahren, welches offenbare Mißverständnis zu Ihrem gewaltsamen Verhalten Veranlassung gegeben hat – einem Verhalten, über das ich mich selbstverständlich auf das entschiedenste beschweren werde.«

»Es ist kaum anzunehmen, daß Sie nach Beendigung unserer kleinen Unterredung noch daran denken werden,« versetzte der Engländer, indem er sich setzte, dem Chinesen überlassend, ob er seinem Beispiel folgen wolle oder nicht.

Der Diener mußte draußen bleiben; dafür traten zwei Männer in das Zimmer, die am Fuß der Treppe gewartet hatten. Der in Weiß gekleidete traf an einem in der Nähe stehenden Tisch Anstalten, sich über das Gesprochene Aufzeichnungen zu machen, während ein uniformtragender bewaffneter Begleiter offenbar die Aufgabe hatte, eine Verzweiflungstat zu verhindern, durch die überführte Verbrecher sich zuweilen der strafenden Gerechtigkeit zu entziehen suchen.

Aber Li Fu fühlte sich noch lange nicht überführt; er hatte dem Beamten gegenüber Platz genommen und blickte ihm dreist ins Gesicht, als ob er fragen wolle: »Was willst du eigentlich von mir?«

Ohne Umschweife begann der Engländer in feierlichem Ton: »Li Fu, bekennen Sie sich schuldig, die Ermordung des holländischen Staatsangehörigen Jan Hollebeek veranlaßt zu haben?«

Flammende Entrüstung spiegelte sich in den Zügen des Beschuldigten.

»Herr, was sagen Sie – ich sollte …? Ha, es wäre zum Lachen, wenn es nicht so dumm wäre! Das ist wirklich kein gutes Zeichen für die Klugheit der Polizei.«

Er wäre in dieser Weise fortgefahren, wenn ihn sein Gegenüber nicht unterbrochen hätte.

»Wollen Sie damit sagen, daß Ihnen der Genannte gänzlich unbekannt gewesen sei?«

»Allerdings!«

»Auch seinen Namen haben Sie nie gehört?«

Li Fu griff sich wie in plötzlichem Erinnern an die Stirn.

»Es könnte sein … wie lautet der Name?«

»Jan Hollebeek.«

»Ja, ich glaube, so hieß der Holländer, von dem mir mal ein englischer Zinnsucher sprach, der mit mir Geschäfte machen wollte. Wenn ich mich recht erinnere, besaß der Holländer eine Konzession für ein Gebiet, auf das auch Mister Haydock ein Auge geworfen hatte. Er schlug mir eine Beteiligung vor; doch hielt ich die Sache nicht für aussichtsvoll.«

»Sie sollen mit diesem Haydock in reger Geschäftsverbindung gestanden haben; ja, es wird behauptet, daß er eigentlich nur noch in Ihrem Auftrag arbeitete.«

»Das ist natürlich stark übertrieben,« versetzte Li Fu mit hochmütiger Miene. »Ich bestreite nicht, daß ich mich gelegentlich aus Mitleid dieses Agenten bedient habe, auch nachdem er durch eigene Schuld seinen guten Ruf eingebüßt hatte. Wie oft klagte er, seine Landsleute wollten nichts von ihm wissen; er müsse verhungern, wenn ich ihm nicht hülfe. Da habe ich, wie gesagt, ihm aus reiner Gutmütigkeit bisweilen die Möglichkeit gegeben, sich wieder emporzuarbeiten. Ich mußte mich indessen überzeugen, daß er wenig taugte, und schon seit unserer letzten Berührung war ich entschlossen, ganz mit ihm zu brechen.«

»Dieser Entschluß scheint später wieder umgeworfen worden zu sein,« erwiderte der andere kühl. »Zunächst ersuche ich Sie, mir alles zu sagen, was Sie von den Beziehungen des Haydock zu Herrn Hollebeek wissen. Es könnte ja sein, daß die gegen Sie erhobene Beschuldigung nach eingehender Prüfung der Angelegenheit als nicht stichhaltig befunden würde. Dann bliebe an Haydock ein starker Verdacht hängen. Also erzählen Sie!«

Li Fu war jetzt wie einem Menschen zumute, der auf unsicherem Moorgrund wandelt, ständig in Gefahr, beim nächsten Schritt rettungslos zu versinken. Unbewußt fühlte er, daß man ihm eine Falle stellte, indem man die anfänglich gegen ihn selbst gerichtete schwere Beschuldigung scheinbar auf einen anderen übertragen ließ. Was wußte dieser Engländer? Auf welche Tatsachen gründete sich sein Vorgehen? Sollte die Leiche des Holländers aufgefischt worden sein? Aber wie hätte das allein auf die richtige Spur führen können? Im Bund der fünf Glückseligkeiten gab es keinen Verräter; dessen war er sicher, besonders nachdem man Li San auf den Verdacht hin, nicht ganz zuverlässig zu sein, beseitigt hatte. Sollte es sich rächen, daß man Haydock, dem Angehörigen einer fremden Rasse, zu großes Vertrauen schenkte? Deutlich sah Li Fu ihn vor sich, wie er sich gegen die Tatsache aufbäumte, durch seinen Rat das Schicksal des Holländers verschuldet zu haben. Nach dem englischen Gesetz geht ein Angeber als sogenannter Kronzeuge straflos aus, wenn er seinen Mitschuldigen der Polizei ausliefert. Ob feige Angst den Agenten zu diesem Schritt der Verzweiflung getrieben hatte? Aber der war ja weit weg; allein konnte er nicht umkehren, und seine Leute, die zugleich seine Aufpasser waren, hätten sich sofort gemeldet, wenn die Fahrt unterbrochen worden wäre. Nein, auch Haydock konnte nicht der Angeber sein! Daß auch der zweite Holländer nicht wiederkehren werde, dessen war er im Vertrauen auf Wong Tsau sicher. Wo aber stand der Feind, und wie stark war er?

»Wollen Sie mir nicht zunächst sagen, wie ich, ein unbescholtener Mann, in einen so furchtbaren Verdacht geraten konnte?« fragte Li Fu in der Hoffnung, auf diesem Wege von der quälenden Unsicherheit befreit zu werden.

Doch sogleich wurde ihm zum Bewußtsein gebracht, daß dieser Gegner nicht zu unterschätzen war.

»Hm – unbescholten?« wiederholte der Beamte mit seinem überlegenen Lächeln, das Li Fu zu hassen begann. »In früheren Jahren hatte sich meine Behörde wiederholt mit Ihrer Person zu beschäftigen.«

»Man hat mir nie eine strafbare Handlung nachweisen können.«

»Ganz richtig; das wollte ich schon selbst hinzufügen. Aber Leute, die Ihnen, wie Sie zugeben müssen, nahestanden, waren nicht so geschickt, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, als es gefährlich wurde. Wie Sie sehen, habe ich nicht die Mühe gescheut, die alten Akten durchzublättern. Aber Sie wollten mir ja erzählen,« lenkte er ab, »was Sie über die Beziehungen der in Frage stehenden beiden Männer zueinander wissen.«

Li Fu zuckte die Achseln.

»Es ist recht wenig. Als Haydock erfuhr, daß ein anderer in bezug auf das Zinnsuchen die gleichen Pläne hatte wie er selbst, versuchte er eine Vereinbarung über gemeinsames Arbeiten zustande zu bringen. Seine Vorschläge fanden aber keine Gegenliebe. So viel mir bekannt ist, wollten beide ziemlich gleichzeitig nach dem Mudafluß aufbrechen. Das ist alles, was ich darüber weiß.«

Um die Wirkung seiner Worte zu ergründen, hafteten seine forschenden Blicke ständig auf dem Gesicht seines Gegenübers. Doch darin war nichts zu lesen. Scheinbar ohne die geringste Teilnahme an dem Gehörten betrachtete der Engländer seine gepflegten Nägel, und erst als der Chinese schwieg, hob er wieder den Kopf.

»Sie bleiben also bei Ihrer Behauptung, an Haydocks Unternehmung nicht im geringsten beteiligt zu sein?«

»Ja, in keiner Weise!«

»Über die Ermordung des Holländers Jan Hollebeek nicht das geringste zu wissen?«

»Das ist die Wahrheit, Herr, die reine Wahrheit!«

»Mit einer weitverzweigten Verbrecherbande, deren Glieder in dieser Stunde schon zum Teil in unserer Gewalt sind, nichts zu tun zu haben?«

Dieses Mal behielt der Beamte den Angeschuldigten scharf im Auge. So konnte ihm die starke Erregung nicht entgehen, die seine Frage hervorrief, und deren Li Fu vergebens Herr zu werden suchte. Dessen Gesicht entfärbte sich: nervös zuckten seine fetten Hände, und seine Lippen zitterten, als sie mit einer Festigkeit vortäuschenden Stimme die Frage verneinten.

»Dann fordere ich Sie auf, mich zu begleiten, um einen Lügner zu entlarven, der mit erdichteten schändlichen Beschuldigungen einen unbescholtenen Mann an den Galgen bringen will,« schloß der Beamte das Verhör, indem er sich erhob. »Alle, die in diesem Hause anwesend sind, fahren mit. Zwei meiner Beamten bleiben zurück, um Ihr Eigentum zu bewachen, nebenbei auch, um Chinesen, die nach Ihnen fragen sollten, festzuhalten, bis sich ihre Unschuld erweist. Wilkens, legen Sie ihm Armbänder an!«

Li Fu fühlte seine Knie zittern, als er, dem Beispiel des Engländers folgend, aufstand, entschlossen, bis zur letzten Möglichkeit allen Anschuldigungen zu trotzen. Als er aber nun hörte, daß er sogar gefesselt, demnach jetzt schon wie ein überführter Verbrecher behandelt werden sollte, verließ ihn mit einem Schlage die bisher mit mehr oder weniger Glück zur Schau getragene Sicherheit.

Mit einer Behendigkeit, die niemand seiner behäbigen Gestalt zugetraut hätte, sprang er aus dem Bereich der Männer, die er als Todfeinde betrachten mußte, und bevor ihn jemand hindern konnte, hatte er sich mit einem kleinen Taschenmesser in das linke Handgelenk einen Schnitt beigebracht, dem sofort ein starker Blutstrahl entspritzte.

Ehe er seine Absicht völlig ausführen konnte, fühlte er sich von kräftigen Männerarmen gepackt. Nach kurzem, verzweifeltem Ringen lag er, des Messers beraubt, laut keuchend am Boden. Zwar versuchte er noch, durch heftige Bewegungen des verletzten Armes den Lebenssaft weiter fließen zu lassen; doch sein Widerstand vermochte das helfende Eingreifen der Beamten nicht zu verhindern. Die getroffene Schlagader wurde an zwei Stellen des Oberarms abgeschnürt und die Wunde rasch verbunden.

»Stecken Sie Ihre stählernen Armbänder in die Tasche, Wilkens; der hier macht heute keine Dummheiten mehr.« Und sich an den Chinesen wendend, der mit weitaufgerissenen Augen verstört um sich blickte, fuhr der Oberbeamte fort: »Wenn Sie sehen, wer als Zeuge gegen Sie steht, und erfahren, was in dieser Nacht schon auf seine Angaben hin von der Polizei geleistet worden ist, werden Sie selbst erkennen, daß Ihr Spiel verloren ist. Ein anstrengendes Verhör steht Ihnen bevor. Wollen Sie sich nicht lieber gleich jetzt durch ein offenes Geständnis erleichtern?«

Er hoffte dabei, der augenblickliche Schwächezustand des Chinesen habe auch dessen seelische Widerstandskraft so vollständig gebrochen, daß hier auf der Stelle manches von ihm zu erfahren sei, was später nur mit größter Mühe herausgebracht werden könne. Wußte er doch aus Erfahrung, daß Verbrecher, wenn sie keinen Ausweg mehr vor sich sehen, in der ersten Bestürzung oft etwas preisgeben, was sie nachher gern zurücknehmen möchten.

Aber so leicht ließ Li Fu sich nicht fangen.

»Wer ist der Zeuge?« fragte er mit schwacher Stimme.

»Er nennt sich Li San.«

Darauf erfolgte keine Antwort. Der Chinese schloß die Augen, um nicht mehr den triumphierenden Blick des Europäers ertragen zu müssen. Daß dieser die Wahrheit sprach, war ja nicht zu bezweifeln. Aber wie kam es, daß Li San, der Verräter, gerettet und nur der Holländer beseitigt wurde? Der Prauführer und seine Leute waren erprobte Genossen. In angestrengtem Nachdenken suchte Li Fu dieses Rätsel zu lösen – vergebens!

Noch eine Weile gab sich der Engländer Mühe, dem Gefangenen ein umfassendes Geständnis zu entlocken; doch dieser setzte jetzt allen Fragen beharrliches Schweigen entgegen. Da wurden die in der Nähe wartenden Wagen herbeigeholt. Die zurückbleibenden Khakimänner erhielten noch einige kurze Anweisungen, und dann ging es im Trab durch die erwachende Vorstadt zum Gerichtsgebäude, wo man bereits den gefährlichen Übeltäter erwartete.


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