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An Bord des »Rossini«; er liegt noch im Trockendock, das Steuer ist abgeschraubt, an den Seiten wird gehämmert und genietet. Einige junge Deutsche rücken an mit Malkästen und Ölstudien (es ist zum Verzweifeln!).

Die Arbeit ist fertig. Kaskaden stürzen donnernd in das Dock, füllen es mit Wasserdampf und Getöse, das Tor geht auf und langsam werden wir aus dem Hafen geschleppt.

Es ist gegen Mitternacht. Wir liegen außerhalb des Hafens ohne Fahrt. Kein Mensch ist mehr an Deck. Wunderbare Nacht. Und mir ist, als wäre ich auf demselben Schiffe, auf dem ich vor zwanzig Jahren nach Neapel gefahren bin. Als wäre die Zeit stillgestanden und läge nichts dazwischen.

Und ist doch viel gestorben, zerrissen, und die Schicksale und Erlebnisse, die mir zustanden, sind auf mich zugekommen. Und viel in mir selbst verdorben und zersprungen: Das Hinausbauenwollen in Geisträume, in abenteuerliche Gebiete, das Hereinholenwollen der Sphären und Welten, das Suchen nach neuen Namen, übermütiges Hinausschreien. Man wird stiller und sucht Reinheit und Klarheit, nicht Geschrei und bunte Erscheinungen. Man verteidigt Art und Wesen und schützt so den Teil des Göttlichen, der einem zukommt. Man bewahrt so eine Ausdrucksweise des Göttlichen, ein Stück seines Wesens und seiner Gestalt vor dem Vergehen. – Die Auslöscher und Gleichmacher schränken die Sprache des Göttlichen ein, stehen im Dienste des Gottverlassenen: der gähnenden Langeweile. –

Bild: Gustav Wolf

An der französischen Küste gegen Marseille zu

 

 

An der Küste der Riviera entlang. Das Wetter ist klar und stürmisch, das Schiff ist schlecht geladen und schlingert. Man hockt eng beisammen an einer schmutzigen, geschützten Stelle mittschiffs. Die Jungen in Windjacken und Ledergamaschen singen den ganzen Tag Studentenlieder, Volkslieder, Hakenkreuzlieder. Abends erzählen sie sich Künstlergeschichten aus Stuttgart, tauschen ihre Kunstmeinungen aus, reden von Speyer und Landenberger. Und der Speyer könne halt doch was, höre ich, das linke Bein an dem Gaul sei halt doch gut gezeichnet, das könne der Landenberger eben nicht. –

An herrlicher Küste entlang: Monaco, Monte Carlo, Nizza abends im Licht. Vorbei an verlassenen, phantastischen, ausgebrannten Felsen. Unfaßbare Freiheit des Meeres!


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