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Toledo. Die Stadt, die man im Traume sieht, mit Mauer, Turm und Tor. Mit Berg und Burg und Fluß und Brücke, mit Kathedrale, Moschee und Synagoge, Markt und Schenke und leichtbewegten Menschen. Heraufgehoben aus dem Lande gegen den glühenden Sonnenball.

Maurische Menschen wohnen in maurischen Häusern, rudern in maurischen Booten über den Fluß. Die Straßenrufe tönen wie die Rufe des Muezzin von der Moschee herab. Maurische Gesichter sind über Damaszener Arbeiten gebeugt.

Und doch ist Toledo die frömmste der Städte Spaniens und »das spanische Rom«. An jedem Tore, durch das man die Stadt betreten kann, steht in großen Lettern: En esta ciudad estan prohibida la mendicidad y la blasfemia.

Bild: Gustav Wolf

Córdoba: Campanario (Puerta del Perdón)

 

 

Unerschöpflich sind die Lebensformen der Kirche, Bau und Gepränge und Geste, und tausendfach verwurzelt in der Lebensart der Menschen, in ihren Trieben und Sehnsüchten. Was hat dem der kühle Kluge entgegenzusehen? Die Kirche lebt sich aus in Bildern, verströmt sich in Greifbares, Sichtbares. Wer solches verschmäht, muß er nicht reinen Geist so spürbar, ja so sichtbar machen können, so drastisch zeigen, daß er dieser Bilderwelt standhält? Muß er nicht so geistesstark sein, daß er das Bild entbehren kann? Alle aber holen nur neue Bilder herein, errichten andere Altäre, bauen Afterkirchen. (So wie Renegatentum keine Überwindung des Nationalen, Konvertitentum keine Überwindung des Konfessionellen bedeutet, so bedeutet das Sich-Abwenden von dem Bilderleben der Kirche nicht dessen Überwindung. Erfüllung, nicht Umgehung des Bildes, würde auf höhere Ebene rücken, würde zu einem Leben durch die Kraft des Geistes befähigen.)

Reize und Charme der Menschen hier sind maurischer Art und Herkunft. Der ritterliche Geist, Sang und Tanz. Auch hier sind die Besiegten die Sieger geblieben.

 

Der amerikanische Architekt, der sich in dieser Stadt verlassen fühlte und in ratloser Hilflosigkeit sich mir angeschlossen hatte, ist jetzt ausgerissen. Noch sehe ich das arme, verzweifelte Gesicht. Die Hitze quälte ihn furchtbar, die Moskitos. Der Schmutz kränkte ihn, das Essen mußte er ausspeien, er war in jammervollem Zustande und mußte doch überlegen und milde herablassend lächeln über dieses Land! Es war zum Steinerweichen!

Bild: Gustav Wolf

Toledo. Puente de S. Martin mit S. Juan de los Reyes

 

 


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