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William Penn

William Penn.

Th. Clarkson's » Memoirs of the private and public life of William Penn« (London, 1812, 2 Bd.).


Wenn auch ein Mann romanischer Nation, Christoph Kolumbus, der Entdecker des neuen Erdtheils Amerika war, so blieb es doch den germanischen Völkern Vorbehalten, die neue Welt für das europäische Kulturleben zu gewinnen. Zwar haben auch ein Cortez und Pizarro sich durch die Kühnheit und Tapferkeit ihrer Eroberungen einen glänzenden Namen erworben, aber ihre blutig gesäeten Thaten konnten keine Früchte des Friedens, keine sittliche Bildung den unterjochten Völkern bringen; ein spanisches Christenthum mit seiner Inquisition und eine spanische Politik mit ihrem Despotismus konnten nur zeitweilig unterjochen, aber nicht kolonisiren. Die nach bürgerlicher und religiöser Freiheit ringenden Engländer, zum Theil auch die stammverwandten geistig freien Deutschen waren es, welche die Freiheit in der neuen Welt gründeten. Unter den großen Namen des 17ten Jahrhunderts, welche an das Werk der Kolonisation erinnern, ist aber der des Gründers von Pennsylvanien, William Penn, einer der ausgezeichnetsten.

William Penn wurde den 14. Oktober 1644 zu London geboren. Er war der Sohn des berühmten englischen Admirals Sir William Penn, der zuerst unter Cromwell, dann unter König Karl II. diente, von dem er zur Belohnung seiner Verdienste den Ritterschlag erhielt. Die großen Anstrengungen hatten jedoch die Gesundheit des wackeren Admirals so geschwächt, daß er sich schon im 46. Jahre seines Lebens in den Privatstand zurückzog. Zu Chigwell in der Grafschaft Essex, wo er ein Landgut besaß, brachte er die meiste Zeit zu, und hier empfing auch sein Sohn William den ersten Unterricht. Da sich aber bald die guten Anlagen des Knaben hervorthaten, schickte ihn der Vater, nachdem er das zwölfte Jahr erreicht, in ein Privatinstitut zu London, wo er so gute Fortschritte machte, daß er schon im 15. Jahre die Universität zu Oxford beziehen konnte.

In Oxford soll sich der junge Penn eben so sehr durch Fleiß wie durch Vorliebe für gymnastische Uebungen ausgezeichnet haben, denn er war von Haus aus sehr gesund und stark. Aber auch schon in dieser frühen Periode seines Lebens trat sein Hang zu ernstem Nachdenken über theologische Fragen, sein Streben nach Wahrheit im Denken und Handeln hervor. Sein allem Schein und Prunk widerstrebendes Wesen, verbunden mit großer sittlicher Kraft und einer Derbheit, die sich dem bloßen Herkommen und der Autorität nicht so leicht fügte – waren ganz geeignet, von der damals entstandenen Sekte der Quäker angezogen zu werden, welche recht eigentlich Oppositionsmänner in Bezug auf die Staatskirche und das uniformirende Staatsregiment waren.

Der Stifter dieser merkwürdigen Glaubensgenossenschaft war Georg Fox, zwanzig Jahr älter als Penn. Er hatte einst vor Gericht mit prophetischer Entschiedenheit ausgerufen: »Zittert vor dem Worte des Herrn!«, daher der Spottname »Quäker«, zu deutsch »Zitterer«, den übrigens Andere von der zitternden Bewegung herleiten, in welche die Anhänger der Sekte geriethen, wenn in ihren Versammlungen die Begeisterung sie ergriff. G. Fox war ein Mann aus dem Handwerkerstande, ohne gelehrte Bildung, aber mit vieler Beredtsamkeit ausgerüstet, der zuerst angefangen hatte, gegen das in allen Ständen und auch bei den Dienern der Kirche eingerissene Verderben zu predigen. Es war damals in England eine Zeit der Gährung und Unzufriedenheit in Staat und Kirche, und so fand jene Stimme bei Vielen Anklang, und als die Intoleranz den G. Fox zum Märtyrer machte, wuchsen seine Anhänger mit jedem Tage, und es bildeten sich eigene Gemeinden, die sich von der Staatskirche entschieden lossagten.

Ein ehemaliges Mitglied der Universität Oxford, Thomas Loe, hatte die Lehren der Quäker gleichfalls angenommen und eifrig verbreitet. Als der junge Penn dessen Vorträge hörte, ward er so davon angesprochen, daß er nebst einigen andern Mitschülern, die seines Sinnes waren, von dem herkömmlichen Universitäts-Gottesdienste sich lossagte, und besondere Andachtsübungen nach der Weise der »Freunde«, wie die Quäker sich selber nannten, hielt. Für diesen Ungehorsam gegen die Gesetze des Kollegiums ward den Sektirern eine Strafe diktirt, die aber Penn und seine Genossen nicht im mindesten von der betretenen Bahn ablenkte. Vielmehr, als von Karl II. befohlen ward, daß alle Studirenden zu Oxford wieder den Chorrock tragen sollten, trieben sie ihre Widersetzlichkeit so weit, daß sie denjenigen Studenten, welche den Chorrock angelegt halten, selbigen vom Leibe rissen. Denn sie sahen in dieser Tracht eine Hinneigung zur katholischen Religion. Penn wurde, wie nicht anders zu erwarten stand, nebst seinen Gefährten relegirt, und als er nach Hause kam, mußte er den ganzen Zorn seines Vaters über sich ergehen lassen.

Dem Admiral lag es besonders daran, seinen Sohn von Grundsätzen abzubringen, die ihm jede Laufbahn im Staatsdienst abschnitten. So versuchte er es zuerst mit gütlichem Zureden; dann, als William Gründe entgegensetzte und widersprach, mit Härte und Gewalt. Als auch dies nichts half, ward der »Unverbesserliche« aus dem Hause gewiesen. Doch wußte die Mutter insoweit den Streit beizulegen, daß der Admiral beschloß, seinen Sohn auf ein paar Jahre nach Frankreich zu schicken, in der Hoffnung, dort werde derselbe von seiner Frömmigkeit geheilt werden.

Der junge Penn ging 1662 nach Paris und verweilte auf dem Kontinent bis 1664. In der französischen Hauptstadt boten die Familien, an welche er empfohlen war, Alles auf, ihm Vergnügen und Unterhaltung zu verschaffen, und um nicht unhöflich zu erscheinen, wies er die Einladungen nicht zurück. In seiner aufrichtigen Weise bekannte er später, daß er in Paris den Ernst des Lebens und das hohe Ziel, dem er in England unverrückt entgegengestrebt hatte, eine Zeit lang fast aus den Augen verloren habe.

Der Vater, welcher aus den erhaltenen Berichten zu seiner Freude ersah, daß der Verirrte nun glücklich von seiner Ueberspannung abgekommen sei, rief ihn nach London zurück, und eilte, ihn bei Hofe vorzustellen, wo der junge angenehme und vielversprechende Mann die zuvorkommendste Aufnahme fand. Es fehlte auch nicht an Einladungen zu allerlei Festlichkeiten, aber Penn zeigte bald, daß er an all' der Pracht keinen Antheil nahm und suchte so viel als möglich die stille Einsamkeit und den Umgang mit seinen früheren Gesinnungsgenossen.

Auf den Wunsch des Vaters ging er, um seine Studien zu vollenden, nach Lincolns-Inn, und dann nach Irland, um die väterlichen Güter in der Grafschaft Cork zu verwalten. Penn unterzog sich diesem Geschäft zur vollen Zufriedenheit seines Vaters, aber das, was dieser hatte verhindern wollen, geschah nun doch. Als nämlich der junge Penn eines Tages in Geschäften nach Cork reiste, erfuhr er, daß derselbe Thomas Loe, der einst in Oxford so großen Eindruck auf sein Gemüth gemacht, dort vor einer Quäkerversammlung zu predigen beabsichtige. Die Gelegenheit, seinen alten Freund wiederzusehen, wollte er nicht versäumen: er ging auch in die Versammlung. Nach einigen Minuten stiller Sammlung erhob sich der Prediger und begann mit folgenden ergreifenden Worten: »Es giebt einen Glauben, der die Welt überwindet, und es giebt einen Glauben, der von der Welt überwunden wird.« Diese Worte schienen ganz auf seinen Zustand zu passen, da er wohl mit dem Glauben begonnen, aber noch keinen Sieg über die Zerstreuungen der Welt erkämpft, seinen anfänglichen Entschluß, der Gesellschaft der »Freunde« sich anzuschließen, nicht durchgeführt hatte. Die Unterredung, welche Penn nach der Predigt mit Loe hielt, befestigte ihn in dem, was die Rede in seinem Gemüth zu wirken begonnen hatte: er war von Stund an ein erklärter Quäker.

Das Recht der Glaubensfreiheit war damals in Großbritannien noch keineswegs zur allgemeinen Geltung gekommen; alle Dissenters in Schottland wie in Irland und England wurden auf das härteste verfolgt. Sobald nun Penn anfing, den Gottesdienst der Staatskirche zu meiden und den Versammlungen der Quäker beizuwohnen, ward er (am 3. September 1667) mit achtzehn andern verhaftet und vor den Bürgermeister von Cork geführt. Dieser machte eine vor sieben Jahren erlassene Verordnung, aufrührerische Versammlungen betreffend, gegen ihn geltend, wollte ihn jedoch frei lassen, wenn er Bürgschaft leistete, in Zukunft sein Betragen zu ändern. Penn antwortete, daß er in seinem Benehmen nichts Ungesetzliches oder Strafwürdiges finden könne, und ließ sich mit den Uebrigen in's Gefängniß führen. Von dort schrieb er an den damaligen Lord Präsidenten von Münster, und der Brief bewirkte seine Freilassung.

Nachdem der Admiral von diesem Vorgänge Nachricht erhalten hatte, berief er seinen Sohn sogleich zu sich, und dieser hatte nun einen schweren Kampf zu bestehen zwischen der Pflicht des Kindes und der Stimme seines Gewissens. Durch keine Drohungen und keine Versprechungen ließ er sich von dem abwendig machen, was er für recht und gut erkannte. Als der Admiral sah, daß sein Sohn ein eifriger Quäker geworden war, bat er ihn, nur insoweit von den Gewohnheiten seiner Sekte abzulassen, daß er vor dem Könige, dem Herzoge von York und ihm selber den Hut abnehmen möchte. Penn verweigerte auch dieses und nun jagte ihn der Vater abermals aus dem Hause.

So, ohne alle Mittel des Unterhalts, ward er in die Welt hinausgestoßen; die Reichen und Vornehmen zogen sich scheu von ihm zurück, er mußte gleicherweis den Spott der »Gebildeten« wie des Pöbels erdulden. Doch bei seinen gleichgesinnten ärmeren Freunden fand er die freundlichste Aufnahme, und seine Mutter unterstützte ihn ohne Vorwissen des Admirals mit Geld aus ihrer Tasche. Er war nun 24 Jahr alt, und fühlte einen unwiderstehlichen Drang, das, was seine Seele so ganz erfüllte, auch laut vor den Menschen zu verkündigen. Er begann in den Quäkerversammlungen zu predigen, er that es mit einer so eindringenden begeisterungsvollen Beredsamkeit, daß sich alle Zuhörer mächtig ergriffen fühlten. Das, wonach er und seine Gesinnungsgenossen strebten, war eine Anbetung Gottes im Geist und in der Wahrheit, allein geleitet durch das innere göttliche Licht, das Gott in jedes Menschen Brust scheinen lasse, wenn man nur darauf achten wolle. Alles eitle Menschenwerk, alle die Gebräuche des kirchlichen Gottesdienstes wurden verdammt, und darin ging er offenbar zu weit und mußte den Widerspruch, namentlich der Bischöfe, gegen sich aufregen. Aber das bleibt immer lobenswerth und ein großer Zug in seinem Charakter, daß er nicht in Stolz und eitler Sucht nach Auszeichnung, sondern durch seine innerste Ueberzeugung getrieben so handelte, keine Schmähreden, Verketzerungen und Anfeindungen, womit die Gegner ihn reichlich überschütteten, fürchtete, und in apostolischer Einfachheit und Kraft den Leuten das Gewissen rührte. Wo sein mündliches Wort nicht ausreichte, da schrieb er. In einem Briefe an eine junge, den Freuden der Welt sehr ergebene Frau heißt es: »Jesus Christus hat sehr wahr gesprochen, als er sagte: Der Weg, der zum ewigen Leben führt, ist schmal und die Pforte ist enge. Wie wichtig, meine Freundin, ist es für das Heil deiner unsterblichen Seele, über den Weg nachzudenken, auf dem du wandelst, ehe ein Schlag von oben dich dieser Welt entreißt und deinen Leib, auf den du so viel Sorgfalt wendest, in's Grab stürzt, wo er eine Beute der Würmer wird! Ach, wie wenig gleicht dein Leben dem jener heiligen Frauen der alten Zeit! Trugen Jesus, der sich selbst verleugnete, und die Seinen nicht ihr Kreuz, indem sie immer ihre Augen auf das Ewige richteten? Lerne doch dies kennen, meine Freundin, denn danach wirst du gerichtet werden.«

Seine erste Schrift, die im Jahre 1668 erschien, führte den Titel: »Die Wahrheit, dargethan in einem kurzen, aber sichern Zeugniß gegen alle diejenigen Religionen, Glaubensbekenntnisse und Gottesdienste, welche in der Finsterniß der Abtrünnigkeit angenommen und gehalten wurden, und für dasjenige glorreiche Licht, welches jetzt aufgegangen ist und leuchtet im Leben und in der Lehre der verachteten Quäker, als der alleinige gute alte Weg des Lebens und der Erlösung.« Diese Schrift, worin die Gebrechen der Zeit, besonders aber das unchristliche Wesen der Geistlichen gerügt wurde, erregte viel Aufsehen und Erbitterung. Eine zweite kleine Schrift, die bald darauf folgte: »Erschütterung des Grundes auf Sand« ( the sandy foundation shaken), brachte den Bischof von London so auf, daß Penn verhaftet und in den Tower, das öffentliche Staatsgefängniß, gesetzt wurde. Der Aufforderung, seine Ketzereien zu widerrufen, setzte er die Erklärung entgegen, daß er keinem Menschen von dem, was sein Gewissen ihm vorschriebe, Rechnung zu geben habe. »Ich fürchte mich nicht« – so ließ er seinem Vater sagen – »und vertraue auf Gott.« Die sieben Monate seiner Gefangenschaft benutzte er zur Abfassung der Schrift: »Kein Kreuz, keine Krone«, die in wiederholten Auflagen große Verbreitung fand. Auch sandte er an den Staatssekretär Lord Arlington, der den Befehl zu seiner Verhaftung unterzeichnet hatte, ein sehr ausführliches Schreiben voll von treffenden Wahrheiten und schlagenden Gedanken. »Der Zweck der Religion,« heißt es darin, »ist nicht, die Religion zu verfolgen. Sie mag nicht solche Waffen zu ihrer Vertheidigung wählen, die zu ihrer Bekämpfung gedient haben. Sie allein hat das Vorrecht zu siegen, ohne Gebrauch von Gewalt oder List zu machen, – und das heißt nicht, eine Religion haben, wenn man der Freiheit beraubt ist, die zu wählen, welche man will.« Endlich wurde Penn auf Befehl des Königs, der wahrscheinlich durch die Verwendung seines Bruders, des Herzogs von York, zu diesem Gnadenakte bestimmt wurde, freigegeben.

Der Admiral, obwohl er für die Grundsätze der Quäker durchaus keine Vorliebe hatte, mußte doch die Standhaftigkeit, mit welcher sein Sohn sie festhielt, ehren, und schickte ihn nun, um ihn ferneren Unannehmlichkeiten zu entziehen, zum zweiten Mal als seinen Bevollmächtigten nach Irland. Während er dort alle erhaltenen Aufträge pünktlich ausrichtete, ließ er es doch zugleich eine seiner Hauptsorgen sein, des sehr bedrängten Zustandes seiner Glaubensgenossen sich anzunehmen. Es gelang ihm durch seine Fürbitte, die Freilassung der Gefangenen zu bewirken, und darauf kehrte er wieder nach England zurück, wo unterdessen von Neuem ein strenges Verbot wider alle sektirerischen Versammlungen ergangen war. Durch die berüchtigte 1670 im Parlament durchgesetzte »Konventikelakte« wollte man jeder Abweichung von der herrschenden Staatskirche von vorn herein den Todesstoß geben. Die Quäker erfuhren natürlich die ganze Strenge der Akte und William Penn ward eines ihrer ersten Opfer. Als er eines Tages in das Haus, worin er mit seinen Freunden zusammenkam, gehen wollte, fand er die Thür mit Soldaten besetzt, die ihm den Eingang verwehrten. Andere Mitglieder der Gesellschaft kamen dazu, eine Menge von Müßiggängern, welche die Neugierde herbeigelockt hatte, umringte sie. Penn begann eine Rede, ward aber sogleich von den Konstablern, die bereits zu diesem Zwecke mit einem Verhaftsbefehl des Lordmayor von London versehen waren, festgenommen, nach Newgate abgeführt und von dort am 3. September 1670 vor das Old-Bailey-Gericht gebracht. Da Penn nebst seinem Freunde Mead bedeckten Hauptes vor den Richtern erschien, wurde ihm sogleich eine Geldbuße von 40 Mark auferlegt. Dann begann, im Beisein der Jury, die wie gewöhnlich aus zwölf Männern bestand, das Verhör, worin Penn durch seine scharfe und klare Vertheidigung die Richter nicht wenig in Zorn und Verwirrung brachte. Die Geschworenen, freie englische Männer, sprachen dem Lordmayor zum großen Verdruß bloß das Urtheil »Schuldig in der Gracechurch-Street geredet zu haben.« Darauf wurden sie selber eingesperrt, wiederholten aber nicht allein ihr erstes Urtheil, sondern sprachen nun geradezu ein »Nichtschuldig«, und Penn mußte freigelassen werden.

Bald darauf starb der Admiral, der sich mit seinem Sohne völlig ausgesöhnt und noch auf dem Sterbebette zu ihm gesagt hatte: »Mein Sohn, laß dich durch nichts in der Welt verführen, dein Gewissen zu beschweren. Dann wirst du Frieden in deinem Hause haben und dies wird eine Erquickung für dich sein in den Tagen der Trübsal.« Er hinterließ ihm ein sehr ansehnliches Vermögen, und Penn benutzte seine nun erlangte unabhängige Stellung, der Armen und Hülfsbedürftigen sich anzunehmen. Er predigte fleißig und verfaßte mehrere Schriften zur Vertheidigung seiner Sekte und zur Beleuchtung theologischer Streitfragen, worin er besonders stark war. Seltsamerweise beschuldigte man ihn, da er sich gegen die herrschende protestantische Kirche erklärt hatte, des Papismus Er schrieb dagegen seine »Verwahrung gegen den Papismus«, wies alle Sympathie mit der katholischen Religion zurück, erklärte sich aber auch ebenso bestimmt für Duldung und Freiheit der Religionsübung in Beziehung auf die Katholiken in England. Und als er abermals seine Offenherzigkeit und Freimüthigkeit mit einem sechswöchentlichen Gefängniß büßen mußte, verfaßte er sein Werk: »Die große Sache der Gewissensfreiheit«.

Auch für die Quäkergemeinden, die sich außerhalb England gebildet hatten, war Penn thätig. Er machte im Jahre 1671 eine Reise durch Holland und Deutschland, um die Glaubensgenossen durch Wort und Schrift zu stärken. Als er 1672 nach England zurückkehrte, verheirathete er sich, 28 Jahr alt, mit der Tochter Sir Willian Springett's von Darling in Sussex, einer Dame von großer Schönheit und Tugend. Er hätte nun ein angenehmes, bequemes ruhiges Familienleben beginnen können, aber sein thätiger Geist hatte keine Ruhe; er reiste entweder zu den »Freunden« und predigte, oder ließ sich mit den Gegnern in Streitreden ein, um die Quäker zu vertheidigen und zu schützen, machte auch eine zweite Reise nach Holland und Deutschland, und besuchte unter Andern die Prinzessin Elisabeth von der Pfalz, eine Tochter des unglücklichen Königs von Böhmen und Enkelin Jakobs I., welche eine große Theilnahme für die Lehren der Quäker zeigte. Nach seiner Rückkehr, da er erfuhr, daß das Parlament damit umgehe, die früher erlassene Akte gegen Sektenversammlungen noch zu schärfen, reichte er eine Petition an dasselbe ein, worin er in seinem und seiner Glaubensgenossen Namen gegen jede gewaltsame Beschränkung der Gewissensfreiheit protestirte, zugleich aber auch erklärte, daß die Quäker bereit seien, in Allem, was ihr Gewissen nicht verletze, der Autorität des Staates sich willig zu unterwerfen, da sie weit entfernt seien, sich gegen den König oder die bürgerliche Gesellschaft auflehnen zu wollen.

Penns Gesuch hatte die Wirkung, daß eine Klausel zur Erleichterung der Quäker in die Bill ausgenommen wurde; doch hemmte die Vertagung des Parlaments den Fortgang der Bill.

Endlich, nach mancherlei Widerwärtigkeiten, die er in seinem Vaterlande erfahren mußte, faßte er den Entschluß, eine Ansiedelung in Amerika zu gründen, wo er und seine Freunde frei und ohne Störung nach ihren Glaubenssätzen leben und den europäischen Nationen das Beispiel einer nach christlicher Gerechtigkeit und Freiheit eingerichteten bürgerlichen Gesellschaft geben könnten. Es waren bereits zu Anfange des 17ten Jahrhunderts nach verschiedenen mißglückten Versuchen zwei englische Kolonien an der Ostküste von Nordamerika gegründet worden, von denen die südlichere den Namen Virginien (zu Ehren der jungfräulichen Königin Elisabeth), die nördlichere den Namen »Neu-England« erhielt. Letztere vornehmlich war von englischen Puritanern, die der Gewissensfreiheit halber das Mutterland verließen, bevölkert worden. Gewöhnlich verbriefte der König einem Edelmann oder einer Gesellschaft von Kaufleuten ein gewisses Ländergebiet, und der Inhaber der königlichen Urkunde verkaufte dann entweder stückweise das Grundeigenthum an einzelne Auswanderer, oder leitete selber eine Auswanderung im Großen ein und überwachte die Gründung der Kolonie auf dem betreffenden Gebiet. Unter der Regierung Karls II. war der Kauf und Verkauf von Ländereien ein Lieblingsgegenstand der Spekulation geworden, und so benutzte auch Penn eine Schuldforderung an die Krone, die er von seinem Vater überkommen hatte, einen großen Landstrich am Delaware sich anweisen zu lassen. Ein königlicher Freibrief, vom 4. März 1681 datirt, setzte Penn in das Recht eines unbeschränkten Eigenthümers des Landes; nur die britische Oberhoheit war vorbehalten. Er sollte das Land als freies Kronlehen besitzen und dem Könige nur zwei Biberfelle jährlich und den fünften Theil des entdeckten Goldes und Silbers abgeben. Er hatte die Befugnisse, Gesetze für seine Insassen zu entwerfen und Richter zu ernennen, die Provinz in Kantone und Grafschaften einzutheilen, Dörfer, Flecken und Städte zu gründen, auch Theile der Provinz nach Belieben wieder zu veräußern. Im Fall eines Angriffs von benachbarten Barbarenvölkern oder Piraten war ihm die Befugniß ertheilt, die streitbare Mannschaft aufzubieten und den Oberbefehl zu führen. In Bezug auf den Namen hatte Penn als Ergänzung zu »Neu-England« »Neu-Wales« vorgeschlagen, und als man Einwendungen gegen diesen Namen erhob, sich für »Sylvanien« (Waldland) entschieden, welche Bezeichnung auch vorgezogen wurde, nur daß zu Ehren von Penns Vater, für welchen der König wie der Herzog von York große Achtung bewahrt hatten, noch die Vorsylbe »Penn« hinzukam. Penn selber hielt den Namen »Pennsylvanien« für zu anmaßend, aber der König bestimmte, daß der Name bleiben sollte, was denn auch geschah.

Penn war außerordentlich thätig in Ergreifung zweckmäßiger Mittel zur Kolonisation des ihm zu Theil gewordenen Gebietes. Er veröffentlichte sogleich eine Schrift, unter dem Titel: »Einige Nachricht über die neulich unter dem großen Siegel von England an William Penn verliehene Provinz Pennsylvanien in Amerika«, und legte dieser Schrift eine Angabe der Bedingungen bei, unter welchen er sein Grundeigentum an Auswanderer abzutreten Willens war; eine dieser Bedingungen forderte Gleichheit der bürgerlichen Rechte auch für die eingeborenen Indianer, und im Fall eines zwischen den Kolonisten und den Eingebornen sich erhebenden Streites, die Entscheidung durch eine von beiden Theilen gestellte gleich große Anzahl von Schiedsrichtern. Ferner entwarf Penn vorläufig die Grundsätze der Verfassung für seine Kolonie, und der von ihm selber als der Hauptgrundsatz bezeichnete Artikel lautete: »In Beziehung auf Gott, den Vater des Lichts und der Geister, den Urheber sowohl als Gegenstand alles göttlichen Wissens und Glaubens und aller Gottesverehrung, erkläre ich für mich und die Meinigen und stelle dieß zum ersten Grundsatz der Regierung meiner Provinz auf, daß jede Person, die sich je darin niederläßt oder niederlassen will, ihren Glauben frei bekennen und Gott auf diejenige Art und Weise verehren dürfe, von welcher dieselbe in ihrem Gewissen überzeugt ist, daß sie ihm die angenehmste sei

Noch am Ende des Jahres 1681 gingen drei mit Auswanderern voll besetzte Schiffe unter Segel. Die Oberaufsicht über diese erste Uebersiedelung vertrauete Penn seinem Verwandten, dem Oberst Markham, an, und zu seiner Unterstützung gab er ihm noch eine Kommission mit. In einem von seiner Hand geschriebenen Briefe an die Indianer wurden diese eingeladen, Vertrauen zu ihm zu fassen, da er nicht gesonnen sei, die gleiche Härte und Ungerechtigkeit zu üben, wie es die Europäer früher gethan, sondern als ein Bote des Friedens und gegenseitiger Freundschaft zu ihnen komme.

Penn war eben im Begriff, selber der ersten Expedition nachzufolgen, als ihm der Tod seine Mutter raubte, gegen welche er stets die größte Liebe an den Tag gelegt hatte. Seine Abreise verzögerte sich bis über den Sommer 1682 hinaus. Er nahm feierlich von seiner Familie Abschied, und erließ noch ein gemeinschaftliches Schreiben an seine Gattin und an seine Kinder, worin es u. A. heißt: – »Mein theures Weib! Erinnere Dich, Du warst die Liebe meiner Jugend und vielfach die Freude meines Lebens – das geliebteste sowohl als das würdigste all' meiner irdischen Güter; und der Grund dieser Liebe waren mehr Deine inneren als Deine äußeren Vorzüge, deren doch auch manche waren. Gott weiß und Du weißt es, ich kann sagen, es war eine Ehe, welche von der Vorsehung geschloffen wurde; und Gottes Ebenbild in uns beiden war das Erste, und die liebenswürdigste und entsprechendste Zierde in unsern Augen. Nun muß ich Dich verlassen, und zwar ohne zu wissen, ob ich Dich in dieser Welt je wieder sehen werde; trage meine Züge in Deinem Busen, und lasse sie dort statt meiner ruhen, so lange Du lebst.« Den Kindern wird gesagt: »Seid Eurer theuren Mutter gehorsam; einer Frau, deren Tugend und guter Name eine Ehre für Euch sind, denn sie ist von keinem Weibe ihrer Zeit an Redlichkeit, Menschenfreundlichkeit, Tugend und Einsicht – Eigenschaften, die unter Frauen ihres weltlichen Standes und Ranges nicht gewöhnlich sind – übertroffen. Darum ehret sie und gehorchet ihr, meine theuren Kinder.«

Am 1. September 1682 ging das Schiff Welcome, ein Fahrzeug von 300 Tonnen, mit William Penn und ungefähr hundert Ausgewanderten, die fast sämmtlich der Genossenschaft der Quäker angehörten, von Deal aus unter Segel. Es war noch nicht lange auf hoher See, als die Pocken auf dem Schiff ausbrachen und so heftig wütheten, daß gegen 30 Passagiere daran starben. Die Uebrigen kamen nach einer sechswöchentlichen Reise wohlbehalten am Orte ihrer Bestimmung an; der Welcome warf Mitte Oktober im Delawarestrom seine Anker aus.

Pennsylvanien ist eins der schönsten und fruchtbarsten Länder des amerikanischen Kontinents, denn selten möchte sich wie hier eine solche Abwechslung finden von Berg und Thal und ein solcher Reichthum sich nahe berührender Ströme, wie der Delaware, Susquehanna, Schuylkill, Alleghany, Ohio mit ihren Nebenflüssen. Damals war freilich der ganze Boden, und auch der Ort, wo jetzt Philadelphia steht, mit Wäldern bedeckt. Penn segelte den Delaware hinauf und landete bei dem etwas unterhalb dem heutigen Philadelphia liegenden Städtchen New-Castle, wo ihn zahlreiche schwedische und holländische Kolonisten bewillkommneten, die nun seine Unterthanen geworden und von Oberst Markham auf seine Ankunft vorbereitet waren. Er berief, nachdem er zu seiner Orientirung noch einen Abstecher nach Neu-York gemacht, alsbald eine Generalversammlung aller freien Ansiedler, und es ward nun einstimmig beschlossen und öffentlich erklärt, daß jeder Fremde, der sich im Lande niederlassen würde, ganz ebenso das Bürgerrecht haben sollte, wie die älteren Bewohner. Die von Penn entworfenen Gesetze wurden mit wenigen Verbesserungen und Zusätzen wiederholt bestätigt, und z. B. festgestellt: »Alle Kinder im Alter von 12 Jahren sollen irgend ein nützliches Gewerbe oder Handwerk lernen, damit kein Müßiggänger in der Provinz angetroffen werde. Alle Klagsachen, Prozesse und Protokolle bei den Gerichten sollen so kurz als möglich ausgeführt werden. Die Gerichtskosten sollen durchaus mäßig gehalten und eine Uebersicht in den Gerichtshöfen ausgehängt werden. Alle mit Unrecht gefangengesetzte Personen sollen einen doppelten Schadenersatz von dem Angeber oder Kläger fordern können.«

Die Zusammenkunft mit den Indianern fand in der Nähe der heutigen Stadt Philadelphia unter den schattigen Aesten eines ungeheuren Ulmenbaumes Statt. Die Eingebornen waren in großer Anzahl, alle bewaffnet, erschienen; Penn an der Spitze seiner Freunde erschien ohne Waffen, und das einzige Abzeichen, das ihn von seinen Ansiedlern unterschied, war eine Binde von blauem Seidenflor um den Arm. Als Penn erschien, legten die Indianer ihre Waffen nieder und setzten sich auf den Boden; der erste ihrer Häuptlinge, welcher einen Kopfschmuck mit einem kleinen Horn trug, sprach, man sei bereit zu hören. Darauf begann. Penn seine Rede, aus der wir Folgendes entnehmen:

»Der große Geist, der uns und euch gemacht hat, der Himmel und Erde regiert und der die innersten Gedanken der Menschen kennt, der weiß, daß ich und meine Freunde ein herzliches Verlangen haben, in Frieden und Freundschaft mit euch zu leben, und euch nach all' unsern Kräften zu dienen. Es ist nicht unsere Gewohnheit, feindliche Waffen gegen unsere Mitmenschen zu brauchen, deßhalb sind wir unbewaffnet gekommen. Unsere Absicht ist nicht Böses zu thun und dadurch den Großen Geist zu erzürnen, sondern Gutes. Wir sind deßhalb auf dem breiten Wege des guten Glaubens und guten Willens zusammengekommen, so daß keiner von beiden Theilen etwas voraus haben, sondern Alles nur Offenheit, Brüderlichkeit und Liebe sein soll.« Nach diesen, und ähnlichen Worten entrollte Penn das Pergament, und theilte – unter steter Erklärung des Dolmetschers – die Bedingungen des Kaufes und die Artikel des abzuschließenden Vertrages mit. Es ward den Indianern bewilligt, daß sie auf dem Gebiete, welches sie den Engländern abließen, in ihren Beschäftigungen nicht gestört werden sollten. In Betreff der Verbesserung ihrer Grundstücke und der Ernährung ihrer Familien sollten sie Alles thun dürfen, was den Engländern erlaubt sei. Ein Schwurgericht von zwölf Männern, zur Hälfte Engländer, zur Hälfte Indianer, sollte etwaige Streitigkeiten schlichten. Penn bezahlte ihnen redlich den abgetretenen Grund und Boden, und gab ihnen überdieß noch reichliche Geschenke von den Waaren, die vor ihnen ausgebreitet lagen. Als dieß geschehen, legte er die Pergamentrolle auf den Boden und bemerkte nochmals, daß dies Land beiden Völkern gemeinschaftlich angehören sollte. Er fügte noch hinzu, daß er es nicht wie die Maryländer machen werde, nämlich sie Kinder oder Brüder zu nennen, denn Eltern züchtigten zuweilen sehr streng ihre Kinder, und Brüder entzweieten sich, vielmehr wollte er sie als dasselbe Fleisch und Blut wie die Christen betrachten, als ob Eines Menschenleib in zwei Theile getheilt wäre. – Alsdann nahm er das Pergament, reichte es dem Häuptling, welcher das Horn trug, und bat ihn und die übrigen Häuptlinge, es drei Menschenalter lang wohl aufzubewahren, damit die Kinder erfahren möchten, was zwischen den Vätern verhandelt worden sei.

Die Indianerhäuptlinge antworteten in langen Reden und versprachen feierlichst, mit William Penn und seinen Kindern in Frieden zu leben, so lange Sonne und Mond ihr Licht behalten würden. So ward zwischen den Wilden und christlichen Bürgern ein Vertrag geschlossen, ohne Eid; und dieser einzige nicht mit Eidschwüren bekräftigte Vertrag ist nicht gebrochen worden. Der große Ulmenbaum stand wie ein lebendiges Siegel, noch 130 Jahre lang, ein Gegenstand hoher Verehrung für das umwohnende Volk.

Penn hatte einstweilen seinen Sitz auf einer Insel im Delaware, wenige Meilen unter den Trentonfällen, dem heutigen Burlington gegenüber, aufgeschlagen, bis das Land vermessen war. Dann richtete er leine Aufmerksamkeit auf die Gründung einer Stadt. Als der vortheilhafteste Platz wurde eine Landzunge zwischen zwei schiffbaren Strömen, dem Delaware und Schuylkill, erkannt, zumal da hier Steinbrüche in der Nähe waren, welche gute Bausteine lieferten. Bereits hatten einige Ansiedler hier ihre Wohnung aufgeschlagen, indem sie nach Art der Indianer Hütten aus Baumrinde errichteten, oder Höhlen an dem hohen überhängenden Ufer des Delaware ausgruben, die sie so erträglich als möglich sich einrichteten.

Nachdem der Platz der Stadt bestimmt worden war, entwarf der Feldmesser, Thomas Holmes, unter Penns Leitung einen Riß. Es sollten zunächst zwei große Straßen entstehen, eine englische Meile lang, wovon die eine dem Delaware im Osten, die andere dem Schuylkill im Westen gegenüber liegen sollte. Eine dritte Straße, die »hohe Straße« genannt, und hundert Fuß in der Breite messend, sollte die Stadt gerade in der Mitte durchschneiden, von Osten nach Westen die beiden ersteren Straßen unter einem rechten Winkel durchbrechend. Eine vierte Straße von derselben Breite sollte wieder die hohe Straße rechtwinklig schneiden, aber von Norden nach Süden gehen. Endlich sollten der hohen Straße parallel von Strom zu Strom noch acht Straßen von 50 Fuß Breite gezogen werden, in der Mitte der Stadt aber ein Platz von 10 Morgen frei bleiben, desgleichen in jedem Viertel ein ähnlicher von 8 Morgen. Zum Gedächtniß der Bruderliebe zwischen Engländern, Schweden, Holländern, Indianern und Menschen aller Sprachen und Bekenntnisse sollte die Stadt »Philadelphia« heißen.

Der Bau ward sehr rasch gefördert. In der kurzen Zeit nach Penns Ankunft segelten nicht weniger als 23 Schiffe mit Auswanderern aus Sommersetshire, Cheshire, Lancashire, Wales und Irland den Delaware hinauf und warfen vor der neuen Stadt Anker. Es waren meist rüstige, fleißige und nüchterne Männer, wie sie Penn sich wünschte, welche Großbritannien verlassen hatten, um ein ruhiges vor Verfolgung gesichertes Leben in der neuen Welt führen zu können. Viele brachten, was besonders erwünscht war, allerlei Werkzeuge und Maschinen mit; Einer hatte auch eine fertige Mühle, die er nur am gehörigen Orte aufzustellen brauchte. Waren einige Häuser aufgerichtet, so machten die Insassen der Rindenhütten und Uferhöhlen wieder neuen Ankömmlingen Platz, und Einer half dem Andern in brüderlicher Weise.

Im Sommer 1684 hatte die Einwohnerzahl der Kolonie schon 7000 Seelen überschritten, und es waren gegen zwanzig verschiedene Gemeinden errichtet; die Stadt Philadelphia rühmte sich schon einer Bevölkerung von 2500 Personen, die in ungefähr 300 regelmäßig nach dem vorgeschriebenen Plane gebauten Häusern wohnten. Gegenwärtig ist Philadelphia nach New-York die bevölkertste Stadt der Vereinigten Staaten mit mehr als 200,000 Einwohnern. Der Ruhm von Penns rechtlichem und ehrenhaftem Benehmen hatte nebst der glücklichen Lage der Kolonie Schiffe mit Ansiedlern aus den verschiedensten Gegenden der alten Welt herbeigelockt, und Penn konnte mit dem Aufblühen der Kolonie in diesen zwei Jahren wohl zufrieden sein. Da ihn wichtige Gründe nach Europa zurückriefen, beschloß er einstweilen die höchste Gewalt dem Landschaftsrathe zu übertragen, zu dessen Präsidenten er einen Quäkerprediger, Thomas Cloyd aus Wales, ernannte.

Es waren nämlich zwischen Penn und Lord Baltimore, dem Eigenthümer der angrenzenden Provinz Maryland, über die Grenzen ihrer Gebiete Streitigkeiten entstanden, welche nur durch persönliche Anwesenheit beider Theile bei der Regierung des Mutterlandes beigelegt werden konnten. Ferner waren in England abermals harte Verfolgungen wider die Dissenters ausgebrochen, und Penn hoffte, durch seine Bemühungen das Loos seiner Glaubensgenossen mildern zu können.

Nicht lange nach seiner Rückkehr, im Februar 1685, starb Karl II., und sein Bruder, der Herzog von York, bestieg als Jakob II. den Thron. Da sich dieser zur römisch-katholischen Kirche bekannte, so fürchteten seine protestantischen Unterthanen nichts mehr als eine Begünstigung des Katholizismus, und Penn, der schon früher bei dem Herzoge von York in Gunst gestanden und nun vom Könige sehr freundschaftlich behandelt wurde, kam nun gleichfalls in den Ruf, er sei ein verkappter Jesuit, sein Quäkerthum bloß eine Maske, um seine Feindschaft gegen die protestantische Kirche zu verbergen. Es wurden Schmähschriften gegen ihn gedruckt, und sein Name auf jede Weise verunglimpft.

Penn, der unterdessen vollkommene Duldung für seine Glaubensgenossen erlangt und sein Verhältniß zum Könige dazu benutzt hatte, manchem guten Freunde nützlich zu sein, achtete dessen nicht. Als aber Jakob II. im Jahre 1688 aus dem Königreich vertrieben und Wilhelm von Oranien auf den Thron berufen wurde, mußte er seine Freundschaft mit dem gefallenen Monarchen schwer büßen. Vier Mal wurde er als geheimer Parteigänger des verbannten Königs verhaftet und in Untersuchung gezogen, aber man bemühte sich vergeblich, ihn schuldig zu finden. Das letzte Mal ward ein Schreiben Jakobs II., das an Penn gerichtet, und von der Regierung aufgefangen war, vorgezeigt, worin der Entthronte den Wunsch aussprach, Penn möchte »zu seinem Beistände kommen und die Gefühle seiner Gewogenheit und seines Wohlwollens gegen ihn aussprechen.« Penn ward gefragt, warum der König Jakob an ihn diesen Brief geschrieben habe? und er antwortete: »Wie kann ich es hindern, wenn der König mir zu schreiben beliebt? Was der König in dem Briefe sagen will, geht vermuthlich dahin, daß ich ihm in einem Versuche zur Wiedererlangung des Thrones beistehen soll. Dieß habe ich aber nicht im Sinn. Ich habe den König Jakob stets geliebt und manche Beweise der Gewogenheit von ihm empfangen, auch bin ich bereit, ihm jeden Privatdienst zu leisten, den ich ihm leisten kann, aber ein Anderes werde ich nie thun.« Diese offene und männliche Erklärung verfehlte ihre Wirkung nicht und Penn wurde freigesprochen.

Müde der vielen Anfeindungen im Mutterlande, die nie enden zu wollen schienen, wollte Penn im Jahre 1690 wieder nach Amerika zurückkehren, als ein Schurke, Namens Fuller, auf's Neue eine Klage auf Hochverrath gegen ihn vorbrachte. Obwohl endlich seine Unschuld an den Tag kam, und jener Fuller als Betrüger und falscher Spieler entlarvt wurde, hatte sich nun Penns Abreise doch bis 1699 verzögert. Während dieser fünfzehn Jahre war ihm seine Frau gestorben, und er hatte sich 1696 zum zweiten Mal mit Hannah Callowhill, der Tochter eines Kaufmanns von Bristol, verehlicht. Nicht lange darnach verlor er auch seinen ältesten Sohn aus erster Ehe, der im blühenden Alter von 21 Jahren starb. Doch hatte er ohne Unterlaß mit Amerika eine lebhafte Korrespondenz unterhalten und so viel als möglich die Entwickelung der dortigen Dinge im Auge zu behalten gesucht.

Als er nun im November 1699 zum zweiten Mal nach Amerika sich einschiffte, nahm er seine ganze Familie mit sich, da er Willens war, sich ganz in der Kolonie heimisch zu machen. Seine Ankunft erregte allgemeine Freude. Nachdem er die Maaßregeln seiner Stellvertreter einer genauen Prüfung unterworfen und an der Hand der Erfahrung manches Gesetz geändert hatte Die zuerst in England entworfene Fassung mancher Gesetze und Verordnungen war sehr ideal, und es war natürlich, daß in der Wirklichkeit Manches nicht so ausgeführt werden konnte, als es anfangs gedacht war. Franklins Urtheil »Penn habe seine Verwaltung als Mann von Gewissen begonnen, als Mann von Vernunft fortgeführt und als Mann von Welt beschlossen«, möchte darum mit einem Körnlein Salz zu verstehen sein., richtete er seine besondere Aufmerksamkeit auf die Wohlfahrt der Indianer und Neger. Die ersteren besuchte er oft und suchte auf alle Weise die freundschaftliche Verbindung der Kolonisten mit den Eingebornen aufrecht zu erhalten. Was die Neger betraf, so konnte er freilich die Einführung von Sklaven nicht verbieten, aber er verordnete, daß sie nicht nur an den gottesdienstlichen Versammlungen der Weißen Theil nehmen, sondern auch einen Tag im Monat ausschließlich über religiöse Dinge Unterricht erhalten sollten. Dann brachte er eine Bill ein, welche die Neger durch richterliche Untersuchungen, und wenn sie etwas verbrochen hatten, durch mildere Strafen vor Mißhandlung schützen sollte. Denn seine Absicht ging dahin, sie allmählich zur Freiheit heranzuziehen. Gelang es ihm auch nicht, die Bill durchzusetzen, so wurde doch bei der Genossenschaft der Quäker die milde Behandlung der schwarzen Race als Grundsatz mit ausgenommen, und so ein gutes Beispiel gegeben.

Inmitten dieser menschenfreundlichen Bemühungen erhielt Penn aus England die Nachricht, es gehe dort eine Bewegung vor sich, die darauf abziele, das System abzuschaffen, wonach die Kolonieen durch ihre Grundherren regiert wurden. Er eilte nach London, und sah bald zu seiner Freude, daß eine solche Bill nicht durchgehen werde. Die auf den Tod des Königs Wilhelm folgende Thronbesteigung der Königin Anna (März 1701) war für Penn ein glückliches Ereigniß, da er sich der Gunst dieser Fürstin erfreute. Doch kehrte er nun nicht wieder nach Amerika zurück, sondern verlebte die ferneren 16 Jahre seines Lebens in England, indem er fortfuhr, mündlich und schriftlich für die Duldung und Gewissensfreiheit zu kämpfen und seine Freunde und Glaubensgenossen durch Zuspruch und materielle Unterstützung zu stärken. Doch sollte er in seinen Vermögensverhältnissen noch bittere Erfahrungen machen. Seine vielen Auslagen, die er in Pennsylvanien gemacht, hatten die Einkünfte bei Weitem überstiegen, und er sah sich genöthigt, die Provinz im Jahr 1700 für 6600 Pfund zu verpfänden. Der Verlust eines Prozesses vermehrte seine Geldverlegenheit, und im Jahre 1712 wollte er auch seine Rechte an die Regierung um 12,000 Pfund verkaufen. – Doch kam dieser Handel nicht zu Stande, da er kurz nach einander von drei Schlaganfällen heimgesucht wurde, die sein Gedächtniß und Bewußtsein sehr herabdrückten. Er kränkelte fort, und starb im 74sten Jahre seines Alters am 30. Mai 1718 auf seinem Landsitze zu Ruscombe in Berkshire, nach einem reichen vielbewegten Leben.

Penn war groß von Gestalt und hatte einen athletischen Körperbau. In früheren Jahren zeigte sich eine Anlage zur Korpulenz, allein er machte sich viel Bewegung, und seine rastlose Thätigkeit erhielt seine Glieder gewandt, und er hatte das Aussehen eines schönen stattlichen Mannes. Er war sehr reinlich, aber auch sehr einfach in seiner Kleidung. Er trug in der Regel einen Rock. Gegen den Gebrauch des Tabacks hegte er großen Widerwillen, doch ertrug er ihn, wenn in einer Gesellschaft geraucht wurde, mit guter Laune.

Die amerikanische Grundherrschaft ging auf Penns Kinder zweiter Ehe über, da die Kinder erster Ehe seine britische Besitzung ererbten. Als im Jahr 1722 der Vertrag zwischen den Indianern und dem Generalgouverneur von Pennsylvanien erneuert wurde, verlangten jene, daß ausdrücklich W. Penn's darin als eines guten Mannes Erwähnung geschehen sollte. Den »guten Mann« nannten ihn die Wilden seit jenem Tage, wo er mit ihnen den Freundschaftsbund geschlossen hatte, und sie wußten dem menschenfreundlichen Lord Keith, der diesen Vertrag erneuerte, nicht besser ihre Verehrung auszudrücken, als mit den Worten: » Wir ehren und lieben dich, wie den William Penn


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