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45. Der Teufel in Schiltach.

»Auf den grünen Donnerstag 1533
verbrannte der Teufel Schiltach
durch eine böse Hexe.«

Heinrich Hug's v. Villingen Handschriftliche Chronik.

. Der Salmenwirth von Schiltach sass an einem Abend des Jahres 1533 in seiner Wirthsstube und sein Knecht bei ihm, von dem er sich über die heutigen Vorfälle im Haus, Stall und Scheuern referiren liess. Auf einmal hört er vor der Thür ein sonderbares Gezisch und Gepfeife. »Hans, was ist das?«, fragt er den Hausknecht, »hast Du's gehört? Es sind fremde Leute im Haus, die Sache ist nicht richtig. Lass uns nachsehen!« Auf der Stelle muss Hans die grosse Hauslaterne zurichten und mit seinem Meister Hausgang, Stall und Keller und jeden Winkel unten im Hause visitiren. Aber es fand sich nichts.

»Riegle mir alle Thüren wohl zu und verwahr' alle Läden, Hans, damit uns kein Schelm ins Haus komme, denn das Land lauft jetzt voll liederlichen Volks.« Der Hausknecht versicherte, es sei bereits Alles gut geschlossen und verwahrt, und damit beruhigte sich der Wirth, der nun sein Hausexamen mit dem Knechte wieder fortsetzte. Kaum hatte er einige Minuten damit zugebracht, siehe da, so zischt's und wisperts wieder ganz vernehmlich, aber nicht mehr unten im Hause, sondern im obern Stocke.

Nun ward die Visitation wiederholt und weil man denn doch nicht wissen konnte, was man da oben antreffen würde, so bewaffnete sich Hans der Hausknecht dieses Mal mit der alten Hellebarde, die ein Inventariumstück des Hauses war und immer unter der Stiege aufbewahrt wurde. Der Salmenwirth aber nahm den Haushund, Türk genannt, mit sich und in die Hand sein Schwert, das er als Hauptmann der ehrsamen Bürgerschaft zum letzten Mal trug, als die Landschaft gegen den Herzog Ulrich sich erhob und ihn zwang, sein Land mit dem Rücken anzusehen. Also gerüstet stiegen Beide die Stiege hinauf, den treuen Türk als Vorplänkler voraussendend, um bei Zeiten sich in Positur setzen zu können, wenn derselbe anschlagen und etwas Verdächtiges entdecken sollte.

Dieses tapfere Kleeblatt durchsuchte nun alle Gemächer des zweiten Stockes, und der Hausknecht Hans bewies bei dieser Gelegenheit ungemeine Geistesgegenwart und ausgezeichneten Muth. Denn an jeder Stelle, die er für verdächtig hielt, streckte er seine Hellebarde voraus und befahl dem beherzten Türk, vorauszuschreiten, um den Schelm aufzusuchen. Der Salmenwirth aber deckte mit erhobenem Schwerte den Rücken des Hausknechts. Aber auch dieser Streifzug war erfolglos. Das Gezische und Geflüster war verstummt, und verdriesslich stiegen Herr und Knecht mit dem treuen Türk, welcher dieses Mal die Nachhut machte, wieder in den untern Stock hinab.

»Du hast doch das Gezisch und Geflüster und Gekreische gehört, Hans?« fragte der Salmenwirth den Knecht ärgerlich.

»Freilich wohl, Meister, hab' ich es gehört und kann darauf einen Eid thun. Der Geier weiss, was hier im Spiel sein mag.«

»Ich denke«, fuhr der Salmenwirth fort, »wir warten dem Ding noch etwas ab; denn am Ende muss es sich doch noch zeigen, was es sei. Aber mir fällt ein, dass wir unser Küchenkamin noch nicht untersucht haben. Vielleicht hat sich Jemand dorthin verborgen, der gern die paar Speckseiten holen möchte, die noch darin aufgehängt sind.«

Kaum hatte der Salmenwirth seine Rede geendet, so pfeift und flüstert und zischt es wieder und zwar dieses Mal von der Seite des Ofens her, so, als ob der Laut aus dem Kamin käme.

Flugs wischen jetzt der Salmenwirth und sein Knecht mit dem treuen Türk in die Küche und horchen daselbst. Da vernahmen sie denn ganz deutlich zu oberst aus dem Kamin herab das Gezisch und Gepfeife, gerade dem ähnlich, das man zu machen pflegt, wenn einer dem andern ein Zeichen giebt und ihn herbeirufen will. Jetzt wird's dem Salmenwirth etwas unheimlich; denn der Türk streckt die Nase gewaltig in das Kamin hinauf und windet und sträubt die Haare, als wär' etwas, ob dem er sich entsetzt, oben im Kamin.

Der Hausknecht hatte unterdessen die Kaminleiter zurechtgestellt und stieg nun, in der Rechten die Hellebarde, in der Linken die Laterne haltend, die Sprossen langsam hinan und sah sich sorgsam im Kamin um. Auf einmal huscht er hastig wieder die drei Sprossen herab, lehnt die Hellebarde an die Herdwand und schlägt ein Kreuz über das andere.

»Was fehlt dir, Hans?« fragte der Salmenwirth.

»Herr«, antwortete der Knecht, »sagt mir, hängt noch ein Hinterviertel von dem Bock im Kamin, den wir zur Lichtmesse schlachteten? Denn dort oben sehe ich einen Bocksfuss.«

»Der Bock ist längst verzehrt«, antwortete der Salmenwirth, »und wenn du einen Bocksfuss siehst, so hat der Teufel hier sein Wesen und wir müssen auf der Hut sein. Rufe meine Leute zusammen!«

Jetzt wurde das ganze Haus in Aufruhr gebracht. Man schickte nach Geistlichen und alsbald erschienen zwei. Diesen erzählten der Wirth und sein Knecht das Abenteuer dieses Abends und die Erscheinung des Bocksfusses im Kamin und Alles, was sie gehört und gesehen und nicht gesehen und gehört hatten.

»Was Ihr sagt, lautet sehr bedenklich«, sprach jetzt der eine Pater, »und besonders ist der Bocksfuss und die Furcht Eures Türk ein Zeichen, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht. Führt uns demnach in die Küche und wenn der Böse dort ist, so wollen wir ihn schon von dannen treiben, denn wir fürchten ihn nicht.«

Nun ging der Zug, dem sich unterdessen auch des Wirthes Sohn, der in jungen Jahren ein betagtes Weib geheirathet, beigesellt hatte, in die Küche, wo die beiden Patres sogleich den Satan zu exorzisiren begannen und zuvörderst ein Zeichen seines Daseins von ihm verlangten. Der Schwarze liess sich nicht nöthigen, sondern erklärte ganz furchtlos, dass er hier sei, und da die Herren weiter fragten, was er hier zu schaffen habe, so antwortete er: »Ich bin hier, um Euer Nest zu verbrennen.«

Das sollst du wohl bleiben lassen! lachten die Patres, und fingen nun an, ihre Exorzismen wieder anzuwenden und dem Teufel zu drohen. Allein er spottete ihrer Drohungen und rief ihnen aus dem Kamin zu:

»Gebt Euch keine Mühe, denn ihr könnt mir Beide doch nichts anhaben. Ihr Beide seid Gaudiebe und einer von Euch sündigt alle Tage gegen das Cölibatsgebot.«

Unter den Umstehenden befanden sich aber, wie bereits erwähnt, des Wirthes Sohn und dessen Frau. Diese ward während der Exorzismen sehr unruhig und entfernte sich aus dem Hause. Kaum hatte sie aber die Gasse betreten, so ergriff sie der Teufel beim Schopf und setzte sie aufs Dach und zu oberst auf das Kamin. Da gab er ihr einen Topf in die Hand und befahl ihr mit drohender Geberde, denselben auszuleeren. Das that sie und noch bevor eine Stunde verfloss, stand das ganze Städtlein in Flammen und alle menschliche Anstrengung, dem Feuer Schranken zu setzen, war vergeblich. Auch der Salmenwirth war unter den Abgebrannten.

Da aber seines Sohnes Frau von den Nachbarn in der mondhellen Nacht auf dem Kamin sitzend und mit einem Topf in der Hand gesehen worden war, so wurde sie als Hexe gefänglich eingezogen. In den peinlichen Verhören zeigte sich's, wie übel sie vor ihrer Verheirathung mit dem Teufel gelebt, dagegen seitdem seine Anträge abgewiesen habe. Durch den Brand aber habe sich der Teufel in seiner Eifersucht an ihr und der ganzen Stadt rächen wollen.

Des Salmenwirths Schwiegertochter aber wurde bald darauf als Teufelsbuhlin und Brandstifterin zu Oberndorf verbrannt.

Dass obige Erzählung auf Wahrheit beruhe, dess mögen Männer von dem Ansehen eines Erasmus von Rotterdam als Zeugen genannt werden (Erasm. Epist. ad D. de Goos). Vergl. Freiburger Adresskalender 1827.

* * *


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