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IV. Capitel.
Die permische Periode.

Eine neue Zeit ist angebrochen: das Rothliegende und der permische Sandstein wird gebildet. Dies konnte mir geschehen, nachdem der Porphyr gehoben war, der, zertrümmert und zerwaschen, jene Gebirgsschichten hervorrief. Daher der innige Zusammenhang, welcher noch heute zwischen ihnen und dem Porphyr stattfindet. Neben ihrer Bildung begann aber auch die Ablagerung des Kupferschiefergebirges. Kalkige, merglige und sandige Schichten hatten sich abgesetzt. Gegenwärtig finden wir folgendes Verhältniß, wenn alle Verhältnisse allgemein, ideal angeschaut werden. Ueber der Grauwacke der Uebergangsformaüon lagert der Kohlenkalkstein; dann folgt die Kohlenformation mit ihren Steinkohlenflötzen, über denen meist ein Kohlenschiefer ruht; über ihm befindet sich das Rothliegende, das Weißliegende, der bituminöse Mergelschiefer, seines Kupfergehaltes wegen auch Kupferschiefer genannt, endlich der Zechstein, ein thoniger, dichter, meist grauer Kalkstein von etwas muscheligem Bruche. Die letzten obersten Glieder bilden Rauhwacke, Rauhstem, Stinkstein, Gyps und Letten oder Mergel. Man kann diese ganze Reihe vom Rothliegenden an als die Zechsteinformation zusammenfassen. Die vielfachen Fischabdrücke in derselben und der Gehalt des Mergelschiefers und Stinkkalks an bituminösen oder harzigen Substanzen beweisen die Ablagerung im Meere und die Einbettung seiner Geschöpfe, welche uns ihre Körpersubstanz in dem Bitumen, ihre Körpergestalt in den Abdrücken erhalten haben. Das gleichzeitige Vorkommen von Steinsalz und Gyps in dieser Formation bestätigt dasselbe.

Auf und an den damaligen deutschen Inseln trat diese ganze Gebirgsbildung nur vereinzelt auf. Dagegen erschien sie in außerordentlicher Mächtigkeit und Vollendung an den russischen Inseln, in dem heutigen Gouvernement Perm. Wenn in Deutschland und England höchstens 400-900 Fuß mächtige, sehr beschränkte Schichten des Rothliegenden, kaum 100 Fuß mächtige des Kupferschiefergebirges auftreten, bedecken sie in Rußland viele Tausend Quadratmeilen, mehr oder weniger in derselben Lagerungsfolge, wie wir sie vorher fanden. Diese außerordentliche Ausdehnung gab dem englischen Geologen Murchison und de Verneuil Gelegenheit, alle diese Gebirgsschichten unter einem einzigen Namen, dem des permischen Systems, zusammenzufassen und die Sandsteinablagerungen den permischen Sandstein zu nennen. In Deutschland sah vorzugsweise sein mittlerer Theil, Thüringen, die neue Gebirgsbildung vor sich gehen, die Inseln des Harzes, des Kyffhäusergebirges, des Mansfelder Gebietes und des Thüringer Waldes umsäumend. Aber auch die Inseln des Rheingebietes, Schlesiens, Böhmens, der Vogesen, die Gegend von Lodève in Frankreich u. s. w. nahmen daran Theil.

Versuchen wir es nun, uns auch diese neu gebildeten Gebirgsschichten im Geiste mit den Gestalten des Pflanzenreichs zu beleben. Wir haben es hier mit großen Schwierigkeiten zu thun, da es nicht gewiß ist, ob die neue Pflanzenschöpfung einer einzigen Periode oder ob sie den verschiedenen angehörte, in denen das Rothliegende, der permische Sandstein, der Zechstein und die Schiefer von Lodève gebildet wurden. Fassen wir jedoch alle diese verschiedenen Zeiträume als die permische Periode in Eins zusammen, um uns den Ueberblick zu erleichtern! Es vereinigt sich Vieles, zu glauben, daß die neue Pflanzenschöpfung wesentlich nicht von der der Steinkohlenzeit abwich wich, sondern nur eine Fortsetzung derselben war. Baumartige Farren, Schachtelhalme (Calamiten), Lepidodendreen, Nöggerathien mit palmenartigem Wüchse, farrenartigen Wedeln und fiederspaltigen Blattrippen erschienen im permischen Sandsteine Rußlands. Besonders aber zeichnen die baumartigen Farren aus der Gattung Psaronius und der Familie der Marattiaceen das Rothliegende aus. In nächster Nähe beherbergt sie das Kysfhäusergebirge in erstaunlicher Schönheit. Nicht allein, daß dasselbe an den meisten Punkten des Rothliegenden mit verkieselten Hölzern noch vor wenigen Jahren völlig übersäet war, findet man noch heute halbe Stämme dieser Baumfarren verkieselt und in den verschiedensten Stellungen im Rothliegenden selbst eingebettet. Das sagt uns, daß diese Stämme bereits vor der Bildung des Rothliegenden lebten, dann in die breiartige Gesteinsmasse eingebettet wurden und hier sich mit Kieselsäure tränkten. In den Schieferschichten von Lodève erscheinen nur Farren, Asterophylliteen und Nadelbäume, im Kupferschiefer von Thüringen nur Farren, Nadelbäume und Seetange; ein Beweis, daß das Kupferschiefergebirge am Meeresufer abgelagert wurde und dieses bereits mit einer dichten Vegetation geziert war. Im Vergleich zu dem Reichthume der Steinkohlenzeit ist diese neue Schöpfung unendlich arm. Das spricht vielleicht am meisten dafür, daß die Zeit des permischen Gebirges das letzte Aufflackern der Steinkohlenperiode war, mit welcher das Reich der Kryptogamen zu Ende ging. In der That herrschten seit der Bildung der Grauwacke nur kryptogamische Algen (Tange), Moose, Flechten, Schachtelhalme und Farren vor; jetzt beginnt eine Zeit, wo sie mehr und mehr zurücktreten und den phanerogamischen Gewächsen die Herrschaft überlassen.

Ehe wir jedoch von dieser langen und für die Gegenwart so wichtig gewordenen Zeitscheide der Steinkohlenpflanzen scheiden, drängen sich uns noch einige Fragen auf, die wir beantworten müssen, wenn wir das volle Verständniß der Steinkohlenbildung, also des Unterganges der Steinkohlenwälder in die nächsten Perioden mit herüber nehmen wollen. Ich habe schon weitläufig gezeigt, daß der Untergang so vieler Pflanzen- und Thierformen nicht von stürmischen Ursachen allein herrühren könne, weil man nicht annehmen kann, daß jeder einzelne Fleck der Erdoberfläche vulkanischen Revolutionen unterworfen war. Wir müssen darum drei sehr verschiedene Ursachen annehmen. Erstens starben die Gewächse der Vorzeit aus, weil auch die Art wie das Individuum stirbt. Zweitens ging ein anderer Theil durch eine Versumpfung und Torfbildung auf ihrem Terrain zu Grunde. Die Ueberreste dieser Wälder finden sich noch heute verkohlt ebenso in diesen ehemaligen Torfen wieder, wie wir noch heute die Ueberreste von Laubwäldern in unsern Mooren finden. Endlich fand der übrige Theil sein Ende allerdings durch stürmische Revolutionen, wobei ein Theil des Landes gehoben wurde, ein anderer sank. Ueber den letzteren brachen die Fluthen des Meeres zusammen und bedeckten ganze Wälder. Aehnliche Ereignisse fanden noch in nächster Nähe in geschichtlicher Zeit statt. So brach z. B. im 13. Jahrhundert das Meer über denjenigen Theil Ostfrieslands herein, der heute als der Dollart bekannt ist, und begrub in Einer Nacht das ganze Land mit 50,000 Menschen. Im 16. Jahrhundert bildete sich ebenso plötzlich der Meerbusen der Jahde, und das Meer begrub 4½ Quadratmeilen Land mit 10,000 Menschen. An der Küste von Peru sank die Stadt Callao durch Erdbeben in das Meer hinab. Daraus folgt, daß die Kohlenflötze nur durch Hilfe des Wassers gebildet sein können. Damit stimmen auch alle Forschungen überein. Bald war es das Süßwasser, welches die Steinkohlenwälder begrub und den Schlamm über sie herbeiführte. Eine solche Bildung hat man eine limnische genannt. Bald war es das Salzwasser des Meeres, welches die Wälder bedeckte und verkohlen ließ. Diese Bildung bezeichnet man als eine paralische. Daher kommt es, daß die Steinkohlenflötze hier durch Süßwassermuscheln, dort durch Meeresthiere charakterisirt sind. »In beiden Fällen«, sagen wir mit Unger, »konnte ein Wechsel verschiedener Land- und Wasserbildungen nur dadurch stattfinden, daß der Marschboden, worauf sich die Steinkohlenvegetation entwickelte, sank, bis er sich durch darüber gelagerte Mineralsubstanzen wieder so weit der Oberfläche des Wassers näherte, daß darauf eine zweite, dritte, vierte u. s. f. Vegetation Platz finden konnte. Nur auf diese Weise ist es erklärlich, daß in den sandigen Zwischenmitteln häufig noch aufrechte Stämme mit ihren Wurzeln gefunden werden, so wie sie einst auf der Oberfläche der Marschen wuchsen, als die Senkung des Bodens erfolgte. Daraus ist ferner auch der Wechsel der verschiedenen Pflanzen zu erklären, die in den verschiedenen Horizonten eines und desselben Flötzes angetroffen werden.« Durch die Ueberschwemmung mußten sich natürlich die Pflanzen allmälig in ihrem Inneren zersetzen, sodaß sich, wie Göppert uns belehrt, nur die Rinde mehr oder minder vollständig erhielt. Diese wurde dann unter Einwirkung von Druck auf nassem Wege in Kohle verwandelt, während das innere Gewebe der Stämme ebenfalls zur Bildung der Flötze als gleichartige Masse beitrug. Die Erhaltung der Rinde erklärt sich aus der Thatsache, daß auch bei noch jetzt lebenden Stämmen das Gewebe derselben am längsten der Fäulniß widersteht. Das beweisen Versuche, welche Göppert an dem baumartigen Aron ( Arum oder Caladium arborescens) anstellte. Derselbe behielt unter Wasser sechs Jahre hindurch seine Rinde vollständig bei, während die Gefäßbündel des Inneren sich vollständig aufgelöst hatten. In diesem Zustande mit Erdschichten bedeckt, würde die Rinde ihre ursprüngliche/Form genau in denselben abgedrückt haben. »So erklärt sich«, berichtet Göppert in seinen interessanten Beobachtungen weiter, »aus dem verschiedenen Fäulnißgrade der Pflanzenstämme vor ihrer Umwandlung in Kohle die sehr verschiedene Erhaltung derselben in den Flötzen. Nur einzelne Gruben bieten Kohlen, von denen jedes Stück als ein Herbarium der Vorwelt zu betrachten ist. Dies gilt von mehren Gruben im Saarbrückner und westphälischen, in Oberschlesien namentlich von dem ganzen Nikolaier Revier, während beispielsweise in der Kohle des Waldenburger Reviers sich die Kohlenpflanzen weit seltener nachweisen lassen.« »Von dem größten Einflüsse bei der Fäulniß der Stämme«, zeigt uns der Genannte endlich, »war neben der Zeit und der Temperatur die Höhe der Wasserschicht, durch welche der Luftzutritt mehr oder minder abgeschlossen wurde.« Macerationen (Einweichungen) von Moosen und Flechten zeigten die Richtigkeit dieser Annahme. Die Flechten zersetzten sich unter einer Wasserschicht von 6-8 Zoll rasch; dagegen erhielten sie sich unter einer Schicht von 12-56 Zoll zwei Jahre lang ziemlich gut. So eingebettet und unter mächtigen Schlammschichten begraben, mußten die Gewächse allmälig zersetzt werden.

Um dies zu verstehen, muß man wissen, wie Pflanzen überhaupt zersetzt werden. Sind dieselben nämlich aus dem Verbande ihres Vegetationsprozesses gerissen, haben sie zu leben aufgehört und sind sie einer feuchten Luft ausgesetzt, welche die Stoffe in ihrem Inneren löslich macht, so tritt bald durch Aufnahme von Sauerstoff aus der Luft eine Gährung ein. Bekanntlich unterscheidet man eine weinige, saure und faule. Die erste entsteht, wenn Zucker unter Abscheidung von Kohlensäure Weingeist bildet, die zweite, wenn der Weingeist durch Aufnahme neuen Sauerstoffs Essigsäure zeugt, die dritte, wenn sich die Pflanzensubstanz vollständig zersetzt. Diese letztere tritt da ein, wo abgestorbene Hölzer der feuchten Luft unterliegen. Dieselben bestehen aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, wie jedes Pflanzengewebe. Die beiden letzten Körper sind darin in dem Verhältniß von Wasser vorhanden. Die Hölzer nehmen jetzt aus der Luft Sauerstoff auf, derselbe verbindet sich mit dem Kohlenstoff zu Kohlensäure, sie entweicht als Gas, und ihrem Verhältniß entsprechend entweicht auch das Wasser. Bei fortgesetzter Zersetzung löst sich der Zellenverband, das Holz verrottet und fällt zu Pulver zusammen. Das ist die Dammerde, welche wir z. B. bei dem Verrotten faulender Bäume in hohlen Weiden, Pappeln u. s. w. sich bilden sehen. Befinden sich die Pflanzen unter Wasser, so wird diese Zersetzung je nach der Temperatur und dem Drucke verzögert, aber nicht verhindert. Das Wasser nimmt Luft und somit Sauerstoff auf, der Sauerstoff tritt ebenso zu dem Kohlenstoff der unter Wasser befindlichen Pflanzentheile und läßt sie auf ähnliche Weise sich zersetzen. Sie zerfallen und bilden somit, da sie sich im Wasser befinden, Schlamm. Derselbe fällt zu Boden und bildet hier die unterste Lage der Moore. So bei der Torfbildung. Aehnlich bei der Braunkohlenbildung. Ging dieselbe auch nicht unter Wasser, sondern unter Erdschichten vor sich, die nichtsdestoweniger durch Regen und Quellen doch feucht gehalten werden mußten, so mußte doch auch hier ein Zersetzungsprozeß stattfinden. Je weniger dieselben noch zerfallen sind, um so weniger sind sie zersetzt und umgekehrt. Die Lignite oder die Hölzer der Braunkohlenlager müssen als die am wenigsten zersetzten angesehen werden. Genau so bei den Steinkohlen. Ihre Bildung ging wie die des Torfes unter Wasser vor sich. Der größte Theil ihrer Gewächse zerfiel zu Dammerde. Sie schlug sich als Schlamm im Wasser nieder und bildet jetzt die structurlose, gleichartige Steinkohlenmasse, die nun durch den ungeheuren Druck der auf ihr lastenden Gebirgsschichten zu einer festen Masse zusammengepreßt wurde. Ist die Zersetzung so weit gegangen, daß aller Wasserstoff und Sauerstoff verflüchtigt wurden und nur der reine Kohlenstoff zurückblieb, dann haben wir den Anthracit. Aber auch die Kohle ist fortwährend noch jetzt einer Zersetzung unterworfen. Das zeigen die sogenannten »schlagenden Wetter« der Steinkohlengruben. Sie bestehen aus Sumpfgas oder Kohlenwasserstoffgas, welches, in Berührung mit Luft und einer hohen Temperatur, z. B. einem Lampenlichte, gebracht, explodirt, d. h. sich unter Knall entzündet und nicht selten jene furchtbaren Erschütterungen hervorbringt, welche schon so oft das Leben Tausender von Bergleuten gefährdeten. Mau weiß, daß sie jetzt durch Davy's Sicherheitslampe ziemlich ungefährlich gemacht sind. Dieselbe beruht darauf, daß das Licht von metallenen Drähten umgeben ist. Diese kühlen als gute Wärmeleiter die zwischen ihnen hindurch strömende Flamme bereits so weit ab, daß die über die Drähte hinaus gehende Temperatur nicht mehr im Stande ist, das Grubengas zu entzünden. Die ganze Kohlenbildung ist mithin ein in der Natur sehr verbreiteter Vorgang. Er findet selbst in allen Wohnungen statt, deren Holz stets feucht gehalten wird. Dadurch entwickelt dasselbe fortwährend Kohlensäure und macht die Wohnungen höchst ungesund, weil die Kohlensäure erstickend auf den Athmungsprozeß der Lungen einwirkt. Das Holz selbst aber vermodert, und oft glaubt man dann den sogenannten Hausschwamm im Hause zu haben. Ein ähnliches Gas ist es auch, welches sich in sumpfigen Gegenden durch einen gleichen Gährungsprozeß absterbender Wasserpflanzen und Wasserthiere bildet und solche Gegenden oft unbewohnbar macht (s. S. 17); umsomehr, je weniger sie bewaldet sind, während im umgekehrten Falle die Waldpflanzen das Kohlensäuregas als ihre herrlichste Nahrung verzehrt haben würden.

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Davy'sche Sicherheitslampe

Um die verschiedenen Structurverhältnisse der Kohlen zu verstehen, muß man auf die künstliche Verkohlung des Holzes in hohen Temperaturen zurückgehen. Wir haben in der neuesten Zeit eine Arbeit von Hausmann in Göttingen hierüber erhalten, welche ein helles Licht auf die Frage wirft. Vor Allem vermindert sich zunächst der Umfang und das specifische Gewicht des Holzes. Dieses erhält mehr oder weniger starke Querrisse; es bilden sich in ihm schalige, den Jahresringen entsprechende Absonderungen. Bei zunehmender Verkohlung verändert sich auch der Querbruch. Bei unvollkommener Verkohlung erscheint, er erdrg und uneben; bei fortgesetzter Steigerung dieses Prozesses verdichtet sich das Holz, der Bruch geht in das Ebene und Flachmuschelige über, um bald daraus, während er anfangs matt war, einen Wachsglanz anzunehmen. »Holzkohlen«, sagt der Genannte, »welche bei metallurgischen Schmelzprozessen unzersetzt durch den Schacht eines Hochofens niedergehen und mit der Schlacke wieder zum Vorschein kommen, haben mehr oder weniger die Eigenschaften des Anthracits angenommen.« Alles das trifft auch bei den natürlichen Braunkohlen zu. Sie besitzen die rechtwinklig auf die Pflanzenfasern stoßenden Querrisse, und zwar um so regelmäßiger, je langsamer die Verkohlung vor sich ging. Damit ist gewöhnlich eine mit Wachsglanz auftretende Glätte verbunden, welche die künstliche Kohle nicht zu zeigen pflegt. »Indem die Holzstämme, welche in den Braunkohlenlagern niedergestreckt sich befinden, mehr oder weniger platt gedrückt sind, so erscheinen die den Jahresringen entsprechenden Absonderungen der Abplattung parallel und werden von Absonderungen, welche den Holzfasern parallel sind, mehr oder weniger rechtwinklig durchschnitten. Bei Stämmen, welche in den Braunkohlenlagern aufgerichtet stehen, verhalten sich diese Absonderungen, die selten so ausgezeichnet als die Querabsonderungen sind, wie diejenigen, welche bei der künstlichen Verkohlung des Holzes entstehen. In Ansehung des Bruches zeigt sich ebenfalls eine mit der Verkohlung fortschreitende Umwandlung. Der erdige Bruch geht in den unebenen und zuletzt in den ebenen und muscheligen über, und in demselben Verhältnisse, in welchem das Dichtwerden zunimmt, wird auch der Glanz verstärkt. Bei der Umwandlung des Holzes in Braunkohle verschwindet die Holztextur immer mehr und mehr; bei der vollkommensten Braunkohle, der Pechkohle, ist beinahe nur Bruch vorhanden.« Durch Austrocknen an der Luft verwandelt sich manche holzförmige Braunkohle in Pechkohle mit muscheligem Bruch und Wachsglanz. Daher erklärt sich nach Hausmann auch das Vorkommen von Pechkohle und Anthracit in der Nähe basaltischer Geschiebe, deren ehemalige vulkanische Temperatur die Braunkohle ohne Zweifel dahin veränderte. Durch noch höhere Temperatur würde selbst der Anthracit in Graphit, wie man es in der That in Grönland in der Nähe vulkanischer Geschiebe beobachtete, verwandelt worden sein.

Die Zersetzung der Kohlenlager kann aber auch noch auf eine andere Weise vor sich gehen, durch unterirdisches Feuer. In diesem Falle tritt eine sogenannte trockene Destillation ein. Ihre Producte sind unter allen Umständen dieselben oder ähnliche, so verschieden auch die Kohlen sein mögen: in unsern Laboratorien Leuchtgas, leichte, als Photogen bekannte Oele, schwere Oele, Eupion, Theer, Paraffin, Asphalt u. s. w. Die neueste Zeit hat dies benutzt und beginnt eben, die großartigsten Fabriken auf diese Producte zu gründen und der Völkerwirthschaft eine neue Fundgrube des Wohlstandes zu eröffnen. Leuchtgas, leichte Oele und Paraffin in alabasterweißen Kerzen dienen bereits zur Erleuchtung und werden allmälig den Oelfrüchten ein großes Areal zur ausgedehnteren Cultur unserer Getreidefrüchte entreißen. Schwere Oele werden zu Wagenschmiere und herrlicher Druckerschwärze, Eupion zur Auflösung des Kautschuk und diese Auflösung zur Verfertigung wasserdichter Zeuge, Asphalt zu Pflaster oder zur Bereitung von Lacken u. s. w. verwendet werden. Herrliche Farben auf Seide und andere Zeuge werden sich als Nebenproducte daraus darstellen lassen und selbst Parfümeriewaaren, wie das künstliche Bittermandelöl, schließen sich daran. Kurz, eine Menge von Producten wird die Industrie aus den bisher aufgespeicherten urweltlichen Gewächsen als die schönsten Goldkörner herausarbeiten. So viel indeß nur zum Verständniß der natürlichen Verhältnisse. Wie der Chemiker verfährt, hat die Natur schon seit Jahrtausenden gehandelt und destillirt. Ihre Retorte ist der Schooß der Erde, ihr Heerd das unterirdische Feuer, ihr Kühlapparat sind die höher gelegenen Erdschichten und die Producte dieser trockenen Destillation: Naphtha oder Erdöl oder Steinöl, Elaterit oder Erdpech, Asphalt, Ozokerit u. s. w., Producte, die nicht selten von großer industrieller Bedeutung wurden. Es ist darum vielleicht hier der schicklichste Ort, wenn auch nur kurz, anzudeuten, wie unser ganzes Jahrhundert seine ungeheuren Fortschritte der Industrie, des Reichthums und der Bildung vorzugsweise den Kohlen der Vorwelt verdankt. So viel Licht nach vieltausendjähriger Nacht!

In der That, der ungemeine Erfindungsgeist der Gegenwart, welcher für alle Arten mechanischer Thätigkeit geeignete Maschinen hervorrief, um den Menschen allmälig von der Knechtschaft der Händearbeit zu befreien, würde ohne Kohlen ein Geist ohne Fleisch und Bein sein. Durch die Verbrennung eines Scheffels Steinkohlen wird aber in dem Dampfkessel eine Kraft erzeugt, welche in wenigen Minuten 29,000 Gallonen Wasser aus einer Tiefe von 350 Fuß emporhebt. Diese Wirkung würde mit einer gewöhnlichen Handpumpe die ununterbrochene Arbeit von 20 Menschen einen ganzen Tag lang erfordern. Durch Verausgabung von wenigen Groschen kann daher menschliche Arbeit ersetzt werden, welche einige Thaler gekostet haben würde. Dennoch ist dadurch die Nachfrage nach Menschenkräften nicht vermindert; im Gegentheil sind gegenwärtig vielleicht mehr Menschen beim Steinkohlenbergbau allein beschäftigt, als vorher bei allen Bergwerken zusammengenommen angestellt waren. Die mineralischen Schätze der Erde würden ohne die maschinentreibenden Steinkohlen in ihrem alten Nichts versunken geblieben sein. Spinnmaschine, Webmaschine und Eisenbahn, diese größten Wohlthäter der Menschheit, wären ohne die Kohle eine Unmöglichkeit gewesen. Unsere Schiffahrt wäre noch heute die Sklavin der Elemente. Ueberhaupt würde kein einziger großartigerer Vertrieb eines mechanischen Geschäftes bewirkt worden sein, wenn nicht die Dampfmaschine mit Hilfe der Steinkohle ihn ermöglicht hätte. Daß wir uns der Zeit nähern, wo bei fortwährend sinkenden Herstellungskosten und beständig wachsender Production auch der Aermste an den meisten Gütern des Lebens Theil nehmen kann, ist ihr Werk. Daß uns die Erde erschlossen ist in allen ihren, auch den entferntesten Theilen; daß der Raum gleichsam besiegt ist und der Mensch mit den Siebenmeilenstiefeln des alten Mährchens wandert; daß sich die Völker näher gerückt sind, wie sich die Entfernungen verminderten; daß sie sich durch den leichteren Austausch immer mehr verbrüderten und dem großen Ideale des Friedens näherten – das Alles haben die Steinkohlen gethan. War es irgendwo an seiner Stelle, dieser Großthaten des Kohlenstoffs zu gedenken, so war es hier, wo wir eben noch an den frischen Gräbern jener Wälder stehen, deren Gebeine in unserem Jahrhundert ihre schönste Auferstehung feiern, und unser Zeitalter zur Periode des Kohlenstoffs gemacht haben. Ueberhaupt kann man nicht genug darauf Hinweisen, die Natur auch in diesem Lichte, in ihrem großartigen Wechselverhältnisse zum Menschen anzuschauen. Natur- und Völkerhaushalt sind von Anfang an so eng mit einander verbunden, daß es die Natur erst lebendig machen heißt, wenn der wissenschaftliche Blick sich fortwährend zu diesem großen kosmischen Wechselleben erhebt, in welchem der Mensch, ein Kind der Natur, seine herrlichsten Triumphe darin findet, durch friedliche Thaten den alten Zwiespalt seines Geschlechtes auszugleichen, um wahrhaft frei zu sein.


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