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Bild: Gustav Wolf

Abends am Meere bei Malaga

 

 

Malaga. Nach Regen kühl, feucht und wunderbar blank. Der Himmel ist von Wolkenfetzen befahren, Strahlenkatarakte fallen herab. Aus dem Meere kam ich herein ans Begrenzte, aus dem unendlichen Raume stieß ich an das Feste, kam an den Rand der Erde.

Bild: Gustav Wolf

An der Küste bei Malaga

 

 

Aus Tiefe, Weite und dem Ausströmenden an das Festgegründete, Gebaute, an die Wohnungen, an die Bedingtheiten der Menschen. An Heimeliges und Warmes, auch an Schmutz und Verwesung. Es glüht und brennt, und die Flamme leuchtet. Aber die Aschenhaufen liegen allerorten.

Abends in den Gärten berauschender Duft tropischer Gewächse.

Hatte ich nicht einen schweren Mantel aus Deutschland mitgeschleppt? Wo mag er geblieben sein? Irgendwo ist er liegengeblieben! (Das Geschehen war wieder einmal vernünftiger als ich.)

Bild: Gustav Wolf

Fischer ziehen am Abend ihr Netz aus dem Meere

 

 

Alcazaba: Schutt, Geröll und Kot. In unendlich armseligen Löchern kauern Menschen unter Trümmern. Rudel räudiger Hunde, zerzauster Katzen, Zicklein und Schafe wälzen sich mit nackten Kindern im Kot. Auf hochragenden Mauerstücken hocken Menschen und schlagen mit langen Gerten nach Vögeln, es sieht aus, als ob sie oben am Himmel angeln wollten. Zwischen spielenden Kindern kacken Männer, putzen sich Frauen die Schenkel, melkt man Ziegen. Ein längst erstorbener Ölbaumstrunk steckt noch zwischen Schutt und Blech und blutiger Watte seinen Stumpf hervor. Es stinkt nach Aas und Kot. Die Frauen aber tragen frische Nelken im Haar.

Das blieb von der mächtigen Burg der Mauren. Was Materie geworden ist und sich festgesetzt hat zwischen den Dingen, zerfällt furchtbar. Die Idee allein besteht. Mauern, Städte, Generationen und Kulturen zerfallen zu Schutt und Aas.

Daß wir das Meer haben, das reine Meer, das unbefleckte, ewig junge!

Ich sehe das Gewoge der Geister, das Kommen und Gehen der Anschauung, Triumph und Tod der Bekenntnisse und schreite darüber hinweg. Ist alles Asche und Kadaver. Die stolze Kathedrale mit den grandiosen Massen, Wirkungen und Effekten, ich sehe an ihr schon die nagende Zersetzung.


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