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Zehntes Kapitel.

Mathilde war bleich und still in Goczyn wieder angekommen. Es war ein heiterer Tag, das ernste Schloß empfing sie freundlich, aber sie trat wie fremd hinein. Das Heimathliche, welches sie bei dem ersten Eintritte darin gefunden, schien durch einen feindlichen Sturmwind plötzlich daraus vertrieben worden zu sein, und das Viereck des Gebäudes schloß sie nun wirklich ein, ohne daß sie doch wünschen konnte, daraus zu entfliehen. Es ist entsetzlich, wie eine Leidenschaft Alles verrücken kann.

Auch der Anblick des niedergebrannten Vorwerkes, wohin sie Alexandern noch an demselben Abende begleitete, machte auf sie den trostlosesten Eindruck. Es war leicht, dieses Bild äußerer Zerstörung auf ein innerlich zerstörtes Leben anzuwenden, und sie verfehlte nicht, es zu thun, während zugleich fremdes Leiden sie mit ängstigender Nähe berührte. Das Feuer war in der Nacht ausgebrochen, wenig Habseligkeiten waren gerettet, dagegen mehrere Menschen stark beschädigt und bis jetzt doch nur unzureichende Hülfe geleistet worden. Mathilde wurde umdrängt, angejammert, fast betäubt durch alle die grellen Darstellungen, welche sämmtliche Abgebrannten, so wie deren Freunde, Jeder nach seiner Art, schreiend oder heulend, von dem Unglücke machten. Alexander befreite Mathilden endlich aus dieser quälenden Umgebung; er versprach den Hülfefordernden Alles, was er nur besonnener Weise versprechen konnte, und eilte dann, seine Frau in den Wagen zu bringen, wo sie erschöpft aufathmete. »Ich hätte Dich nicht hierher führen sollen;« sagte er unruhig, während er sich zu ihr setzte. »Nein;« antwortete sie; »mir ist es lieber, daß ich Alles gesehen habe, der Schmerz dieser Menschen drückte sich nur so widerwärtig aus.« – »Ja,« sagte Alexander; »sie werden viel von mir fordern, und ich fürchte, ich kann nur wenig thun.« – »Ist unser Verlust so bedeutend?« fragte Mathilde ängstlich. »So sehr, daß ich sogleich mehrere Tausend werde aufnehmen müssen;« antwortete er. »Der Onkel hatte nach seiner Art sämmtliche Vorwerke nur für die Summe versichert, deren es bedarf, um dieses eine wieder herzustellen; ich habe nach meiner Art Alles gelassen, wie ich es fand, und die neue Schuld wird die bittere Frucht meiner Sorglosigkeit sein. Auch dem Pächter soll viel verbrannt sein; hoffentlich aber ist er besser, als wir versichert.« – »Wo war er aber heute?« fragte Mathilde. »Er hat Geschäfte,« antwortete Alexander; »er wird wol morgen zu mir kommen.« Und in der That kam der junge Mann, so früh es am andern Tage nur schicklich war, aber nur, um Alexandern bescheiden, doch zugleich unumwunden und entschieden zu erklären: daß er außer Stande sei, den Pachtvertrag noch länger zu erfüllen. Er habe, setzte er hinzu, mehrjährige Verluste in der Hoffnung auf bessere Jahre durch unverdrossene Mühe zu ersetzen gesucht; er habe selbst in diesem Jahre noch nicht die Hoffnung aufgegeben, sich zu erhalten. Aber dieser letzte Schlag habe auch die letzte Möglichkeit dazu vernichtet; die Versicherung stehe in gar keinem Verhältnisse zu dem Schaden; der Wohlstand, den sein Großvater ihm hinterlassen, sei völlig dahin, und ihm bleibe nichts übrig, als zu seinem und seiner Familie Unterhalt eine Amtmannsstelle zu suchen. Mit einem Worte, er gab Alexandern die Güter zurück.

Alexander sah den jungen Mann an. Wir wissen, daß er früher nie Mißtrauen gegen ihn gehegt hatte, auch jetzt zweifelte er nicht; aber er erkannte nun den Menschen; mit einem Male durchschaute sein Blick dessen ganzes Wesen, und ruhig sagte er: »Sie haben Unrecht gethan, mir dieses nicht früher zu sagen; unser Vertrag ist aufgehoben.« Der Pächter hatte das erwartet; gemeine Menschen wissen eine edle Natur bis auf einen gewissen Punkt sehr geschickt zu berechnen, aber auch nur bis auf einen gewissen Punkt. Ueber diesen hinaus reichte auch der Pächter mit seiner Schlauheit nicht aus und äußerte daher die Hoffnung, Alexander werde nicht auf gewöhnlichem Wege Schadenersatz suchen. »Sie scheinen zu vergessen, daß Sie Ihr Vermögen bei der Pachtung eingebüßt haben;« sagte Alexander mit verachtungsvoller Ironie. »Sie glauben mir nicht!« rief der Pächter noch ungeschickter. »Aber ich sage Ihnen, daß ich nichts von Ihnen verlange;« antwortete Alexander mit einer verabschiedenden Bewegung des Kopfes, und der Pächter entfernte sich gedemüthigt und deshalb in Wuth, und mit Begierde verlangend, sich zu rächen. Alexander aber blieb mit dem Gefühle allein, daß dieser Mensch einen Einfluß auf sein Schicksal gewonnen habe, den zu entwaffnen, er vielleicht seine ganze Kraft werde aufbieten müssen. Eine deutliche Ahnung sagte ihm, daß der Bürger hier mit im Spiele sei, und daß in allem Ernste ein Kampf um Goczyn beginne.

Er schrieb sogleich an Herrn von Bayer und bat ihn, ihm die zum Bau nöthige Summe zu verschaffen. Daß er sie nicht ohne große Opfer erhalten würde, wußte er; aber die Noth gebot, denn die Caution betrug nicht einmal mehr so viel, als er in kurzer Zeit an Zinsen zu zahlen hatte. Er schickte also den Brief ohne Aufenthalt ab und befahl dann, einen leichten Wagen anzuspannen, um zum ersten Male sein Gut ordentlich zu besichtigen. Er fand die Gebäude in einem so schlechten Zustande, daß er auch hier die größte Nothwendigkeit neuer Ausgaben sah. Von den Feldern verstand er nichts; aber es fehlte nicht lange an Versicherungen, daß sie eben so schlecht bestellt seien, als die Gebäude. Auf den andern Gütern war dieselbe Vernachläßigung, und Alexander überzeugte sich immer mehr, daß der Pächter schon seit Jahren mit dem Gedanken umgegangen war, die Pacht aufzugeben, und daher Alles auf eine Art verwahrloset hatte, daß mehrere Jahre dazu gehören konnten, den Acker wieder in einen Stand zu setzen, der einen guten Ertrag sicherte. Alexander dachte bei dieser Aussicht an den geringen Werth, den alle Erzeugnisse des Landbaues in diesem Augenblicke hatten, und fühlte, er werde kennen lernen, was Einschränkung heißt.

Das Notwendigste war nun, einen Mann zu finden, dem er die Wirthschaft anvertrauen konnte. Er kannte keinen solchen und hätte auch dessen Fähigkeit zu einer Führung dieser Art nicht beurtheilen können; er mußte sich also an den Rath der benachbarten Gutsbesitzer wenden. Diese vereinigten sich nach vielem Hin- und Wiederreden dahin, ihm einen Mann vorzuschlagen, der ausreichende, wenn auch nicht bedeutende Kenntnisse und sowol Ehrlichkeit als guten Willen haben sollte. Ein anderer war klüger, aber nicht von zuverläßigem Charakter. Ein dritter würde die Vorzüge des ersten mit großen Fähigkeiten vereint haben; aber er hatte schon zwei Herrschaften zu beaufsichtigen und daher für eine dritte nicht Zeit genug übrig. So blieb es denn bei dem ersten, der auch wirklich ganz vernünftig anfing und wahren Eifer zeigte, bei dem aber Alexander sehr bald einen so auffallenden Mangel aller Entschiedenheit bemerkte, daß er wenig Hoffnung fassen konnte. Doch behielt er ihn aus dem Grunde, aus dem man in allen Verhältnissen das Mangelhafte behält, weil er keinen bessern wußte. Er suchte ihn indeß so viel als möglich anzutreiben und zu unterstützen, und eilte den Bau zu unternehmen, zu welchem er das nöthige Geld durch Herrn von Bayer empfangen hatte, der damit selber gekommen war, um, so viel er konnte, dem Freunde mit Rath und That an die Hand zu gehen, eine Freundlichkeit, die Alexander nach ihrem ganzen Werthe zu würdigen wußte.

Ein Brief von Edgar, in welchem dieser dem Bruder seinen veränderten Plan anzeigte und als Grund dafür die Einladung eines gemeinschaftlichen Freundes angab, war schon früher angekommen, aber von Alexandern weniger beachtet worden, als es unter andern Umständen der Fall gewesen wäre. Auch aus Mathilde brachte er keinen großen Eindruck hervor; sie hatte gewußt, daß Edgar nicht kommen würde, und in dieser Ueberzeugung schon angefangen, Alles zu thun, um ihn zu vergessen. Ein Plan für ihre Zeiteintheilung, nach welchem nicht eine Stunde unausgefüllt bleiben sollte, lag geschrieben vor ihr, und sie befolgte ihn mit der größten Gewissenhaftigkeit. Sie fühlte wol, wie wenig dies helfe, aber sie schob es auf die Lebendigkeit, mit welcher die letztvergangene Zeit noch vor ihr stehe, und glaubte jeden Tag am nächsten mit ihrem Willen gegen ihre Erinnerung zu siegen. Aber die Tage und Wochen vergingen, und noch immer stand überall das schöne, herrische Bild, und sie wandte die Augen nur davon ab, um es an einer Stelle wiederzufinden. Endlich waren Monate vergangen, und sie begann an der Möglichkeit dessen, was sie wollte, zu zweifeln. Sie versuchte es zwar noch immer wieder, aber nur wie man eine hoffnungslose Rettung versucht, um bis zum letzten Augenblicke seine Pflicht gethan zu haben.

Ihr Wesen reifte unter diesem Himmel voll Gluth und Stürmen einer heftigen Leidenschaft; sie wurde jetzt wirklich Frau, ernst, überlegt, die Freundin ihres Mannes und für einige Stunden ein Räthsel für ihre Mutter, welche in dieser Zeit mit Wilhelm nach Goczyn kam; aber das letzte auch wirklich nur für einige Stunden. Frau von Hain hatte nie leidenschaftlich geliebt; aber sie würde es gekonnt haben, wäre ihr in der Jugend ein Mann wie Edgar erschienen. Jetzt hatte die Kraft ihrer Seele sich längst auf ihre Kinder gewandt, und sie war nichts mehr als Mutter, obgleich sie noch weit schöner als manche jüngere Frau, ja selbst noch nicht über das Alter, in welchem es noch erlaubt ist zu gefallen, hinaus war. Aber die Erinnerung an ehemalige Träume war ihr noch geblieben; sie hatte in Edgar den Mann erkannt, der Frauen mit dem Blicke unterwerfen konnte; sie erkannte jetzt auch, daß ihre Tochter liebte, und der doppelte Scharfsinn der Frau und der Mutter ließ sie fast augenblicklich den Zusammenhang zwischen diesen Beiden errathen.

Sie wurde sehr ernst, als sie ihn errathen hatte. Es ist das Schrecklichste bei solchen Verwickelungen, daß man geliebte Menschen darin befangen sehen muß und sie doch nicht lösen kann, weil bei jedem Versuche die Fäden sich mehr und mehr verwirren. Es mag einzelne glückliche Fälle geben, in denen man sie plötzlich zerreißen kann, aber die sind nur sehr selten, und dieser war keiner von ihnen; denn es lag in der Stellung Mathildens zu Edgar, daß Beide sich von Zeit zu Zeit sehen mußten, und konnte Frau von Hain hoffen, daß Mathilde immer widerstehen werde? Denn daß sie jetzt noch widerstanden hatte, sah sie an der Ruhe der Tochter; aber sie wußte nicht, was Edgar gethan hatte, was er vielleicht noch thun würde, und hauptsächlich um dieses zu erfahren, fing sie an, Mathilden vielfach über ihre Erlebnisse in der Residenz zu befragen.

Mathilde war nicht ohne Ahnung, daß ihre Mutter sie durchschaut habe; aber sie erschrak nicht davor, sie empfand im Gegentheil eine kindliche Beruhigung, ihr Herz vor diesem strengen, doch gerechten Blicke prüfen zu lassen. Ohne daß Frau von Hain andere als allgemeine Fragen gethan, oder Mathilde anders geantwortet hatte, wußte die Mutter bald Alles, was das Herz der Tochter an Schuld und Schmerz in sich schloß. Indem Mathilde davon sprach, wie Edgar noch immer von Hortensen geliebt werde und seine Dankbarkeit ihn noch immer an diese Frau fessele, nahm sie in Hinsicht ihrer selbst alles Unrecht von ihm, so daß die Mutter ihm nichts vorzuwerfen hatte. Aber auch die Tochter konnte sie nicht verdammen und ihr auch nichts mehr vorschreiben, was sie noch thun sollte. Was möglich war, dazu hatte Mathilde sich schon von selber verurtheilt: nichts, was hoffnungsloser Liebe irgend ein Trost sein kann, gestattete sie sich; die Bücher, welche Edgar ihr geschenkt hatte, wurden nie von ihrer Hand berührt; niemals versuchte sie Musik, die sie mit ihm gehört; niemals setzte sie sich an eine Stelle, wo er gesessen hatte. Es ist wahr, daß diese Strenge mehr als Alles die Größe ihrer Leidenschaft bewies; aber sie bewies auch ihren Muth, und Frau von Hain konnte, als ihr nichts mehr zu fragen blieb, auch nichts thun, als die Stirne der Tochter mit Achtung küssen und sie im stummen Gebete Dem empfehlen, dessen unendlicher Barmherzigkeit wir Alle, sei es im Schmerze, sei es bei der Trennung, unsere Lieben übergeben.

Auch Herr von Bayer ahnte wol etwas von Mathildens Herzensneigung; aber selbst ihre Mutter konnte sich nicht zarter dabei benehmen, als er es that. Alexander ahnte nichts; er war so innerlich muthlos, seit eine höhnische Notwendigkeit ihn zwang, dem gemeinen Leben seine kleinlichen Vortheile abzunöthigen, daß jede andere Stimmung als die tiefernste Mathildens ihn verletzt haben würde. In der That, es wäre schwer zu entscheiden gewesen, wer von diesen Beiden am meisten beklagt zu werden verdiente. Alexander, der immer so gleichgültig auf allen Erwerb hingeblickt hatte, dem es selbst im Traume nicht eingefallen war, etwas von den Menschen zu wollen, die sich unter ihm nach ärmlichem Gewinne gierig umhertrieben, der wurde jetzt von ihnen als einer ihres Gleichen angesehen und behandelt, und durfte sich nicht im Widerwillen wegwenden, denn er brauchte sie. Eine solche Empfindung des Lebens, in unserer Zeit! Alexandern war es auch manchmal, als sei in der Welt keine Luft mehr für ihn. Dann schüttelte er diese Beklommenheit wieder von sich und beschäftigte sich auf das Neue mit dem, was man die Angelegenheiten eines Menschen nennt, und woran die Menschen oft selbst die Lust zum Leben verlieren. Alexandern ging es nicht viel besser; die erste Verwirrung in der Wirthschaft war gelöset; aber um so deutlicher sah er überall den Mangel, den der Inspektor ihm übrigens gezeigt haben würde, hätte er ihn nicht von selber gesehen. Dieser wackere Mann sprach mit seinem Herrn nur, um ihm zu sagen, was Alles angeschafft werden müßte. Die Gebäude waren auf allen Gütern so ziemlich wieder in Ordnung: auch das abgebrannte Vorwerk stand schon; aber nun fehlte es an Geräthschaften, die Schaafheerde mußte ergänzt und vor Allem das Zugvieh bedeutend vermehrt werden, da der vernachläßigte Acker, der nur die schlechteste Ernte getragen hatte, einer außergewöhnlich sorgfältigen Bearbeitung bedurfte. Die Summe, welche Herr von Bayer gebracht, hatte nur eben zu dem Bau und den Ausbesserungen an den übrigen Vorwerken hingereicht, und Alexander mußte sich, wenn gleich mit schwerem Herzen, entschließen, eine bedeutende Menge Holz zu verkaufen, welches zu dem Bau einer Fabrik in einer der benachbarten Städte im nächsten Frühling gebraucht und den Winter hindurch gefällt werden sollte. Dadurch war zwar der augenblicklichen Verlegenheit abgeholfen, aber auch für mehrere Jahre ein Ausfall in den Einnahmen entstanden, wenn man den Forst erhalten wollte. So sah Alexander in düsterer Stimmung den Sommer vergehen; aber auch Edgar hatte ihn nur geräuschvoll verlebt. Mit guten Empfehlungsbriefen versehen, war er noch früh genug gekommen, um vor der Sommerauswanderung noch die beste Gesellschaft von Paris kennen zu lernen. Späterhin wurde er auf das Land eingeladen und machte auch hier wie überall Eindrücke, die er keineswegs unbenutzt ließ, um Hortensen treu zu bleiben. Er schien sich im Gegentheile zu irgend einer neuen Neigung zwingen zu wollen; man hätte glauben sollen, er suche irgend etwas in seinem Innern zu betäuben. Es gelang ihm aber weder das eine noch das andere; er konnte sich bei den reizendsten Frauen nicht selber betrügen; oft verließ er stürmisch den glänzenden Saal, irrte in dem Garten umher, und die dumpfe Unruhe wühlte in seiner Brust, wie die Thiere Nachts unter der Erde arbeiten. Und immer wieder drängte Mathilde sich ihm auf, wie sie sich bewegte, still auf ihn horchte, oder ihn mit dem Blick ihrer jungen Liebe ansah. »Man sollte glauben, ich liebte sie!« sagte er dann vor sich hin. Dann fuhr er mit der Hand über die Stirne und setzte hinzu: »Thorheit. Ich habe Cornelien nicht geliebt, und dieses einfache Kind sollte mich bezwingen? Nein – nein – es ist der Widerwille gegen das Leben, was mich so rastlos macht. Und doch möcht' ich an Alexanders Stelle sein – um auszuruhen. Weiter nichts – ich liebe sie nicht.« So dachte er, und doch war er bleich, wenn er in den Saal zurückkam; mit kalter Gleichgültigkeit streifte sein Blick über Schönheit und Jugend hin, und er schloß sich an irgend eine Gruppe ernster Männer an und sprach oder hörte vielmehr von Politik.

An Hortense hatte er nur zweimal flüchtig und höflich geschrieben. Er empfand nichts mehr für sie, als ein kaltes Mitleiden, welches ihn verhinderte, mit einem Male mit ihr zu brechen. Die Briefe sollten sie vorbereiten; er selbst wollte dann das entscheidende Wort aussprechen. Sie hatte ihm nicht geantwortet, da er sie nicht darum gebeten hatte; als er aber einen Tag vor dem Beginnen der Herbstübungen in der Residenz wieder eintraf, fand er ein Zettelchen, in welchem sie ihm sagte, daß sie ihn erwarte. Er ging hin; er wollte rasch und entschieden enden. Als er eintrat, kam sie ihm in tiefer Trauer entgegen; in ihren Zügen kämpfte Freude mit Angst. »Was ist geschehen?« fragte er, indem er, wie gebannt, stehen blieb. »Er ist todt!« antwortete Hortense.


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