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Die Ferne ruft …

Als Friedel Körner zum Sonnwendtreffen auf den Greiffenstein zog, ahnte er freilich nicht, daß diese Wandertage eine Entscheidung für mehr denn ein Jahr seines Lebens anbahnen würden; sonst hätte er aus dem zuckenden Flammenspiel der Sonnwendfeuer unter dem dunklen Doppelturm der ragenden Ruine Rätselrunen zu lesen vermocht von abenteuerlicher Fernfahrt nach unbekanntem Land und Meer.

So aber war er lediglich erheblich müde, wie die andern, und schnarchte bald mit den Kameraden um die Wette in der geräumigen Feldscheune am Dorfausgang.

Friedel, der Sohn des Hallenser Professors der Zoologie Körner, hatte einer Einladung Folge geleistet und seine Ferien bei Verwandten in der Nähe von Wetzlar verbringen wollen. Kaum angelangt, war er aber von seinem Vetter Hammann breitgeschlagen worden, am nächsten Tag auf den Greiffenstein mitzukommen. So fand er sich urplötzlich in dem Kreis jugendfrischer Pfadfinder, die sich hier auf einer der größten Ruinen Westdeutschlands, wenn auch des Ferienanfangs wegen mit etwas Verspätung, ein Sonnwendtreffen gaben. Von Wellburg, Wetzlar, Gießen waren sie gekommen. Dazu die Schar jungdeutscher Bündler von der Dillenburger Penne. Mit diesen wollte Friedel am nächsten Morgen gemeinsam nordwärts über den Westerwald streifen, während die andern den ringwallgezeichneten, von fernher grüßenden Dünsberg zum Wanderziel erkoren hatten. Die aufgehende Sonne sah die ganze Bande schon am Brunnen; Strohlagerschlaf ist selten tief. Dann zogen bald die einen zu Tal, die andern mit der Greiffensteiner Schweineherde zugleich über die Trift dem Waldsaum zu.

Mit glanzfrohen Augen trank Friedel, der Großstadtjunge, die Frische des Julimorgens in sich. Und träumte in die Fernenklarheit der Frühe hinein …

»Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
Den schickt er in die weite Welt,
Dem will er seine Wunder weisen
In Berg und Tal und Wald und Feld …«

Wie im Gleichschritt schwang die Weise neben ihm und tief im Herzen, daß die Lippen sie unwillkürlich zu summen begannen. Die grunzenden Begleiter blieben auf der Trift vor dem Walde zurück; still ward es; geräuschlos schritt der Fuß auf nadelbedecktem Pfad. Harzduft durchwürzte die Frühe. Das Düster endloser Tannenbestände raunte zu Seiten sein Rätsellied. Waldwiesen blühten auf. Tausendfach übereinandergeschichtet starrten die kantigen Säulen einst glühenden Basaltes aus den Brüchen zwischen den Stämmen des Hochwaldes hindurch. Die Talfeste Beilstein legte sich an den Weg. Als die Schar in Driedorf um die verlassene und zerfallene Wasserburg schwärmte, stand die Sonne schon hoch. Aber munter ging's weiter, die Höhen lockten, auf denen die dunklen Schutzhecken wachen gegen den Nordost und den Schnee. Durch spärliche Heide schlängelte sich der Pfad quer über die Triften. In der Mulde unter dem Bardenstein blitzte der klare Spiegel des Heisterberger Weihers auf. Das lockte doch unbezwingbar. Im Nu tummelte sich die ganze Gesellschaft im Wasser. Schlanke und sehnige Kerle fast alle; frische Jugend mit Glanz in den Augen. Friedel jubelte: das war sein Element, Schwimmen seine ganze Wonne.

»Wettschwimmen!« »Allemal!« Keiner blieb dahinten … Ordnen … Weisung … »Achtung – Los!« Nichts unterbrach die Stille des Mittags, als das Plätschern des Wassers und das Keuchen der Schwimmer.

Friedel sah sich mit Genugtuung die andern überholen. Wäre auch noch schöner, wenn man von der Saale hellem Strande käme und könnte dann nicht schwimmen! Aber da fühlte er, wie ihm ein anderer plötzlich aufkam. Jetzt hatte er die gleiche Höhe. War ein braungebranntes Jungengesicht mit blitzblauen Augen und strohblondem Haar. Friedel legte noch mehr Behendigkeit und Wucht in seine Stöße; aber der andere gewann Raum … Nanu, wie schwamm denn der überhaupt? Warf sich geschmeidig mit einer Schulter nach der andern vor, rechts, links, ohne abzusetzen, als finge er entgegenkommende Wellen ab. So berechnet erschien jede Bewegung des sehnigen Körpers. Friedel gab sein Letztes her. Die beiden waren den andern um ganze Längen voraus. Aber nicht Friedel zwang den Sieg. Der Blonde mit den blauen Augen überschoß als erster die Marke, warf sich auf den Rücken und ließ sich ohne Bewegung ausruhend treiben.

»Heil, Samoaner!« jubelten die jungdeutschen Bündler. Friedel, der ohne Neid den andern siegen gesehen – der Kerl konnte es wirklich besser! –, tat sich fragend um unter der ans Ufer patschenden Schar: »Wer ist das denn, den ihr da Samoaner nennt?« Die Dillenburger aber waren ob seines Sieges so im Dreh, daß von ihnen keine vernünftige Antwort zu bekommen war. Und auf der Wiese am Weiher hob ein Tollen und Jagen an, daß Friedel jeden Versuch aufgab und sich vorerst selber beeilte, sich durch Bewegung – abzutrocknen. Aber seine Aufmerksamkeit blieb wach. Er ließ den Jungen nicht aus den Augen.

Als später die Runde, auf der schroffen Kuppe des Bardensteins mit ihren Wanderstäben malerisch zwischen die Felsen gelagert, den alten Sagen lauschte, die den Felsen umwittern, und von vorgeschichtlichen Zeiten erzählen hörte, in denen die Vorfahren hier mühselig um die Berglehne ihre Rundäcker zogen, während in versumpften Tälern noch der Wisent über Moorgrund schritt und deutsche Jungen Eschenschäfte zu Speeren sich schnitzten um dem Bär zu Leibe zu gehen, der drunten in den Kalkschluchten der Erdbach hauste.

Da beobachtete Friedel, wie des »Samoaners« blaue Augen keinen Blick lang den Erzählenden losließen keiner folgte so aufmerksam mit lebendigstem Mienenspiel, als eben er. Aber der Vetter Hans Hammann belegte Friedel auch auf dem Weitermarsch so mit Beschlag, daß er sich das Forschen danach, was es mit dem Samoaner auf sich hatte, vorerst versagen mußte. Auch der Wanderweg mit seinen Bildern lenkte ab. Solch eine Gegend war Friedel noch völlig fremd. Nie bisher kam er ins Reich der »langen Dächer«. In der Weite ringsum, die nur ferne Tannensäume begrenzten, kuschte sich voraus ein einsames Dorf. Wie ängstliche Küchlein duckten sich die niedrigen Bauernhäuser um das klotzige Kirchlein. »Rabenscheid« stand auf dem Ortsschild. Die Dillenburger standen schon am Brunnen und faßten über der Viehtränke Kochwasser in ihre Geschirre. Mit Gesang und Gleichschritt ging es flott die nächste Lehne hinan, durch die Schutzhecke hindurch. »Abkochen!«

Unter breitästigen, einzelstehenden und bis in Manneshöhe wie mit dem Messer scharf von den hier Sommer um Sommer grasenden Rinderherden abgeweideten Buchen prasselten bald die Feuer. Friedel war überrascht, mit welcher Behendigkeit und Ordnung die jungdeutschen Bündler sich gegenseitig halfen und sorgten, daß die jüngeren und kleineren mit ihren Kochtöpfen zustande kamen. Gemeinschaftsgeist lebte in diesem Kreis, Selbstzucht und eine unbändige Fröhlichkeit. Doch selbst im Scherz blieb noch ein Unterton von Stolz. Derweilen Riebele-, Pilz-, Königin-, Nudel-, Erbsen- und andere Würfelsuppen protzelten, neckten sich die Jungen beim Auspacken ihrer übrigen Schätze voll Übermut.

»Hauswurst gefällig?« begann ein langer Laban von neuem, der nur so Von Witzen sprühte, die doppelt wirkten bei den linkischen, staaksigen Bewegungen seiner erheblichen Untertanen. Sein elterlicher Schlächterladen schien ausgiebig auf seinen Rucksack abgefärbt zu haben. Trug der Kerl doch plötzlich eine große Wurst um den Hals gehängt wie einen Orden, verbeugte sich mit komischem Kratzfuß und legte mit stimmsicherer Nachahmung eines Jahrmarktausrufers los:

»Herr … schaf … ten! Kommen Sie rein! Zittern Sie nicht so, es tut gar nicht … weh aber Sie können hier sehen … das Neueste vom Neuen. Bezwingen Sie derweil man ruhig Ihren Kohldampf, denn dies dicke Ende kommt erst hinterher!« Er hüpft umher wie ein Zirkusonkel, die Wurst hüpft mit. Ihr Besitz sticht ihn wie den Gaul der Hafer. »Machst ja Augen wie Spiegeleier, Alfred; abwarten, mein Junge! Erst die Menag erie, dann die Menage, also menagiere dich! Meine Herrn! Sie können hier sehen« – eine Handbewegung im ganzen nahen Rund – »die modernste Menasch erie. Und darinnen zu allervorderscht können Se begucken den Kenig der Wieste, der wo ›Leeve‹ heißt. ›Leeve‹ heißt er, denn warum? Wer's rät, kriegt's billiger. Also raten Se! Denn warum … denn warum heißt er ›Leeve‹? Na, weil er doch durch die Wieste ›leeft‹!« Lachen übertönt das Knackern der Kochfeuer. – »Und hier sehen Sie den Tiger« – wieder die nötige Fratze und hoheitsvolle Armbewegung –, »so heißt er. Denn warum? Wer's rät, kriegt Rabatt, dreißig Prozent fünfzig Prozent. Nanu? Wieder keiner? Denn warum? heißt er Tiger, weil er noch gewal– tiger leeft als der Leeve.«

»Mensch, mach's nicht zu arg.«

»Halte dich am Geländer, Hans, wann's dir zuviel wird. Wir gehen weiter, meine Herrschaften. Hier können Sie sehen – die Hyäne! Ein furchtbar grausliches Raubtier, zittern Sie wiederum nicht, sie ist im Käfig, hat auch keine Zähne mehr. Aber – warum heißt sie Hyäne? Ja, warum? Wer's rät, kriegt das Eintrittsgeld heraus! Da staunt der Laie und der Fachmann grunzt. Warum also heißt sie Hiäne? Sie leeft auch durch die Wieste, aber sie heißt trotzdem nicht Leere, sondern Hieene?! – denn es leeft ›hie eene‹ und dort eene!«

»Her mit der Wurscht, Kerl, oder wir greifen an.«

»Geduld, meine Herrschaften, ich wollte Ihnen noch zeigen die Riesenschlange, sie mißt vom Kopf bis zum Schwanz dreizehn Meter und vom Schwanz bis zum Kopf vierzehn Meter! Sie verschlingt Heuschrecken und Kamele, Mohrenköpfe und Elefanten. Meine Herrschaften! Und dann der große Moment –«

»Schluß!« ruft hell und warnend die Stimme des »Samoaners«. Der Zirkusonkel kriegt einen roten Kopf und lenkt gewandt ab.

»… der große Moment der Verwandlungskunst. Hier nämlich sehen Sie ein – Schweinchen. Nehmen Sie ›mehr‹, so sind's ›Meer‹schweinchen! Und als deren beste Seite, etwa: Hauswurst gefällig?«

» Hanswurst vorhanden!« tönt's ihm vom schwerkauenden Alfred entgegen. Worüber mehr gelacht wird, ist schlecht auszumachen. Aber der Gütliche teilt wirklich die Wurst. Doch bleibt ihm in Anbetracht seiner Leistung ihr größter Zipfel.

So kurz der Zwischenruf des Samoaners war, Friedel hatte deutlich gefühlt, daß ein Wille in ihm lag, dem sich der andere sofort unterordnete. Und wieder beobachtet er fragend diesen braungebrannten Jungen, um den für ihn ein Geheimnis schwebt.

Die Feuer verglosten. Jeder sucht den Schatten der nahen Schutzhecke, um »ein Auge voll« zu mulschen. Auf dem harten Boden unter den Buchen pennt sich's zu schlecht. Aber es wird auch so kein Schlafen. Nur ein Träumen; sorgenledig in Heide und Himmel hinein. Zwischendurch langt's zu ein paar Himbeeren, die auf dem alten Windbruch üppig wuchern. Dann die Hände unter den Kopf und die Augen ins Blau des Himmels und der Ferne getaucht. Und nun still. Daß der Atem der Natur ringsum wach wird und ihr Pulsen das eigene Blut mitschwingen läßt. So sommersonnenselig träumt man nur als Junge!

Leis zittert die Luft über dem sanften Hang des Fuchskanten, der sich zum moorigen Grund senkt, über dem die Heide üppig wuchert. Im Trieschland zu Seiten lebt die träge Bewegung brauner Rinderherden. Kiebitze stoßen mit schrillem Schrei aus dem Moor. Zierliche Bekassinen netzen sich an den brachigen Pfützen, um die allein zwischen Binsen ein saftiges Gras wächst. Die fernen Schutzhecken im Sattel zwischen den Hängen, aus dem das müde Rinnsal sich quält, das den Grund versumpft, umspinnt wie ihre ragenden Schwestern auf der Höhe der blaue Duft des sonndurchgluteten Nachmittags.

Hoch in den Lüften ziehen zwei Bussarde ihre Kreise, wie die weißen, berggeformten Wolken ihre Bahn. Weiße Wolken, mit denen so manches Wünschen und Sehnen reist, das aus Menschenaugen zu ihnen aufsteigt. Auch aus Jungenherzen. Still träumt das Land. Selten murrt einzig ein Brüllen des weidenden Herdenviehs durch das Meer von Sonne.

Hinter sich hört Friedel zwei der Träumer flüstern. Einer muß der »Samoaner« sein. Er redet von Palmen und Meeresbrandung. Ein Papier knittert. Leise liest der Junge. Sein Vater schreibt. Der andere scheint ein guter Vertrauter. Jungenlippen formen das Wort: Sehnsucht. Nach ferner Heimat, Eltern, Vaterhaus. »Und wenn ich übers Jahr daheim bin,« fährt er fort, »dann weiß ich schon, geht's umgekehrt. Dann sehne ich mich hierher. Seit ich Deutschland sah, weiß ich nicht, welches mein Vaterland sein wird. Die Insel oder hier …«

» Ubi bene, ibi patria«, tönt es breit und satt hinter einem andern Busch hervor.

»Quatsch.« – »Langsam, Samoaner, ich zitiere alte Römer.« – »Dann haben die eben auch gequatscht.« – »Hoho, wieso?« – »Doch sehr einfach.« – »Na!« – »Wenn's danach ginge, wie du sagst: ›wo mir der Schmerbauch gedeiht, das nenn' ich Vaterland‹, dann hinge ja dein Vaterland davon ab, wie du dich drin fühlst. Es wäre die Krippe des Esels. Paßt sie ihm nicht mehr, so sucht er sich eine andere.« – »Na, und?« – »Gemein wär' das. Vaterland gibt's nur eins. Vaterland ist Schicksal. Blut und Herz machen es aus, aber nicht der Geldbeutel. Und wenn's dem Vaterland dreckig geht, dann schlägt ihm das Herz doppelt treu. Und wenn's leidet, leidet es mit, geht aber nicht stiften.«

»Wer lehrt dich eigentlich so reden wie ein Magister?« Der Samoaner antwortet erst nach einer Weile, aber fest und sicher: »Mein Herz und – ja – mein Vater!«

Nachher, als die Gruppen in eifrigem Geländespiel, schlau pirschend, über den Moorgrund setzten, kriegte Friedel den Jungen zu fassen, dem der Samoaner den Brief vorgelesen, fragte ihn frei heraus nach dem Kameraden und erfuhr endlich: daß der Samoaner vor zwei Jahren, 1911, auf die Penne gekommen sei, grad von Samoa. Dort habe der Vater eine Pflanzung. Ein Bruder sei bei der Marine, die Mutter beim Vater. Beide Söhne in der Südsee geboren und ausgewachsen. Und im nächsten Frühjahr solle Hartmut Stein – so heiße der Samoaner mit richtigem Namen – wieder heim; mit schon erlangter Primareife. »Ein feiner Kerl, du! Ehrlich, anständig und unbedingt treu«, schloß sein Freund. Nun verstand Friedel das Wort von Sehnsucht, Palmen und Meeresbrandung, wußte nun auch, woher der Sieger vom Vormittag seine fremde Kunst haben mochte; so meisterte man wohl die brandende Woge der See dort drunten in Samoa. Friedel fühlte sich unwillkürlich und stark zugleich in die Nähe des Jungen gezwungen, der ihn besiegt.

Die Kuppe mit dem letzten Ziel war erreicht. Aus der Wiese am sanften Nordhang hob sich der wuchtige Quaderbau des Ketzersteins.

Zweifellos, daß hier in altersgrauer Vorzeit opfernde Priester schritten umgeben im Rund von der Versammlung rotblonder, blauäugiger Männer, die der heiligen Handlung schweigend folgten, indes im nahen Wald der Sturm orgelte, über den Himmel zerfetzte Wolken jagten. Nur des Mondes bleiches Licht mochte dann hin und wieder fahl über die düstere Glut des Opferfeuers geschienen, seinen Zauber um Streitäxte und Schilde gelegt und das Opferthing mit feinen Silberfäden umsponnen haben, dessen Mittelpunkt damals schon jener Stein gebildet, der da noch heute hart am Rand der Äcker steht, unmittelbar aus dem Gras einer kleinen Wiese aufstrebend. Riesige Quader sind von schier übermenschlicher Kraft übereinandergetürmt, lasten allein durch ihre Schwere über ein Jahrtausend sicher schon sturmtrotzend aufeinander. Schmale Stufen führen empor. Das weite Rund eines Talkessels tut sich dem Blick auf. Die flache Mulde, über tausend Meter weit allerdings, war einst ein Kratermund, ein Maar. Seine Zeit mag noch vor der des Ketzersteines liegen. Und wiederum späteren Zeiten nach ihm gehören die Neste von Staubecken an und Wasserwerken, die drunten auf Liebenscheid u einst wohl eine ähnliche Wasserburg umschlossen und schützten, wie man sie am Morgen in Driedorf umschwärmt.

Neugierig maßen die Jungen den Umfang der Quader. Zwei lagen im Gras und zeichneten. Andere frönten schon wieder dem unvermeidlichen Futtern. Friedel schaute sich um nach Hartmut Stein und sah ihn oben auf den Steinquadern sitzen und still verloren in den Westen schauen, wo die Höhenlinie wie mit scharfem Schnitt Erde und Himmel trennte. Friedel beobachtete ihn unbemerkt; das geheimnisvoll Fremde an diesem Jungen nahm ihn gefangen. So prägte sich ihm tief dies Bild des scharfgeschnittenen Gesichtes ein, verschönt vom Zwiespalt seiner Farben vom Strohblond der Haare, dem Blau der Augen und dem goldenen Schimmer, den die sinkende Sonne darüber legte, und geadelt von innerer Wärme, die seine Nasenflügel leise beben ließ. »Junge, ich weiß, was du denkst«, ging's Friedel unwillkürlich durch den Sinn.

Da rief einer den Träumenden an. »Na, Samoaner, bei euch müssen sie sich doch beinah heut noch auffressen, gibt's also dort auch solche Betriebe wie den hier?« Dabei schlug er mit dem Wanderstock klingend gegen die Felsen. Hartmut Stein wandte sich mit überlegenem Lächeln um. »Du,« fielen gleich mehrere ein, »erzähl' uns eins von deinen Märchen!« Kaum ausgesprochen, hatte keiner mehr einen andern Gedanken. »Samoaner, ein Märchen!« Er mußte schon öfter erzählt haben, daß alle so dabei waren. Zwar sandte die Sonne schon lange Bergschatten über das Maar, der Abend sank schnell. Aber die Wandergesellen hatten noch Zeit und lagerten sich um den alten Opferstein. Hartmut Stein blieb droben sitzen, suchte die Sonne mit seinen Augen und begann seine fremde Weise.

Die Stimme, die Friedel so hell hatte schwingen, so scharf hatte antworten hören über Tag, klang wie ein Geheimnis in den Abendgluten, das die Sonne über die Schar legte. Klang wie verhalten von Erinnerung und Rätseln.

Die Stimme bannte. Lautlos lauschte der Kreis …

»Nicht weit von meines Vaters Haus ragt unter den Palmen, doppelt so groß als dies Steinmal, ein Königsgrab. Wenn der Wind die Donner der Brandung aufs Meer zutreibt, flüstern die Palmkronen emsig und ewig. Wer ihre Sprache versteht, wie mein alter Va'oa – ihr kennt ihn ja meist –, der vernimmt, wie sie raunen vom größten und edelsten der braunen Söhne der Insel. Das Märchen der Palmen lautet aber so:

.

Es war einmal ein grausamer König. Dem schickte Gott widrigen Wind. Darum trieb sein Doppelboot auf die hohe See, und sie begannen bald zu hungern. Da befahl der König: Holt eine von meinen Frauen herüber von der andern Bootseite, daß wir sie verzehren. Faha, der Krieger, ging und holte Talingo, die einen jungen Säugling an der Brust hielt. Aber als er die Keule hob, sie zu töten, sprang sie mit schrillem Schrei ins Meer und versank mit dem Kind. Insgeheim aber tauchte sie unter dem Boot durch und hielt sich, den Kopf über Wasser, unter der Plattform, die beide Bootshälften verbindet, verborgen. Im Boot aber riefen sie: Haie haben beide gefressen. Als es Nacht war, nahm Talingo leise die Ruderpaddel vom Stern des Bootes, dessen Mannschaft den an ihrer Statt erschlagenen Faha verschmauste, setzte ihr Kind auf das breite Ruderblatt, hielt es fest und ließ sich hinaustreiben ins Meer. Und wußte nicht wohin. Vier Tage lang trieb sie, weinte und säugte ihr Kind und wehrte die großen Seevögel ab, die nach dem Kinde mit den Schnäbeln schlugen. Aber einer traf es doch und riß ihm ein Äuglein aus. Am fünften Tage wuchsen Palmen am Horizont auf, fremdes Land; und Talingo – die Vergessene – tauchte, mit letzter Kraft, unter den Brechern der Brandung durch und erreichte Lagune und Strand. Dort fand sie beide, das Kind und seine tote Mutter, am Fuße einer Palme das Ehepaar Tausere Tanga tabu. Sie nahmen den Kleinen als Kind an, denn sie hatten keine. Und nannten ihn Matandua. Das Kind wuchs auf. Aber draußen am Strand scholl oft bitteres Klagen des Nachts, und dann stöhnte das Kind im Schlaf und weinte und rief: O Frau, Frau, wo bist du? Denn es wußte nicht, daß es sie hätte Mutter nennen dürfen. Die Dorfleute neideten aber den Tauseres ihr Glück und Matandua seine Kraft und Schönheit, denn er war edler und herrlicher als alle andern Kinder. Aber wie sehr sie auch die Tausere drückten durch Lasten und Arbeiten, Gott half ihnen, und sie vollendeten zehnmal mehr und Schwereres als alle andern zusammen. Und so sehr seine Altersgenossen Matandua zu schlagen, ja zu töten suchten, sie fingen ihn nicht, denn seine Mutter Talingo half ihm und lockte sie in ihre eigenen Fallen. Nur einmal schien es geglückt. Nach dem Fischfang war Matandua eingeschlafen auf seinem Boot, und sein schlimmster Feind, der Königssohn, nahm ihm die Ruder weg und löste das Halteseil. Da trieb das Boot ins dunkle Meer. Matandua aber schlief. Und es träumte ihm, eine schöne junge Frau säße bei ihm und hielte seine Hand. Und er fragte: ›Wer bist du?‹ ›Talingo‹, antwortete sie, ›bin ich, deine Mutter.‹ Da klopfte ihm das Herz. Und sie erzählte ihm alles von seiner Herkunft und wie er zu Tausere gekommen sei. ›Aber nun höre,‹ fuhr sie fort, ›der Königssohn wird bald König sein, denn der Todesbote für seinen Vater ist schon übers Meer gekommen, dann aber wird jener dich umbringen. Fliehe deshalb, hole noch heute nacht die lieben Leute, deren Kind du vor den andern warst und bleiben sollst, und fahrt fort nach einer andern Insel. Wach auf, mein Sohn, und fliehe!‹ Als Matandua aufwachte, sah er nichts, und die Nacht war dunkel. Aber das Steuerruder am Boot fing an sich zu bewegen, hin und her, und er begriff. Und gebrauchte es wie ein Paddelruder zum Wriggen. Doch flog das Boot wie unter einem Segel davon. ›Wieder hilft mir meine Mutter,‹ dachte Matandua. Er erreichte das Land und floh noch in der gleichen Nacht mit den Tauseres wieder auf die hohe See. Und erzählte ihnen alles, auch von seiner Mutter. Als sie aber weinten, tröstete er sie: ›Ich habe euch immer und ewig lieb.‹

Als nach Tagen endlich hohe grüne Berge sie schon von weitem lockten und eine weiße Brandung in Sicht kam, freuten sie sich sehr. Aber sie wußten nicht, wie sie durch das Riff gelangen sollten. Denn sie waren landfremd. Da kam ein kleiner grüner Vogel mit weißer Brust, der flog voraus und führte das Boot sicher durch den Riffeinlaß in die nächste Bucht. Aber alle Hütten zwischen den Palmen und Brotfruchtbäumen am Strand waren leer und ausgestorben. Und den beiden Alten wurde es angst im menschenleeren Lande. Doch auf einmal stieß der grüne Vogel mit schrillem Schrei in die Höhe und flog auf ein Dickicht zu. Dort trafen sie ausgehungerte, müde, greisenhafte Männer, die um einen Sterbenden hockten. Als der aber den Vogel sah, stöhnte er auf und schäumte: ›Jagt sie weg, ich habe dich ja nicht getötet, Talingoz was willst du von mir? Gnade, ich bin ein schwacher Mann.‹ Da erkannte ihn Matandua nach dem Traum seiner Mutter und wußte, daß es sein Vater war. Aber er tötete ihn nicht, denn Gott nahm es ihm ab. Als aber die Männer hörten, wer er sei, fielen sie nieder und gelobten ihm Treue und rieten ihm: Fliehe! ›Warum denn?‹ fragte er. ›Soll ich euer König sein, so werde ich auch nicht fliehen. Ein König flieht nicht. Aber sagt, was ist.‹ Da erzählten sie ihm, daß ein furchtbarer Meerriese, der in Apolima hause, die ganze Insel entvölkert habe. Niemand wage das Feld zu bestellen, und alle stürben Hungers. ›Ich werde ihn töten-, antwortete Matandua. Und er suchte den Riesen auf, als er wieder beutegierig ins Land fiel, schlug ihm mit dem Speer die Kniefesseln durch, indes das grünseidige Vöglein dem Riesen ins Antlitz flog und ihm nach den Augen hackte, daß er nicht sehen konnte. So ward Matandua der Retter seiner Heimat und ihr König. Denn er war des Königs Sohn. Aus allen Schluchten und Höhlen kamen die Bewohner der Insel wieder hervor, und Matandua fand einen treuen Freund, Kalofanga, der ihm schwur: ›Mein Auge soll dein Wächter, mein Arm deine Keule und mein Leib dein Schild sein.‹ Dann nahm er Tanki, ›die Frohe‹, das schönste Mädchen der Insel, zur Frau. Immer hatte er nur die eine. Und er wußte, warum. Denn als seine Stiefmutter zu ihm sagte: ›Nimm dir doch mehrere, damit du mehr deiner Lieblingsspeise Tapa gemacht bekommst!‹ schüttelte er den Kopf und lachte: ›Tapa ist schön, aber Ruhe und Frieden sind besser.‹

So lebte er lange und ward hochbetagt. Da begehrte er noch einmal nach der Insel zu fahren, deren Strand seiner Mutter Talingo Grab bedeckte. Und in der Nacht, ehe sie wieder zurückfuhren, erschien ihm Talingo zum letztenmal im Traum, nicht traurig wie sonst, sondern fröhlich und heiter, und sie winkte ihm schweigend.

Kalofanga neben ihm fuhr in die Höhe, als er den König leise sprechen hörte: ›Lebe wohl, Kalofanga! Ich muß jetzt gehen, Talingo hat mir gewinkt.‹ Mein Herr redet im Schlaf, dachte er. Doch als der Morgen kam, lag der König mit glücklichem Lächeln und war tot.

Da betteten sie ihren König ins Boot auf Sand von seiner Mutter Grab. Und als Kalofanga sich noch einmal über ihn beugte, ihm die Hände zu küssen, sank er wortlos an seiner Seite nieder; getötet vom Schmerz um seinen Herrn.

So fuhren sie mit beiden nach der Heimat. Und beide ruhen nahe dem Riffeinlaß, durch den den Königssohn einst das Vöglein führte, unter den Palmen im Königsgrab. Und Brandung und Wind singen ihnen ihr ewiges Lied …«

Hartmut Stein schwieg. Die andern auch. Dann setzte er noch mit einem rührenden Lächeln, dessen Schmerz Friedel wohl sah, hinzu:

»Und nach jenem Riffeinlaß heißt meines Vaters Bucht und Pflanzung Mua'va. Unfern in dem Palmenwäldchen ragen die Quader, ruht Matandua.«

Die Sonne war hinter den Bergen drunten, die unterschiedslos und scharf und dunkel sich gegen glühende Wolkenbänke hoben.

Schweigend brach die Schar zum Heimmarsch auf. – Irgendwo klangen noch Herdenglocken. Irgendwo eine verwehte Hirtenweise auf klagender Flöte. Dann ging's durch Weißenberg zur großen Straße und in flottem Marsch bergab. Zu Seiten krochen die weißen Nebel aus dem Tälchen. Irgendwo fern glühten die warmen Lichter eines Dorfes.

Vorne sangen die ersten Gruppen der Jungdeutschem »Mein Vater war ein Wandersmann und mir steckt's auch im Blut.«

»Herab von den Bergen zu Tale!« hallte es von den Wetzlarern ins erneute Schweigen. Bis sich die Jungdeutschen alle zum forschen Takt ihres Lieblingsliedes zusammenfanden: »Heraus, heraus die Klingen!«, daß die Felsen und nachtdunklen Täler es widerhallten:

»Der Teufel soll versinken,
Die Männlichkeit soll blinken,
Das Deutsche Reich bestehn,
Bis Erd' und All vergehn.«

Im Rücken der Schar glühte noch immer der Himmel. Matter und leiser. Sterne blinkten schon im Osten. Und während der blonde Samoaner sich oft noch umwandte und mit weit spähenden Augen das letzte Licht über die Berge geleitete, das nun Vater und Mutter daheim in Mua'ava zu strahlen begann, schritt Friedel Körner schweigsam an seiner Seite und träumte in den Farben und Bildern des Märchens, das der Kamerad erzählt, einen neuen tiefen Jungentraum von Fernensehnsucht und Entdeckerfreuden. Geheimnisse und Rätsel ferner Inselwelten Südseevölker begannen ihn m ihren Bannkreis zu zwingen, ihm selber noch kaum bewußt.

Neben sich aber hörte er wieder die Weise, die ihm des Morgens den Tag eingeläutet: »Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt.« …

In die weite Welt!

Wie das nachsang im Herzen!

Und weitersang neben ihm her! Erstaunten Auges ward er wach vom Träumen. Das Lied klang wirklich. Trotzig und hell sang's einer hinaus und fang sich das Herz mit ihm frei von allem Zagen und Sehnen:

»Der Erd' und Himmel will erhalten,
Hat auch mein' Sach' aufs best' bestellt!«

Einer nur war es, der sang: der Samoaner. Zuletzt erst fiel ein zweiter leise ein: Friedel.

Singend schwang sich der Ton über den Marschtritt der Menschen und durch die Nebel der Nacht.

*

Die Ferientage schwanden für Friedel schnell. Aber die Sehnsucht, die ihm der Märchenabend am Ketzerstein in die Seele gelegt, erfaßte ihn Tag um Tag mit stärkerer Glut. Zu Hartmut Stein war er bald hingefahren und hatte sich Phantasie und Herz mit neuen Farben und Träumen gefüllt.

Doppelt verwunderlich angesichts dieses Verkehrs, daß er, als eines Morgens ein Brief seines Vaters ihn vorzeitig zurückrief aus den Ferien, singend frohen Herzens abfuhr.

Aber es hatte etwas dringestanden in dem Brief, das seine Einbildungskraft die Verwirklichung kühnster Pläne nahe sehen ließ. »Leider muß ich Dich, mein lieber Junge«, so schrieb der Vater zur Begründung der Ferienunterbrechung, »bitten, heimzukommen, damit wir die wenigen Wochen, die ich noch in Deutschland bin, wenigstens noch zusammen verleben können. Das Reichsmarineamt hat mich nämlich eingeladen, an einer Expedition für Tiefseeforschung in die Antarktis und den Stillen Ozean teilzunehmen, die schon Ende August Kiel verlassen soll.«

Da muß ich mit! Da muß ich mit! jubelte es in Friedel. Wußte er doch, daß der Vater ihn, den seit Jahren mutterlosen, einzigen Jungen nur sehr ungern verließe, so daß er hoffen durfte, hoffen – ach, es war ja nicht auszudenken!

Es fand sich Wasser genug für diesen schäumenden Wein. Der erste jugendlich stürmische Anlauf, des Vaters Erlaubnis zur Mitfahrt zu erhalten, mißlang vollständig. Vater Körner sah in seines Jungen Bitte den selbstverständlichen Wunsch, wie ihn jeder Junge mal geäußert hätte bei solcher Gelegenheit, glaubte, in ein paar Tagen sei der »Raptus« verflogen und wies nicht ohne Gewicht darauf hin, daß Friedel doch ganz ohne Zweifel vor Michaelis kein Examen machen könne, während der »Pinguin« doch schon am 27. August, wie nun feststehe, auslaufen werde; also könne schon deshalb nichts aus den Plänen werden. Friedel gab den Kampf nicht auf. Der Einwand mit der Michaelis-Prüfung freilich war nicht aus der Welt zu schaffen. Und dennoch unterlief der Junge seine ausschlaggebende Wichtigkeit und legte dem Vater nach zwei Wochen, in denen er eifrigen Briefwechsel gepflogen, einen fertigen Plan vor. Professor Körner staunte und begann den Jungen ernst zu nehmen. Erwachte da schon so früh ein Forschertrieb?

Der Reiseweg des »Pinguin« sollte gehen über Kapstadt-Sundastraße nach den Karolinen–Samoa-Inseln–Tanga Graben–Paumotou und heim über Kap Horn. Im April etwa konnte der erste Teil der Aufgabe abgewickelt sein, sodaß die Sommermonate 1914 für die Forschungen im eigentlichen Gebiet Polynesiens zur Verfügung standen. Darauf fußend, hatte Friedel vorgeschlagen: Fahre du mit dem »Pinguin«, ich mache mein Examen und komme dir danach entgegen, so daß ich dich März-April in Samoa treffe. Dann würde er etwa um die Jahreswende Deutschland zu verlassen haben und den Weg über Neuyork – San Franzisko nehmen, um dann später mit dem Vater den letzten Teil von dessen Reise gemeinsam zu machen. Alle möglichen Hindernisse hatte Friedel bereits aus dem Wege zu räumen versucht. Von seinem Oheim, dem Hamburger Reeder Merten, lag schon die Einwilligung vor, seinen um ein Jahr fast älteren Jungen Horst mitziehen zu lassen. »Ist den jungen Dächsen sehr gesund, wenn sie bei solcher Gelegenheit mal ausgiebig auf möglichst eigene Beine gestellt sind und Augen und Ellbogen gebrauchen lernen, ein guter Prüfstein, ob in einem Kerl was steckt, das dann die Ausbildung lohnt.« Professor Körner überlegte lange. Der letzte Satz des Schwagers namentlich regte einen Gedanken bei ihm an. Gegen Horst als Begleiter hatte er nichts einzuwenden, im Gegenteil, der nüchterne, praktische Bursch würde nur eine gute Ergänzung zu Friedels Eigenart bedeuten. Und auch, daß sein Schwager sich anheischig machte, den zwei Jungen bei einem ihm bekannten Herrn von der Südsee-Handels- und Plantagen-Gesellschaft, der die samoanische Pflanzung Mulifanua verwaltete, Quartier zu machen für die Wochen ihrer samoanischen Streifen, war ihm nicht unwillkommen. Lieber freilich hätte er es noch gesehen, wenn der junge Stein, von dem Friedel so begeistert sprach, hätte mit den beiden hinausfahren können. Aber daran war ja nun leider gar nicht zu denken; Hartmut Stein erreichte erst zu Ostern den Abschluß seines Studiums in Deutschland. Aber eben die Wendung in des Schwagers Brief, daß man erst nach solchem Auf-die-Probe-Stellen den Nutzen einer späteren fachwissenschaftlichen Ausbildung gewährleisten könne, gab Vater Körner zu denken.

Die Tage vergingen. Der Abschied kam näher. Da fand Friedel eines Morgens – der Vater las sein letztes Kolleg am Ausgang des Sommersemesters – seinen Plan, wie er ihn dem Vater übergeben, wieder auf dem Tische liegen. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Dann brach er in ein schon beinahe polynesisches Jubelgeschrei aus. Unter dem Plan stand von Vaters Hand:

»Angenommen!

Aber unter einer Bedingung: Ich werde euch zwei Südsee-Seglern gewisse Aufgaben stellen, die schon ihr erfüllen könnt! Wie ihr sie erfüllt, wird mir zeigen, ob ihr so zu beobachten und zu urteilen fähig seid, daß ihr die Erlaubnis zu eurer Weltreise verdient habt. Um was es sich handelt, erfahrt ihr in – Samoa.«


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