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Joachim Haspinger.

In dem kühnen kriegsmuthigen Kapuzinerpater erscheint das religiös-patriotische Element bis zum Fanatismus gesteigert, der bekanntlich in seiner Ueberspannung dem Vaterlande oft mehr schadet als nützt. Neben dieser dunkeln Seite seines Wirkens erscheint jedoch jene weit überstrahlend die Lichtseite einer stets opferbereitwilligen Hingabe an die Sache des Vaterlandes, einer kriegerischen Tapferkeit und Tüchtigkeit, eines stets jugendlich sprühenden Feuers, das selbst die Lauen erwärmend und begeisternd Alles zur Thätigkeit fortriß und gerade in der Gestalt des Gott geweihten Priesters die frommen Tyroler aufzuregen geeignet ist.

Johann Haspinger (den Namen Joachim erhielt er im Kloster) wurde zu St. Martin im Gsieß, einem Seitenzweige des Pusterthales, am 28. Oktober 1776 von armen Bauersleuten geboren, die nichts sehnlicher wünschten, als daß ihr Sohn Priester werden möchte. Ein benachbarter Dorfvikar nahm sich der Unterweisung des Knaben an. Nothdürftig vorbereitet trat er dann, 17 Jahre alt, in das Gymnasium zu Botzen. Er hatte da kaum drei Jahre den Studien obgelegen, als die Kriegstrommel ihren Ruf hören ließ; die französischen Revolutionstruppen hatten (1796) das Land in große Gefahr gebracht und so griff der kampflustige Jüngling zum Stutzen, zog mit den Scharfschützen an die venetianische Grenze, wo er einen feindlichen Offizier, der die Gegend rekognoszirte, gefangen nahm und dafür die Tapferkeitsmedaille erhielt. Er weihte diese silberne Ehrenmedaille später dem heil. Antonius von Eppan. Nachdem er in den Kämpfen an der venetianischen und schweizer Grenze bis 1799 tapfer mitgefochten hatte, begab er sich nach Innsbruck und begann Philosophie und Medizin zu studiren. Doch das Erforschen und Erlernen der Wissenschaft war nicht seine starke Seite und so ließ er sich denn 1802 in den Kapuziner-Orden aufnehmen, machte seine theologischen Vorbereitungen in verschiedenen Klöstern und erhielt 1805 die Priesterweihe. Schon in dieser Zeit hatte er auf seinen Wanderzügen den Sandwirth Hofer kennen gelernt, der alle Bettelmönche freundlich aufnahm.

Am Schluß des Jahres 1805, in welchem die Schlacht bei Ulm (14. Oktober) und die Dreikaiserschlacht bei Austerlitz (2. Dezember) für Oesterreich so unglücklich ausgefallen war, ward der Friede zu Presburg (26. Dezember) geschlossen, worin Oesterreich Venedig an das italienische Königreich und Tyrol an Bayern abtreten mußte. Die »aufgeklärten« bayerschen Kommissäre wollten auch in Tyrol freisinnige Reformen machen nach französischem Muster und glaubten nicht nöthig zu haben, auf die Priesterschaft, welche doch in Tyrol das Volksleben beherrschte, viel Rücksicht nehmen zu müssen. Das rief denn große Unzufriedenheit hervor mit der neuen Ordnung der Dinge; der Tyroler hing treu am Hause Habsburg und die Geistlichkeit sah unter bayerschem Scepter ihre Machtstellung gefährdet. Sie schürte das Feuer, das unter der Asche glimmte, und im Frühling des Jahres 1809 brach die Flamme des Volksaufstandes lichterloh hervor.

Dem Pater Joachim ward es in seiner Zelle zu eng, das Kloster schien ihm wie ein Gefängniß. Er trug seinen Vorgesetzten die Bitte vor, daß sie ihn möchten als Feldpater am Kriege Theil nehmen lassen, und die Bitte ward ihm gewährt, da der tyroler Aufstand dem Klerus selber höchst erwünscht kam. So zog denn Haspinger als Feldpater mit den Schützenkompagnien in den Krieg, und zeigte alsbald, daß er zu schießen und zu manövriren verstand wie ein geübter Hauptmann. Da er nun überdies als Geistlicher noch eine besondere Autorität über die Leute hatte, übergab ihm Hofer in den Maigefechten am Berg Isel die Leitung des linken Flügels. Seinen weißen Stecken, worauf ein Antoniuskopf geschnitzt, wie einen Marschallsstab schwingend, stürzte sich der Rittermönch, von einigen Kaiserjägern unterstützt, in die rechte Flanke der Bayern gegen den Husselhof und die Gallwiese, und trieb durch wohlgenährtes Schützenfeuer die Feinde bis in die wiltauer Felder hinab. Im dichtesten Kugelregen stand er mit einer Kühnheit und einem so freudigen Muth, daß er die Seinen mit sich fortriß, wohin er wollte. Wich aber Einer feig zurück, dann steigerte sich sein Zorn fast bis zur Wuth. Einem jungen Burschen, der zaghaft meinte, daß er an dem ihm angewiesenen Posten seines Lebens nicht sicher sei, sagte er mit festem zuversichtlichem Ton: »Es geschieht Dir nichts – sieh dort jenen Offizier zu Pferde, ziele gut!« Der Knabe schoß und der Offizier fiel. Ein feindlicher Soldat drang mit dem Bajonnet auf Haspinger ein und drohte ihn niederzustoßen; schnell legte ein Schütze auf des Paters Schulter an, tödtete den Gegner, verbrannte aber dabei dem Geretteten den Bart. Seit jener Zeit – so sagte er selbst öfter – war ihm jede Gefahr gleichgültig, und hätte er auch vor einer geladenen Kanone gestanden. Es war aber auch in jenen Frühlingstagen eine Begeisterung in den tyroler Schlachtreihen, die den Sieg verdiente. Ein Vater brachte die Leiche seines Sohnes nur aus dem Gefechte fort in Sicherheit, und kehrte dann auf dieselbe Stelle wieder in's Feuer zurück. Haspinger, mit versengtem Haar und Bart, sah furchtbar wie der Schlachtendämon aus, aber den Seinen war er wie ein schützender Genius. Er wollte einen Schützen forttragen lassen, den eine Kugel in den Leib getroffen; »laßt mich nur liegen,« sagte der Sterbende, »ehe die Feinde herankommen, bin ich nicht mehr.« Andere Sterbende ermunterten, als sähen sie den Himmel offen, die Heranziehenden zur begeisterten Fortsetzung des Kampfes.

Als nach dem Abzuge der österreichischen Truppen Tyrol sich selber überlassen blieb, und Hofer nebst den übrigen Patrioten in aller Stille die Volksbewaffnung wieder einleitete, war Haspinger einer der thätigsten. Er predigte im untern Eisackthale den »heiligen Krieg«; je mehr Franzosen erschlagen würden, so verkündigte er dem Volk, desto mehr Sünden würden abgebüßt. Alles griff zu den Waffen, selbst Greise, Weiber und Kinder wurden nur mit Mühe zurückgehalten. Nur die ängstlichen Stadtbewohner von Brixen waren anders gesinnt und neigten sich zur Unterwerfung hin. Sie verweigerten dem »Rothbart« mit seiner Schaar, die am 3. August schon zu 500 Mann angewachsen war, sogar den Eintritt in die Stadt. Er zog daher seitwärts nach Unterau, wo die Schützen unter den Hauptleuten Mayr und Kemnater zu ihm stießen. Um das Eindringen der Franzosen vom Pusterthale her zu hemmen, ließ er sogleich die ladit'scher Brücke aufheben, und gegen das Hauptkorps des Marschalls Lefebre, das vom Brenner her vordrang, Verschanzungen bei der Peiserbrücke und bei dem brixner Kläusel anlegen. Alle Anstalten wurden getroffen, um in gutem Zusammenwirken mit Hofer und Speckbacher die Stellung bei Ober- und Unterau zu behaupten. Für den Fall der Noth ward die Peiserbrücke, um sie anzubrennen, mit Pech bestrichen.

Haspinger und Mayr wurden zwar Abends am 4. August gegen Brixen zurückgeworfen, und der französische General Royer, der die sächsische Vorhut befehligte, hatte vier tyroler Schützen, die als Gefangene ihm vorgeführt wurden, als Rebellen augenblicklich erschießen lassen. Dies war aber nur das Mittel, die tyroler Schaaren zu erneuetem unwiderstehlichem Kampfe zu treiben. Der tapfere Mönch war eben im Begriff, die brixner Klause noch stärker verschanzen zu lassen, als er den Henkertod seiner vier Schützen erfuhr. Da ließ der feurige Pater in der Nacht alle Sturmglocken läuten, von denen besonders die große berühmte »Redeneckerin« weit hinaus ertönte, und forderte die ganze Gegend um Brixen zu neuem Kampf wider die französischen »Schergen« und Mordbrenner auf. Alle, die vom Feuer der bayerschen Kanonen erschreckt, sich verlaufen hatten, sollten – so drohte der priesterliche Hauptmann – ohne Gnade erschossen werden, wenn sie nicht alsbald sich wieder anschlössen. Den ängstlichen Landrichter von Brixen bedrohte er, alle Aecker umher verwüsten zu lassen, wenn er das streitbare Volk nicht zusammen ziehen lasse. Als die Brixner eine Deputation an den Feind abziehen lassen wollten, erklärte er diese für vogelfrei, wenn sie ihren Weg noch weiter fortsetzte, und ließ den »Unterhändlern« eine tüchtige Tracht Prügel geben, womit sie heimgeschickt wurden.

Das wirkte; in der Morgendämmerung des andern Tages sah sich der muthige Mönch schon wieder durch zahlreiche Schaaren frischer Streiter verstärkt, drang abermals vor und nun mit entschiedenem Glück. Er überfiel die sächsischen Vorwachen beim brixner Kläusel, hob mehrere davon auf und warf die andern bis nach Unterau zurück, wo das ermüdete Bataillon kaum Zeit fand, sich zur Vertheidigung aufzustellen. Peter Mayr, zu Pferde, gab durch das Schwenken einer schwarzen Fahne das Zeichen zum Angriff; von allen Seiten drangen die Bauern auf das sich bald zurückziehende sächsische Korps. Bei Oberau suchten sich die Feinde zu halten, die wohlbemessenen Kartätschenschüsse der bayerschen Kanonen wiesen die aus das linke Eisackufer vordringenden Tyroler zurück. Doch der begeisterte Mönch ließ sich dadurch nicht abschrecken. Er sammelte schnell seine Mannschaft, flehte in einem kurzen inbrünstigen Gebet den Himmel um Beistand für sein Vorhaben an, gab allen im Halbkreise herum knieenden Schützen die General-Absolution und seinen geistlichen Segen, und nun begann er den Sturm, während zu gleicher Zeit Speckbacher von den Höhen des rechten Ufers herunterdrang und im Verein mit Haspinger die Brücke von Mittewald nahm.

So ward das Heer der Feinde von Stellung zu Stellung wieder zurückgetrieben, bis am 12. August der französische Marschall zwischen Innsbruck und dem Berg Isel sich festsetzte, und es einer entscheidenden Schlacht bedurfte, um ihn auch von dort zu vertreiben. Haspinger genoß in Schönberg auf einem kleinen mit Stroh bedeckten Wagen des Schlafes; der feurige Pater war durch die fortwährenden Anstrengungen so erschöpft, daß er sich kaum mehr regen konnte; seine Sandalen waren durchgegangen, seine Füße bluteten, aber sein Geist war stets gesund und frisch. Hofer hatte den Angriff auf den 13. August Morgens 4 Uhr bestimmt. Um 2 Uhr nach Mitternacht las der Kapuziner die Messe, welcher alle Hauptleute beiwohnten und nach deren Beendigung ihr priesterlicher Kampfgenosse ihnen den Segen und die Absolution ertheilte. Nach blutigem Kampf errangen die Tyroler den Sieg, der auch in Haspingers Leben den schönsten Glanzpunkt bildete. Am 15. August – es war der Tag Mariä Himmelfahrt – brach Hofer schon bei Sonnenaufgang auf, und erschien auf dem Berg Isel im Angesicht von Innsbruck. Da ihm nun erst der Sieg vollkommen gewonnen schien, ließ er die übrigen Kommandanten zu sich entbieten. Dann holte der fromme Oberkommandant, umgeben von den sieghaften Landesvertheidigern, seinen großen Rosenkranz aus der Tasche, und ließ sich auf ein Knie nieder, um dem himmlischen Erretter durch ein einfaches Vaterunser den Zoll der Dankbarkeit darzubringen. Neben dieser imponirenden bärtigen Gestalt kniete rechts Haspinger, stets im Mönchsgewand, und links Speckbachers trotzig schlichte Heldengestalt. Alle drei entblößten ihr Haupt, schlugen gleich Hofer ein Kreuz, falteten die Hände und beteten inbrünstig und laut. Augenblicklich folgte diesem erhabenen Beispiele auch die ganze Masse des Volks, und die Morgensonne, die Wolken durchbrechend, beleuchtete strahlend die herrliche echt germanische Heldengruppe auf dem damals einzigen freien Stücklein deutscher Erde. Treffende Schilderung Mayr's a. a. O. S. 196. Haspinger war von der Macht des Augenblicks so ergriffen, daß er, ohnehin von der überstandenen Mühsal erschöpft, ohnmächtig umsank, sich jedoch zur Freude der Seinigen bald wieder erholte. An der Seite Hofers fuhr der Kapuziner in dem mit vier Schimmeln bespannten Wagen triumphirend in die tyrolische Hauptstadt ein.

Der stolze »Herzog von Danzig« mußte, ergrimmt über die von den Bauern erlittene Niederlage, bis Salzburg zurückweichen. Noch wenige Tage vor der Schlacht hatte er an die Anführer Haspinger, Speckbacher und Hofer eine Proklamation erlassen, worin er, um sie zu schrecken, noch eine Verstärkung von 50,000 Mann ankündigte, von jedem ferneren Widerstande abmahnte, und drohte, daß bei längerer Widersetzlichkeit jeder Baum ein Galgen für sie sein werde; besonders aber würde er dem Pater Haspinger, für welchen als Geistlichen das Kriegführen vollends unstatthaft sei, jedes Haar einzeln aus seinem rothen Barte ausraufen lassen. Darauf hatte ihm der Pater in aller Eile geantwortet:

»Eure Excellenz! Ich ersehe aus Ihrem Geschreibsel, daß Sie von meiner Anstellung gar nicht unterrichtet sind; der Einschluß, welcher meine Bestallung als Kommandant der Tyroler enthält, soll Sie überzeugen, daß ich als rechtschaffener Mann so handeln muß. Was das Aufhängen belangt, so ist zu bemerken, daß man denjenigen, welchen man hängen will, dazu vorerst haben muß; übrigens taugt mein Hals so gut dazu, wie der anderer Leute mit goldgesticktem Kragen, und damit wollen wir es einstweilen dahin gestellt sein lassen! Was ferner noch die 50,000 Mann betrifft, so sind wir Tyroler nie gewohnt, die Feinde zu zählen, wir suchen sie auf, damit wir sie treffen und schlagen.«

Einen Tag und eine Nacht gönnte der Kapuziner in Innsbruck sich Ruhe, dann folgte er seinem Kriegsgenossen Speckbacher nach, der dem sich zurückziehenden Feinde auf den Fersen war. Er fand diesen in Wörgl. Speckbachers riesenstarke Natur war von der rastlosen Anstrengung auch erschöpft worden, der Kommandant hatte nebst seinen Leuten dem Weinvorrath in Wörgl tüchtig zugesprochen und war in einen tiefen Schlaf gesunken, dessen selbst die aufgestellten Feldwachen nicht ganz Meister werden konnten. Haspinger war über diese Sorglosigkeit seines Mitkommandanten ganz außer sich und hielt es für gerathen, ihm eine derbe Lektion zu geben. Von den bayrischen Gefangenen mußten einige ihre Uniform seinen Schützen leihen, diese stellten sich sodann an das Bett des schlafenden Speckbacher, dem mit festen Stricken Hände und Füße gebunden wurden, ohne daß er in seinem tiefen Schlaf etwas merkte. Nun denke man sich den Zorn und die Wuth des erwachenden Löwen, der, den Feind an seinem Bette erblickend, vergebliche Anstrengungen macht, seine Bande zu zerreißen! Endlich trat der schlaue Pater ein, der halb ernst halb scherzend von der Nothwendigkeit predigte, auch hinter dem fliehenden Feinde wachsam zu sein. Dem gefoppten Speckbacher war aber der Spaß doch zu derb, und wäre Freund Haspinger nicht Geistlicher gewesen, so möchte auch er schwerlich ohne eine handgreifliche Lektion davon gekommen sein.

Leider verführten die bisherigen glücklichen Erfolge den kriegslustigen Kapuziner zu jenen abenteuerlichen Plänen, deren wir schon früher gedacht haben. Während Hofer wie Speckbacher am liebsten nur in Tyrol selber zur Vertheidigung des Vaterlandes kämpfen mochten, ließ Haspinger nicht nach, die Kriegsoperationen auch in die Nachbarländer auszudehnen. Speckbacher mußte in's Salzburgische dringen, dort, meinte der feurige Mönch, werde Alles gegen die Franzosen aufstehen; inzwischen wollte er die Kärnthner und Kramer in Bewegung setzen, sodann mit einer zusammengefaßten Masse dieser kräftigen Bergvölker dem gottlosen Napoleon in den Rücken fallen, den lieben so arg bedrängten Kaiser wieder frei machen und den Papst in seine alte Macht und Würde wieder einsetzen. Nur die Bergbewohner – das stand bei ihm wie ein Glaubensartikel fest – seien im Stande, den Unbesiegten zu besiegen.

Hofer ließ einstweilen den Dingen ihren Lauf; als der Pater von Joseph Straub, dem damaligen Stadtkommandanten in Hall, eine ansehnliche Menge Pulver und Blei verlangte, und solches dem Oberkommandanten Hofer gemeldet ward, ließ dieser zwar die Munition verabfolgen, befahl aber dem Straub, selbst zu Haspinger zu gehen, und ihm »wegen seines hitzigen Unternehmens eine Predigt zu halten.« Der Pater ging aber vorwärts. Nachdem Speckbacher mit dem Pinzgauer-Kommandanten Wallner (am 17. September) bereits den Paß Luftenstein erobert und seine Absichten auf Lofer und Unken gerichtet hatte, marschirte Haspinger gegen die festen Plätze Pongau's. Der 25. September war zum allgemeinen Angriff bestimmt, der auch vollkommen gelang. Die in die Enge getriebenen Bayern wurden von Speckbacher bei Unken an gleichem Tage geschlagen, an welchem Haspinger den Luegpaß erstürmte und den Feind bis Berchtesgaden zurückwarf. Am 26. September mußte er selber auch diesen Ort räumen und bis Salzburg retiriren.

Unser Held besetzte nun zwar Hallein; allein seine bei Oberalm aufgestellte Mannschaft wurde am 3. Oktober von einem feindlichen Angriffe so überrascht, daß sie, eine Kanone im Stich lassend, nur durch schnelle Flucht in's Gebirge sich retten konnte. Darauf drangen die Bayern nach Hallein; Haspinger mit seiner geringen Besatzung war zu schwach, um sich dort lange halten zu können, aber doch räumte er erst den Platz nach der heftigsten Gegenwehr, denn in den Gassen des Städtchens kämpfte Mann mit Mann. Haspinger setzte sich in Golling fest, und hielt dort am 16. Oktober tapfer den Angriff der Bayern aus. Als er aber Speckbachers große Niederlage bei Melek erfuhr und von den salzburger Schützen ihn fast alle verlassen halten, sah er mit seiner kleinen ihm treu gebliebenen Schaar sich genöthigt, nach Kärnthen aufzubrechen. Dort hatte bereits der Kommandant Türk die Schützen aufgeboten, und mit ihm vereint gedachte Haspinger den französischen General Ruska in Klagenfurt zu überfallen. Wirklich vertrieb er auch die Franzosen aus Spital, aber es fehlte ihm an den Mitteln, kräftig weiter zu dringen: er mußte bald weichen und nur mit großer Gefahr gelang es ihm, sich wieder nach der Heimath durchzuschlagen. Durch zwei Ordonnanzen ward er zu Hofer beschieden, der abwechselnd in Steinach und auf dem Schönberg sein Hauptquartier hatte. In Steinach überreichte ihm der kaiserliche Hofkommissär v. Roschmann das Kreuz Pro piis meritis.

Des unglücklichen Einflusses, den der immer noch vom Kampf und Sieg träumende Pater auf Hofer ausübte, um diesen zur Fortsetzung eines Krieges zu bestimmen, dessen für die Tyroler verderblichen Ausgang jeder Besonnene voraussehen mußte, ist bereits in der Biographie Hofers gedacht worden. Während der Priester Donay sich alle Mühe gab. den Frieden zu bewerkstelligen, machte Haspinger mit aller Kraft seinen priesterlichen Einfluß auf den Oberkommandanten geltend – und nur zum Unheil; er ward so der böse Genius Hofers. Als das Unglück hereingebrochen war, floh Pater Joachim, nun auf Rettung seiner Person bedacht, erst in die Schweiz nach Münsterthal in das Kapuzinerhospiz; aber noch zeitig gewarnt, er möchte auf seiner Hut sein, verließ er in der Nacht sein Versteck, und schon am andern Morgen war das Kloster von Wachen umstellt. Durch tiefen Schnee und auf beschwerlichen Umwegen gelangte er nach Tschengls im Vintschgau, wo er bei dem Verwalter des dortigen Schlosses freundliche Aufnahme fand. Neun Monate hielt er sich dort verborgen, aber es mochte sein Aufenthalt doch kund geworden sein und er hatte kaum noch Zeit, in falscher Kleidung nach der Schweiz zu entrinnen. Nachdem er dort eine Zeit lang als Tapezierer gearbeitet hatte, reiste er mit falschem Paß als Handwerksbursche nach Mailand, und gelangte endlich über Klagenfurt nach Wien. Als er vor seinen Kaiser hintrat, hemmte ein Thränenstrom seine Worte. Die Gnade des Monarchen verlieh ihm eine Pfarrstelle bei Wien. Auf den Wunsch des Erzbischofs war er seines Klostergelübdes als Kapuziner entbunden worden und hatte Bart und Kutte abgethan. In seinem 60sten Lebensjahre ward er auf sein Ansuchen pensionirt und ging nach Hietzing bei Wien, dort in Gemüthlichkeit sein Jahrgeld zu verzehren. Als das Revolutionsjahr 1848 auch Oesterreich wieder erschütterte, zog der immer noch rüstige Greis als Feldpater mit einer tyroler Kompagnie an die italienische Grenze. So brannte es – wie Staffler bemerkt – bei ihm noch immer von innen, wie im Berge Aetna, wenn auch den Scheitel Schnee bedeckt. »Weit besser ist's, mich trifft eine Kugel, als daß ich im Bett sterbe«, so rief er kampflustig aus. Doch war es ihm dies Mal nicht beschieden, Kriegslorbeeren zu erringen. Sichtlich gebeugt vom Alter und von den Beschwerden des Feldzugs kehrte er nach Wien zurück, übersiedelte dann nach Salzburg Er bezog aus öffentlichen Fonds eine Pension von 1000 Gulden, hatte ein Freiquartier im k. k. Mirabellschloß und den Genuß der Meßstipendien., wo er sein fünfzigjähriges Priesterjubiläum feierte, und starb daselbst am 12. Januar 1858 im 82. Jahre seines Lebens. Dasselbe erste Bataillon des tyroler Jäger-Regiments, das im Jahre 1823 die Asche von Andreas Hofer aus Mantua nach Innsbruck führte, geleitete den kriegerischen Priester zu Grabe. Die Beisetzung in der Ruhestätte des St. Peterkirchhofs war aber nur eine zeitweilige; in der Nacht des 11. März wurden die irdischen Ueberreste in einen eichenen Sarg, der in einem zweiten von Zink stand, gethan und nach Innsbruck abgeführt, wo sie in der Hofkirche an der Seite Andreas Hofers beigesetzt wurden.


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